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"Habe mein Kapitel im Fußball fertig geschrieben"

Manuel Ortlechner im Interview über nahendes Karriereende und das Bundesliga-Image.

Manuel Ortlechner stellt sich in den Dienst der guten Sache.

Wenn Fair Play Code, die Institution zur Bekämpfung von Wettmanipulation im Sport, ruft, ist der ehemalige Austria-Kapitän und aktuelle Leitwolf der Amateure zur Stelle, die Wichtigkeit dieser Thematik mit seinem persönlichen Statement zu untermauern.

Er selbst sei zwar nie in Kontakt mit der Wettmafia gekommen, das ist vermutlich seiner Persönlichkeitsstruktur geschuldet, die Wettpaten hätten sich an ihm die Zähne ausgebissen.

"Papa der Austria Amateure"

Als „Papa der Austria Amateure“, wie er sich selbst aktuell gerne bezeichnet, hat er aber viel Kontakt zu jüngeren Spielern, die durchaus anfällig sind, weil das Gehaltsniveau relativ niedrig ist.

Ortlechner, der sich vor einiger Zeit auch in der Spielergewerkschaft engagiert hat, sagt: „Heute muss man auch die Sprache der Jungen sprechen, um bei diesem Thema Gehör zu finden.“

Sätze wie diese sind ein kleines Puzzlestück im großen Ganzen zur Bekämpfung der Wettmanipulation. Mittlerweile gibt es kaum mehr einen Fußballer in den höchsten drei Ligen in Österreich, der nicht zumindest einmal in einer der vielen Schulungen von Fair Play Code gesessen ist.

In der Prävention ist Österreich bei diesem Thema sicherlich führend, ob es schlussendlich auch hilft, steht auf einem anderen Blatt.

Nach der Pressekonferenz hat 90minuten.at die Möglichkeit genützt und Manuel Ortlechner zu einem kurzen Gespräch gebeten. Ein Gespräch über den Herbst, eigentlich den Winter seiner aktiven Karriere, seine Zukunftspläne mit der Austria und über das Image der österreichischen Bundesliga.

90minuten.at: Der Plan sah vor, dass es im Mai mit dem aktiven Fußball zu Ende ist. Bleibt es dabei?

Manuel Ortlechner: Es wurde damals mit dem Klub so vereinbart, das hat mir auch in meinen Entscheidungen geholfen, wie etwa mein Studium abzuschließen. Ich schreibe gerade die Masterarbeit und der Körper sagt mir, dass diese Entscheidung so passt, obwohl ich die zwei Monate Vorbereitung gut überstanden habe. Langsam ist es einfach an der Zeit, das Ruder zu übergeben. Es drängen sehr viele, junge Spieler nach. Ich bin ein großer Fan von Alexandar Borkovic, den ich in gewissen Phasen gerne mit Aleksandar Dragovic vergleiche. Ich habe meine Kapitel im Fußball fertig geschrieben.

"Ich vergleiche mich aktuell mit einer Zitrone, die schon ziemlich ausgequetscht ist. Ein paar Tropfen sind noch drinnen. Aber mit Sommer kommt dann kein Saft mehr raus."

Manuel Ortlechner

90minuten.at: Wie viel Wehmut ist in dieser Entscheidung dennoch dabei?

Ortlechner: Dadurch, dass ich so viele Themen um mich herum habe, falle ich in nicht in ein mentales Loch. Das ViolaFit-Projekt ist mir sehr ans Herz gewachsen, wir sind in Verhandlungen, auch andere Dinge mit der Austria künftig zu machen. Darüber hinaus habe ich ja auch eine Familie, wo ich eine große Verantwortung trage. Ich werde beispielsweise auch ein Führungskräfteseminar bei Werner Zöchling, der auch Peter Stöger betreut, abhalten. Ich habe auch noch die Fotografie als Thema, das ich vorantreiben möchte. Diese Freiheit habe ich aber erst dann, wenn ich mit dem Fußball aufhöre. Ich vergleiche mich aktuell mit einer Zitrone, die schon ziemlich ausgequetscht ist. Ein paar Tropfen sind noch drinnen. Aber mit Sommer kommt dann kein Saft mehr raus.

90minuten.at: Das heißt, der zukünftige Fokus ist dann nicht auf einen Job gelegt, sondern Sie wollen sich die Freiheit nehmen, auch Dinge zu tun, die vielleicht nicht unbedingt den wirtschaftlichen Kriterien entsprechen?

Ortlechner: Vor zehn Jahren hätte ich sicher noch anders gedacht. Da wäre wohl mein Plan gewesen, nach meiner aktiven Karriere einmal ein halbes Jahr nichts zu tun und zu regenerieren. Dieser Plan ist ad acta gelegt, denn ich spüre jeden Tag in der Früh um 6:30 einen Fuß in meinem Gesicht (Anm.: von Sohn Julian). Auch hier möchte ich mir jetzt dann mehr Zeit nehmen als bisher. Das ist nur dann möglich, wenn ich mir gewisse Freiräume durch meine wiedergewonnene Freiheit schaffe. Ich bin auch froh, dass mich der Klub dabei unterstützt.

90minuten.at: Bei der Austria betreuen Sie aktuell das ViolaFit-Projekt. Das werden Sie dann auch danach weiter betreuen?

Ortlechner: Das ist so etwas wie mein Baby. Ich möchte das jetzt so richtig zum Laufen bringen. Da steht auch ein bisschen mein Name dahinter. Man weiß nie genau, was bei der Austria künftig noch für Themen aufpoppen. Dafür bilde ich mich parallel auch weiter, um hier gewappnet zu sein, quasi meinen Köcher mit Pfeilen zu bestücken, um den Aufgaben gewachsen zu sein.

90minuten.at: Tendenziell sehen Sie Ihre Aufgabe also weiterhin im Fußball, wenn auch nicht unbedingt im rein sportlichen Bereich?

Ortlechner: Jein. Meine Trainertätigkeit hilft mir auch, um mich weiterzuentwickeln. Aber das strebe ich nicht primär an. Das ist aber auch ein weiterer Pfeil in meinem Köcher. Ich kann mich weiterbilden in vielen Bereichen: Sportlich, mental, Management, Marketing. Was die Zukunft bringt, werden wir sehen.

"Wir verkaufen uns zu schlecht, da muss man auch die Medien ins Boot holen. Kritisch sein ist wichtig, aber wir müssen den Fußball besser verkaufen."

Manuel Ortlechner

90minuten.at: Inwiefern plant der Klub langfristig mit Ihnen? Sie scheinen gute Voraussetzungen mitzubringen: Eine violette Legende, die sich wirtschaftlich weiterbildet und über den Horizont blickt …

Ortlechner: Ich bin aktuell mit Vorstand Markus Kraetschmer in guten Gesprächen. Wenn Themen aufpoppen, habe ich mehr als ein offenes Ohr dafür. Ich bin schon auch jemand, der für eine gewisse Objektivität im Sport gestanden ist: Wenn wir ein Derby verloren haben, bin ich dazu gestanden. Ich äußere mich auch gerne zu Themen wie Red Bull. Aber natürlich bin ich mit der Austria eng verbunden.

90minuten.at: Wie sehen Sie generell das Standing des österreichischen Fußballs? Es gibt die Ligenreform, der österreichische Fußball kämpft mit Imageproblemen. Es gibt Stimmen, die meinen: Der österreichische Fußball kommt schlechter weg, als er eigentlich ist. Wo sehen Sie den österreichischen Fußball?

Ortlechner: Das hat auch Julian Baumgartlinger sofort bestätigt. Er hat mich nach den ersten Spielen angerufen und gemeint: Mainz gegen Frankfurt ist so ähnlich wie Ried gegen Mattersburg nur mit dem Unterschied, dass in Mainz 30.000 Fans mehr im Stadion sind. Das Produkt Fußball wird in den Medien einfach super verkauft. Da sind wir beim Punkt. Wir verkaufen uns zu schlecht, da muss man auch die Medien ins Boot holen. Kritisch sein ist wichtig, aber wir müssen den Fußball besser verkaufen. Vielleicht kommen wir einmal dorthin, was auch der ehemalige Bundesliga-Vorstand Georg Pangl einmal als Ziel hatte: Eine smarte Liga. Das könnten wir werden. Da müssen wir uns aber nach der Decke strecken. Da muss man auch kreativer sein als andere, dann kann man auch aufholen, selbst wenn man weniger Geld zur Verfügung hat, und das Produkt Fußball toll verkaufen. Man kämpft aber auch mit der Fußballüberschwemmung, man kann von der Couch aus Fußball bis zum Umfallen konsumieren. Der Overflow ist sicher eines der Hauptprobleme im Moment.


Dieses Interview wird von unserem Partner-Portal www.90minuten.at zur Verfügung gestellt.


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