Endstand
3:4
1:1, 2:3
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Sieg der Gerechtigkeit? Sturm hat "Emotionen kanalisiert"

Die Grazer fühlten sich nach dem Bundesliga-Schlager am Sonntag schwer benachteiligt. Nun ist laut Coach Ilzer die Gerechtigkeit zurückgekehrt.

Sieg der Gerechtigkeit? Sturm hat Foto: © GEPA

Red Bull Arena, Wals-Siezenheim. Ortszeit: 20:56 Uhr. Christian Ilzer schlafen für einen Moment die Gesichtszüge ein.

Der Coach des SK Sturm musste soeben einen frühen Gegentreffer seiner Mannschaft im UNIQA ÖFB-Cup-Halbfinale gegen den FC Red Bull Salzburg hinnehmen. Der Torschütze? Oumar Solet. Ausgerechnet Oumar Solet.

Mit resignierter Miene nimmt Ilzer das Tor des Franzosen hin und deutet Richtung Schiedsrichter Walter Altmann einen Würgegriff an. Wer die Geschehnisse im österreichischen Fußball der letzten Tage verfolgt hat, versteht auch die Gründe für die martialische Geste des Steirers.

Solet war es nämlich, der im Bundesliga-Schlager zwischen Sturm und Salzburg am Sonntag in Folge einer Rudelbildung seinen Gegenspieler Jon Gorenc-Stankovic unsanft per Würgegriff von hinten zurückzog. Der VAR gab zu, diese Attacke übersehen zu haben, eine nachträgliche Sperre für Solet blieb aus. Gorenc-Stankovic und Dimitri Lavalee, die beide nach besagter Rudelbildung die Rote Karte sahen, mussten hingegen im Cup-Halbfinale zuschauen.

 

Am Ende blieb Solets Treffer und dessen Hintergrundgeschichte eine Randnotiz eines denkwürdigen Cup-Abends. Zusätzlich zum frühen Tor des Innenverteidigers fielen in der Red Bull Arena nämlich noch sechs weitere Treffer.

Vier davon für die Gäste aus Graz, nur zwei für die Hausherren aus Salzburg, und am Ende steht Sturm nach einem hochspektakulärem 4:3-Sieg (Spielbericht>>>) wie schon im Vorjahr wieder im Cup-Finale.

Schnegg: "Ich war schon 'haß'"

Während Ilzer im Anschluss an die Partie flunkert, seine Würge-Geste aufgrund der Freude über den Sieg seiner Mannschaft schon längst vergessen zu haben, gibt Linksverteidiger David Schnegg Einblicke in seine Gefühlswelt zum Zeitpunkt des 0:1 aus Grazer Sicht: "Ich muss ehrlich sagen, ich war schon 'haß'. Aber das muss man ausblenden."

Diese negative Emotion wurde von den "Blackies" nicht nur ausgeblendet, sondern, ganz nach Vorgabe des Trainers, in positive Energie umgewandelt.

"Für uns war es ganz wichtig, dass wir diese Emotionalität, die am Sonntag in der Schlussphase und in den Tagen danach aufgeschwappt ist, vorbeiziehen lassen, dass wir diese Emotionen kanalisieren. Wir sind eine Fußball-Mannschaft, wir sind hergekommen, um ein Top-Fußballspiel abzuliefern. Meine Mannschaft hat bewiesen, dass ihr das gelungen ist", zieht Ilzer den Hut vor der Reaktion seines Teams.

Diese Kanalisierung sollte in Richtung Aggressivität erfolgen, "aber nicht in Aggressivität gegen Salzburg, sondern, wenn wir ihn nicht haben, gegenüber dem Ball. Wenn du zu aggressiv bist, dann ist deine Wahrnehmung gehandicapt, dann triffst du nicht die Entscheidungen, die es braucht", so Ilzer. Es sei ganz wichtig gewesen, die Balance zwischen Frust und Trotzreaktion zu finden: "An dem haben wir gearbeitet und es hervorragend umgesetzt. Eine mentale Top-Leistung."

"Trainer, wirst sehen, irgendwann siegt die Gerechtigkeit"

Dass er ob der Ereignisse der vergangenen Tage eine gewisse Genugtuung nach dem Sieg in Salzburg verspürt, kann und will der steirische Coach auch gar nicht leugnen. Für ihn hat am Ende in gewisser Weise die Gerechtigkeit gesiegt.

"Der 'Präsi' (Sturm-Präsident Christian Jauk, Anm.) ist vor dem Spiel zu mir hergekommen und hat gesagt: 'Trainer, wirst sehen, irgendwann siegt die Gerechtigkeit. Irgendwann kommt alles zurück.' Und ich habe geantwortet: "Das darfst du nicht erwarten. Wir müssen uns voll konzentrieren, um ein Topspiel zu machen. Sowas kommt nie unmittelbar zurück, das dauert meistens immer'", erzählt Ilzer.

Der Spielverlauf habe seine Einschätzung bestätigt: "Oumar Solet macht früh das 0:1 und Niklas Geyrhofer, der für den gesperrten Gorenc-Stankovic in die Mannschaft kommt, macht spät das 4:3. Schöne Geschichte."

So feierte Sturm den Aufstieg ins Cup-Finale (VIDEO):

@laola1 Sturm Graz steht erneut im Finale! ⚫️⚪️ Die Spieler brennen 🔥 schon richtig drauf, wie sieht’s bei euch Fans aus? 🏟️👀 #laola1 #l1 #wirlebensport #uniqaöfbcup #finale #sturmgraz #redbullsalzburg #interview #mixedzone ♬ Originalton - Laola1.at das Sportportal

Vier Tore in Salzburg? "Das muss uns einmal einer nachmachen"

Ob Karma tatsächlich Einfluss auf den Ausgang der ÖFB-Cup-Begegnung in Wals-Siezenheim gehabt hat, sei einmal dahingestellt. Viel wahrscheinlicher resultierte der Grazer Sieg aus einer im Vergleich zu Sonntag deutlich verbesserten eigenen Leistung.

"Salzburg war am Anfang das bessere Team, aber wir haben es dann geschafft, Ruhe in das Spiel zu bringen und im letzten Drittel die Dinge besser zu machen als am Sonntag. Dort waren wir präzise", so Ilzer, der als Ursache für diesen Umstand unter anderem das Comeback von Otar Kiteishvili anführt.

Die Begegnung am Sonntag ging auch deshalb verloren, weil Salzburg nach Wiederanpfiff wacher wirkte und mit der ersten Großchance durch Mads Bidstrup den schlussendlich spielentscheidenden Treffer erzielte. 

Ganz anders am Donnerstag: "In der Pause haben wir gesagt: So wie am Sonntag passiert es uns nicht nochmal." Gesagt, getan. Diesmal war es Sturm, das kurz nach Seitenwechsel in Führung ging und den "Bullen" schlussendlich als erstes österreichisches Team seit Altach 2009 vier Gegentore zufügte.

"Das muss uns einmal einer nachmachen, hier vier Tore zu schießen", sagt Ilzer im "ORF" dazu. Für ihn war es "das klarste Spiel der vier bisherigen Saisonbegegnungen. In der Liga haben immer ein paar Prozent gefehlt, aber heute haben wir bewiesen, dass wir Salzburg richtig fordern können. Das ist schon ein richtig schönes Gefühl".

Ilzer: "Salzburg weiß mit dieser Niederlage umzugehen"

Im, aus Grazer Sicht, Idealfall machen sich die "Blackies" das mit den vier Toren in der Red Bull Arena selbst am 28. April nach, wenn Sturm wieder in Salzburg auf Salzburg trifft. Denn, so realistisch müssen die Murstädter sein, wird die heurige Meisterschaft heuer nur mehr nochmal spannend, wenn die "Blackies" das finale direkte Duell mit den Mozartstädtern gewinnen würden.

Davon, dass Salzburg durch das Cup-Aus einen Einbruch in der Meisterschaft erleben könnte, geht Ilzer nicht aus: "Ich bin überzeugt, dass Salzburg mit dieser Niederlage umzugehen weiß. Sie sind in Österreich das Maß aller Dinge."

Entscheidender Nachsatz: "Aber wir geben nicht auf, sondern versuchen, das Bestmögliche rauszuholen."

Sturm vs. Salzburg im Cup: Zwischen Kampf, Triumph & Drama


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