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Startschuss für die Qualifikation nach der Quali

Marcel Koller steht vor emotionaler Aufgabe. Was er gegen die Schweiz sehen will:

Startschuss für die Qualifikation nach der Quali
Eine reizvolle Aufgabe. Eine prestigeträchtige Aufgabe. Selbstverständlich auch eine emotionale Aufgabe.

Aber wenn das Duell mit der Schweiz – im Idealfall erfolgreich – in den Fußball-Geschichtsbüchern verewigt ist, wird Marcel Koller tendenziell auch nicht unglücklich sein.

Der ÖFB-Teamchef hat sich vor diesem Kräftemessen einen Standard-Spruch zurechtgelegt, den er laut eigener Aussage inzwischen bereits x Mal heruntergebetet hat:

Es sei ein spezielles Spiel, weil er 55 Mal für die Schweiz gespielt habe und noch nie gegen sie. Dieses Gefühl kenne er noch nicht. Trotz allem wolle er natürlich mit Österreich gewinnen und das Länderspiel-Jahr ungeschlagen beenden.

Koller ist nicht der Typ, der seine Emotionen allzu bereitwillig nach außen trägt. Wie es während der Hymnen oder während der Partie tatsächlich in ihm aussieht, wird die Öffentlichkeit womöglich nie erfahren.

„Sollte die Schweiz ein Tor schießen, werde ich nicht jubeln“

Eines kann er jedoch mit Bestimmtheit versprechen: „Sollte die Schweiz ein Tor schießen, werde ich sicher nicht jubeln. Soweit habe ich mich schon unter Kontrolle.“

Gejubelt werde nur, wenn Österreich trifft: „Das ist Fußball. Ob man für das eigene Land spielt oder in einem anderen Land arbeitet, man will gewinnen.“

Den Vorteil, dass ihm als Schweizer die Situation im gegnerischen Lager bestens bekannt ist, bestreitet Koller erst gar nicht:

„Ich kenne die Schweizer sicher besser als beispielsweise die Slowaken oder Kroaten. Ich bin in der Schweiz aufgewachsen, kenne natürlich die Ideen und das System. Das ist vielleicht ein kleiner Vorteil, den man als Trainer umsetzen und den Spielern mitgeben kann.“

Zufriedene Bilanz des Trainingslagers

Allgemein stand jedoch wie gehabt die Konzentration auf die eigenen Schützlinge im Mittelpunkt. Am Sonntag kehrte der ÖFB-Tross vom einwöchigen Spanien-Trainingslager in Orihuela zurück.

Der 55-Jährige zog ein zufriedenes Fazit dieses Trips. Das gute Wetter und die Lebensqualität seien für die Regeneration der gerade im Herbst stark beanspruchten Spieler sehr wichtig gewesen.

„Auch vom Sportlichen her sind wir sehr zufrieden. Wir konnten das durchziehen, was wir uns vorgenommen haben – ob das im taktischen oder technischen Bereich war. Die Spieler waren sehr engagiert dabei.“

Dies gilt auch für die vier Neulinge im Kader. Speziell hervorheben will Koller weder Karim Onisiwo, noch Robert Gucher, Florian Kainz oder Andreas Lukse.

Lob für die Neulinge

Allgemein ist er mit den „Rookies“ jedoch zufrieden: „Die Vier haben sich gut präsentiert. Jeder hat auf seine Art und Weise sein Spiel gespielt. Wir haben sie natürlich aus der Beobachtung gekannt, jetzt haben wir auch eins zu eins den Menschen kennengelernt. Das sind Dinge, die wir aufnehmen und weiterhin beobachten werden.“

Vielleicht bekommt das eine oder andere „Team-Baby“ ja auch gegen die Eidgenossen die Chance, sein ÖFB-Debüt zu feiern. Vermutlich würde dies eher als Joker der Fall sein.

Koller: „Da drei Spieler verletzt sind, gibt es ohnehin schon drei Wechsel. Ob es dann weitere geben wird, ist vom Spielverlauf abhängig.“

Von seiner gewohnten Stammelf muss Koller diesmal auf Robert Almer, Martin Harnik und Zlatko Junuzovicverzichten. Dass Zweier-Goalie Ramazan Özcan wieder einmal eine Chance bekommt, liegt auf der Hand.

„Jeder sollte sich von seiner besten Seite präsentieren“

Auch bezüglich der Feldspieler dürften bewährte Kräfte den Vorzug erhalten. Vieles spricht für Marcel Sabitzer und Jakob Jantscher, die bereits zuletzt regelmäßig als Joker aufs Feld kamen.

„Die Spieler, die wir dabei haben, genießen alle unser Vertrauen. Auch in der Quali haben wir schon gezeigt, dass wir auf den einen oder anderen auch mal verzichten können und das unserem Spiel keinen Abbruch tut. Die Spieler, die gegen die Schweiz neu dazukommen, kennen das System und die Idee. Es ist ein Vorteil, wenn man das im Team drinnen hat und sich die Spieler von den Laufwegen her auskennen“, betont Koller.

Wer auch immer im Happel-Stadion auf dem Rasen stehen wird: Mit dieser Partie startet die Qualifikation nach der Qualifikation, sprich jene um die Plätze bei der EM in Frankreich.

„Es gibt keinen Grund, sich zurückzulehnen. Jeder sollte sich von seiner besten Seite präsentieren“, bringt der Teamchef auf den Punkt, was er im abschließenden Testspiel des Jahres sehen will.

„Die Schweizer haben eine sehr gute Offensive“

Einfach wird die Aufgabe ohnehin nicht. Koller erwartet ein „sehr ausgeglichenes Spiel“. Die Schweiz sei schon seit vielen Jahren in der Weltspitze dabei. Für Österreich gelte es erst, sich in diesen Regionen zu konsolidieren und immer wieder die zuletzt gezeigten Leistungen zu bestätigen.

„Die Schweizer haben eine sehr gute Offensive, sind mit individueller Qualität gut bestückt. Sie haben Spieler, die ein Match alleine entscheiden können. Ihre Außenverteidiger können sehr offensiv spielen und Druck nach vorne entwickeln“, lobt der Eidgenosse die Vorzüge seiner Landsleute und verweist vor allem auf ihre internationale Routine:

„Deswegen werden sie auch nicht hektisch und können nach Rückständen wieder zurückkommen. Sie haben immer wieder bewiesen, dass sie zulegen können. Sollte man in Führung liegen, darf man sich also nicht in Sicherheit wiegen.“

„Dann bist du ganz schnell wieder unten“

Bei der jüngsten 2:3-Niederlage in der Slowakei kam die Nati nach 0:3 noch auf 2:3 heran. Allzu große Rückschlüsse möchte Koller aus dieser Niederlage jedoch ohnehin nicht ziehen:

„Teamchef Vladimir Petkovic hat gesagt, dass das eben solche Spiele sind, in denen er dem Ergebnis nicht allzu viel Bedeutung beimisst, sondern dass sie zum Testen da sind und er etwas versucht hat. Dann musst du vielleicht auch mit einer Niederlage rechnen.“

Eine Herangehensweise, die abseits der unfreiwilligen, weil verletzungsbedingten, Experimente vom ÖFB-Chefcoach nicht zu erwarten ist. Wie in jeder Partie ist ein Sieg das Ziel. Die weitere Stabilisierung des eigenen Fortschritts steht im Vordergrund und dadurch auch das Ergebnis.

Denn nach oben zu kommen, sei schon nicht einfach. Das Level zu halten allerdings ebenso wenig.

„Oben ist es wieder eine andere Konstellation. Du stehst mehr im Fokus. Auch für den Kopf ist es etwas anderes. Du darfst dir nicht denken, dass du dich ausruhen und die Beine hochlegen darfst. Denn dann bist du ganz schnell wieder unten“, warnt Koller.

Gegen die Schweiz haben seine Spieler die erste Chance zu beweisen, dass sie diese Lektion verstanden haben.

Claus Schlamadinger

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