Österreichs Fußball-Nationalmannschaft bestreitet derzeit einen geschichtsträchtigen Lehrgang. Vier Länderspiele innerhalb von elf Tagen gab es nur ein Mal in der 120-jährigen Länderspiel-Historie - bei Olympia 1912 in Stockholm wurden sogar fünf Partien binnen sieben Tagen durchgeführt.
Geschuldet ist das aktuelle dichte Programm der Winter-WM in Katar. Weil dadurch das Oktober-Fenster wegfällt, mussten zwei zusätzliche Partien in den Juni gepresst werden.
Dies hat vor allem Kopfzerbrechen bei den Teamchefs zur Folge, die ihre Profis nach einer kräftezehrenden Saison auf vier weitere Partien einstellen müssen. Es ist allerdings gut möglich, dass so manche Großklubs gegen künftige derart intensive Länderspiel-Phasen gar nichts einzuwenden haben.
Seit Jahren wird aus Kreisen der European Club Association (ECA) immer wieder die Forderung laut, entweder die Anzahl der Nationalteam-Partien oder zumindest jene der Lehrgänge zu reduzieren. Die Vereine geben ihre Kicker nur ungern mitten in der Saison an die Nationalverbände ab, schließlich, so das Hauptargument, zahlen sie deren Gehälter.
Absage von Neuhold
Bernhard Neuhold, Geschäftsführer der ÖFB Wirtschaftsbetriebe GmbH, kann diesem Ansinnen logischerweise nichts abgewinnen, ist doch das A-Team die große Cashcow des Verbandes.
"Für uns ist es wesentlich, die Spieler nicht nur in einem komprimierten Zeitfenster zu bekommen, sondern regelmäßig, um die Nationalmannschaft für Fans angreifbar zu machen, eine ganzjährige Präsenz zu haben und nicht auf Rand-Abstellperioden reduziert zu werden", sagte Neuhold der APA.
Man habe in der Vergangenheit bereits Zugeständnisse gemacht, etwa mit dem Wegfall der sogenannten "Mittwoch-Länderspiele" zwischen zwei Meisterschafts-Wochenenden.
Bei der Reduzierungs-Thematik handle es sich "um einen klassischen Interessenskonflikt zwischen den Nationalverbänden und den großen Klubs. Hier sind die FIFA und die kontinentalen Konföderationen gefordert, die Balance zwischen Nationalteams und Vereinen stabil zu halten, weil es für alle Beteiligten einer Planungssicherheit bedarf", betonte Neuhold.
Für Identifikation "wesentliches Produkt"
Mit einer Verschiebung zuungunsten der Nationalmannschaften würden sich FIFA und UEFA keinen großen Gefallen tun, erklärte der Niederösterreicher. "Die Nationalteams sind für die Identifikation der Fußballfans ein wesentliches Produkt. Mit Welt- oder Europameisterschaften bedienen wir andere Zielgruppen, auch wenn natürlich teilweise eine Querschnittsmaterie mit den Klubs vorhanden ist."
Zumindest in unmittelbarer Zukunft ist aber wohl keine Adaptierung zu erwarten. Der offizielle FIFA-Matchkalender steht zwar derzeit nur bis Ende 2024 fest, allerdings läuft die UEFA-Zentralvermarktung bis einschließlich 2028.
"Ich gehe davon aus, dass wir diese Verpflichtungen erfüllen können. Sollten Änderungen seriös diskutiert werden, dann würde dies eine lange Vorlaufzeit verlangen", meinte Neuhold.
2023 im Zeichen der EM-Quali
Fix ist, dass es im kommenden Jahr wie gehabt Länderspiel-Fenster mit je zwei Partien im März, Juni, September, Oktober und November geben wird, in denen die EM-Qualifikation ausgetragen wird.
Die Quali-Auslosung erfolgt am 9. Oktober in Frankfurt, Österreich wird je nach Abschneiden in der Nations League aus Topf eins oder zwei gezogen, die Top zwei jeder Gruppe sind bei der EURO 2024 in Deutschland dabei. Als eventueller Strohhalm blieben die Play-offs im März 2024, wo Österreich im Falle eines Quali-Scheiterns mit großer Wahrscheinlichkeit mitspielen dürfte.
Vorerst steht jedoch das Länderspieljahr 2022 im Mittelpunkt, in dem noch Test-Gegner für die beiden November-Termine gesucht werden. "Es gibt eine Variante, dass wir beide Spiele in Österreich durchführen, eine mit einem Heim- und Auswärtsspiel und eine, dass man ein Trainingslager im Ausland mit zwei Länderspielen verknüpft", berichtete Neuhold. Klarheit soll in den kommenden Wochen bestehen.