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Hollerer: "Gab rund 20 Sportdirektor-Kandidaten"

ÖFB-Generalsekretär Thomas Hollerer klärt über die Suche auf.

Hollerer: Foto: © GEPA

Letztendlich waren es zwei Männer - Willi Ruttensteiner, der amtierende ÖFB-Sportdirektor, und Peter Schöttel, der U19-Teamchef. Dieses Duo stellte sich dem ÖFB-Präsidium, das sich anschließend für einen Wechsel entschied und Schöttel als neuen Sportdirektor installierte.

Doch wie kam es überhaupt dazu, dass nur diese beiden angehört wurden? Gab es überhaupt auch andere Kandidaten? Waren auch Ausländer darunter?

ÖFB-Generalsekretär Thomas Hollerer erklärt im Interview mit "90minuten.at" die Vorgehensweise.

90minuten.at: Vergangenen Samstag wurde Peter Schöttel vom ÖFB-Präsidium zum Sportdirektor gewählt. Die Außendarstellung war in den vergangenen Wochen eine Katastrophe. Da kann sich der ÖFB-Generalsekretär wohl auch nicht beruhigend zurücklehnen und einfach zuschauen, oder?

Thomas Hollerer: Man kann sich natürlich nicht zurücklehnen und so tun, als ob nichts passiert wäre. Die Außendarstellung war desaströs und natürlich kann man nach derartigen Vorgängen nicht zur Tagesordnung übergehen. Das habe ich bereits mehrmals betont: Man muss ganz klar festhalten, dass Einzelinteressen nie über jene des Verbandes und über die des österreichischen Fußball gestellt werden dürfen.

90minuten.at: Warum war die Außendarstellung so wie sie ist?

Hollerer: Die Frage, wie das passieren konnte, wird von uns auch detailliert aufgearbeitet werden müssen. Es war wie ein Schneeballeffekt. Es gab einzelne unglückliche Aussagen bereits vor der Präsidiumssitzung in Gmunden, die Reaktionen provoziert haben, dadurch wurde eine Lawine losgetreten. Und wir müssen uns alle selber an der Nase nehmen, weil dann die Diskussionen nicht auf einer Sachebene geführt wurden. Und, das ist ganz wichtig: Der ÖFB hat zu wenig nach außen kommuniziert, wie bestimmte sachliche Abläufe und Prozesse erfolgt sind. Das war sicherlich ein Fehler, dass man diese Themen nicht öffentlich mitgeteilt hat.

90minuten.at: Sie haben eine „detaillierte Aufarbeitung“ angesprochen. Wie kann diese aussehen?

Hollerer: Wenn so eine Krise passiert, ist es einfach eine Frage der Krisenaufarbeitung – das obliegt den hauptamtlichen Mitarbeitern. Aber natürlich unterstehen wir dem Präsidium, es ist jedoch unsere Verantwortung eine Analyse zu liefern, welche Dinge falsch gelaufen sind und mögliche Lösungen für die Zukunft aufzuzeigen.

90minuten.at: Was hätten Sie persönlich machen können, um es gar nicht so weit kommen zu lassen?

Hollerer: Wir hätten früher versuchen müssen, die sachliche Ebene in die Kommunikation miteinzubringen.

90minuten.at: Sachliche Ebene, womit wir beim eigentlichen Thema des Interviews wären: Kommen wir zur Task-Force, die die Kandidaten für die Sportdirektorensuche gescoutet und einem Hearing unterzogen hat. Können Sie uns sagen, wie die Suche genau abgelaufen ist?

Hollerer: Wir haben zuerst die strukturelle Frage des Sportdirektors besprochen. Der Sportdirektor ist seit 2011 dem A-Team und dem Teamchef überstellt. Das birgt das Risiko, wenn eine Qualifikation nicht klappt oder die Leistungen schlecht sind, dass der Sportdirektor, der an sich für kontinuierliche Entwicklung stehen sollte, zwangsweise dann auch gemeinsam mit dem Teamchef evaluiert wird. Genau aus dem Grund ist eine derartige Struktur ziemlich ungewöhnlich. Wir haben daher den Sportdirektor neben den Teamchef gestellt haben – jedoch mit Kontrollfunktion.

90minuten.at: Was war die Konsequenz daraus?

Hollerer: Die Konsequenz ist, dass zum Beispiel der Sportdirektor nicht mehr ständig bei den Lehrgängen präsent ist. Das sind 50 Tage im Jahr, die der Sportdirektor dringend für andere Tätigkeiten benötigt. Es ist die Zurückführung des Systems auf vor 2011.

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(Interview wird unter dem Video fortgesetzt)


90minuten.at: Was hat die Task Force dann gemacht?

Der zweite Punkt war, ob wir in der künftigen Struktur eine oder zwei Personen installieren. Da haben wir uns alle Vor- und Nachteile angesehen. Wenn man sich für zwei Personen entscheidet - wir haben uns bekanntlich dagegen entschieden - hat man auch immer eine Frage der möglichen Kompetenzstreitigkeiten. Man würde die Funktionen der Personen dann in Amateur- und Profisportdirektor teilen und dann ist die Gefahr, wo die Schnittstelle zwischen den beiden Bereichen auftaucht. Die Sollbruchstelle ist dann die U21. Das hat man auch in Deutschland gesehen, weil beide Bereiche berechtigten Zugriff auf die U21 haben wollen. Daher wird diese Struktur übrigens auch gerade in Deutschland evaluiert. Wir haben uns entschieden, es bei einer Person zu belassen. Als Konsequenz daraus gibt es künftig auch keine eigene Abteilungsführungsschaft mehr, sondern eine Management-Funktion. Der neue Sportdirektor ist zum Beispiel auch nicht mehr Leiter der Traineraus- und Fortbildung, weil er auch dann wieder viele Tage an die anderen Bereich gebunden ist.

90minuten.at: Danach hat sich die Task-Force auf die Suche nach potenziellen Kandidaten gemacht?

Was wir dann gemacht haben, war das Anforderungsprofil zu aktualisieren. In dieser Task Force sitzt kein Sportler dabei und das ist auch gar nicht notwendig, weil wir einfach verfeinert aus unserem bestehenden Profil sowie unter Zuhilfenahme entsprechender nationaler und internationaler Beispiele einige Adaptierungen vorgenommen haben. Das Profil entspricht den nationalen und internationalen Anforderungen. Dann wurden entsprechend des Anforderungsprofils geeignete Kandidaten besprochen und kontaktiert. Es waren insgesamt rund 20 Kandidaten, die abgearbeitet wurden. Dabei wurden die Kandidaten in drei Gruppen eingeteilt: In der einen Gruppe war Willi Ruttensteiner, weil er als aktueller Sportdirektor gesetzt war. In der zweiten Gruppe waren die österreichischen Kandidaten, in der dritten Gruppe Personen aus dem Ausland.

"Der österreichische Markt gibt einfach weniger her und Red Bull Salzburg wird auch nicht Jose Mourinho holen können"

90minuten.at: Was ist aus der Gruppe der internationalen Kandidaten passiert? Bekanntlich waren beim Hearing vor dem ÖFB-Präsidium nur Schöttel und Ruttensteiner?

Hollerer: Die Strategie war die, dass man gesagt hat, wenn man aus der internationalen Schiene keinen validen Kandidaten präsentieren kann, dass dann dieser Platz leer bleibt. Weil wenn man dort einen Ersatzkandidaten aus der nationalen Schiene nachzieht, wäre dieser automatisch nur zweitgereiht.

90minuten.at: Aber warum hat es keinen internationalen Kandidaten gegeben?

Hollerer: Im internationalen Bereich muss man ganz offen sagen, dass die kontaktieren Personen nicht zur Verfügung gestanden sind - aus mannigfaltigen Gründen. Das ist zum Teil, weil diese Personen sich nicht einem Hearing aussetzen wollten, oder weil diese Personen erst ab dem 1. Jänner zur Verfügung gestanden wären oder zum Teil deswegen, weil diese Personen derzeit in Deutschland engagiert sind mit einem gewissen Gehaltsniveau, das sie nicht unterschreiten wollten. Der österreichische Markt gibt einfach weniger her und Red Bull Salzburg wird auch nicht Jose Mourinho holen können. Es wurden jedenfalls diejenigen kontaktiert, die von der Reputation repräsentative und anerkannte Sportdirektoren sind. Alle Ausländer die wir kontaktiert haben, würde man in Österreich kennen.

90minuten.at: Wie viele Österreicher hatte man auf der Liste, wie viele Ausländer?

Hollerer: Das Verhältnis waren ca. ein Drittel Ausländer, zwei Drittel Österreicher. Insgesamt waren es rund 20 Personen.

90minuten.at: Bei den österreichischen Kandidaten wurden auch aktive Sportdirektor von österreichischen Klubs gefragt?

Hollerer: Ja, es wurden aktive und gerade nicht aktive gefragt. Aber über Details kann ich nichts sagen, da bin ich zur Verschwiegenheit verpflichtet.

90minuten.at: Hat die Task Force dem Präsidium eine interne Reihung zwischen Ruttensteiner und Schöttel empfohlen?

Hollerer: Nein, das haben wir nicht gemacht.

90minuten.at: Ist das neue Anforderungsprofil im Sinne der Transparenz öffentlich?

Hollerer: Leider nein, das ist eine interne Arbeitsunterlage.

90minuten.at: Aber Deutsch ist ein Muss-Kriterium?

Hollerer: Ja, wir haben nur unter Kandidaten gesucht, die der deutschen Sprache mächtig sind.

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90minuten.at: Derzeit werden viele Entscheidungsträger befragt, was für Peter Schöttel gesprochen hat. Erwin Fuchs hat sinngemäß gemeint, dass er das nicht so wirklich inhaltlich entscheiden konnte, denn die Präsentation habe nur ca. 10 Minuten gedauert. Kann man auf Basis einer so kurzen Präsentation 13 Leute darüber abstimmen lassen, wer die Geschicke des österreichischen Fußballs leiten wird?

Hollerer: Es hat natürlich in dieser Task Force mit beiden Kandidaten längere Einzelgespräche gegeben. Ich bitte um Verständnis, dass ich Aussagen von dritten Personen nicht kommentiere.

90minuten.at: Ich frage ja auch deshalb, weil diese „10 Minuten“ nicht gerade dazu beitragen in der Öffentlichkeit, dass es professionell rüberkommt.

Hollerer: Ja, aber ich bitte nochmal um Verständnis, dass ich generell Aussagen von Dritten zu dieser Sache nicht kommentiere.

90minuten.at: Wenn man ebendiese Leute nach den Gründen für die Schöttel-Bestellung fragt, hat man bisher so gut wie gar keine konkreten Punkte gehört, die Schöttel präsentiert bzw. was für Schöttel gesprochen hat. Was hat denn jetzt für Schöttel gesprochen?

Hollerer: Erstens bin ich nicht stimmberechtigt gewesen und zudem auch nicht befugt, inhaltliche Aussagen zu diesem Prozess zu geben.

90minuten.at: Welche Lehren kann man jetzt aus dem ganzen öffentlichen Theater ziehen?

Hollerer: Wir haben alle unsere Lehren aus dem katastrophalen Auftritt zu ziehen. Es ist schade, dass einige Prozesse, die professionell abgelaufen sind, nicht ausreichend erläutert wurden, um den einen oder anderen Schritt nachvollziehbar zu gestalten.

90minuten.at: Können Sie ein Beispiel nennen?

Hollerer: Es ist professionell, zuerst über die Struktur zu sprechen und dann erst über Personen. Dass nimmt auch Zeit in Anspruch. Wenn wir das der Öffentlichkeit nicht erklären, dann entsteht der Eindruck, dass die Leute im ÖFB und speziell in der Task Force alle schlafen und untätig sind. Das war es aber absolut nicht. Wir müssen in Zukunft einfach der Öffentlichkeit besser vermitteln, welche Schritte wir setzen.


Dieses Interview wird von "90minuten.at" zur Verfügung gestellt.

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