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YB-Legionär Schick: "Der Titel ist überfällig"

Schweiz-Legionär spricht über seine YB-Rolle und Hütters Zukunft.

YB-Legionär Schick: Foto: © GEPA

Seit Sommer 2016 spielt Thorsten Schick bei den Young Boys Bern in der Schweiz.

Nach einer starken ersten Saison mit 22 Scorerpunkten hat es der Flügelflitzer unter seinem Landsmann Adi Hütter aktuell schwer, in Bern Einsatzzeiten zu sammeln. Erst einmal durfte der 27-Jährige in der Liga von Beginn ran.

Im LAOLA1-Interview spricht der Steirer über sein Reservisten-Dasein beim Super-League-Leader, beleuchtet mit Abstand den Abgang von seinem Herzensverein Sturm Graz und schwärmt von den Trainer-Künsten von Franco Foda und Adi Hütter.

LAOLA1: Wie erklärst du dir den bisherigen Erfolgslauf der Young Boys in der Liga?

Thorsten Schick: Wir haben trotz eines kleinen Umbruchs eine super Vorbereitung gehabt. Man hat von Anfang an gemerkt, dass richtig hohe Qualität im Kader ist. Es war wichtig, dass wir in diese Saison gut reingestartet sind (die ersten drei Liga-Spiele wurden zu null gewonnen, u.a. ein Auftakt-Erfolg gegen den FC Basel, Anm.). Das ist in den vergangenen Saisonen oft nicht so gut geglückt. Wir haben zurzeit eine richtig gute Stimmung in der Mannschaft. Alle haben das gleiche Ziel, jeder gönnt jedem alles. Es ist richtig cool, da dabei zu sein.

LAOLA1: Was würde das "Wunder von Bern" in Form des ersten Meistertitels seit über 30 Jahren in der Schweiz auslösen?

Schick: Das ist schwer in Worte zu fassen. Es ist schon längst überfällig, dass YB wieder einen Titel holt. Bern war oft knapp dran, einmal waren sie im Herbst 13 Punkte vor Basel, wurden aber in der letzten Runde noch eingeholt, sie waren oft im Cup-Finale. Die Stadt und die Fans hätten sich verdient, dass wir heuer einen Titel holen.

"Es ist kein Geheimnis, dass es sein Ziel ist, ein Team in der deutschen Bundesliga zu trainieren."

Schick über Hütter

LAOLA1: Du arbeitest mit Adi Hütter nach eurer gemeinsamen Altach-Zeit bereits zum zweiten Mal zusammen. Jetzt hat er seinen Vertrag in Bern bis 2019 verlängert, nachdem es einige Gerüchte aus Deutschland und um den Job als ÖFB-Teamchef gegeben hat. Wie hast du die Thematik verfolgt?

Schick: Wir haben das natürlich alles mitbekommen, ich als Österreicher vielleicht sogar noch ein bisschen mehr. Adi Hütter hat aber immer sehr offen mit der Mannschaft kommuniziert und uns gesagt, dass seine Mission in Bern noch nicht zu Ende ist und es deswegen kein Thema für ihn ist, jetzt zu wechseln. Ich persönlich finde es natürlich gut, dass er da geblieben ist, weil wir vorne dabei sind und etwas Großes erreichen wollen. Ich denke, der ganze Verein ist froh, dass er hier ist. Die Mannschaft kann gut mit ihm, die Ergebnisse kommen ja nicht von irgendwo.

LAOLA1: Wohin kann es für ihn noch gehen?

Schick: Adi Hütter wird sicher seinen Weg gehen. Er macht kein Geheimnis daraus, dass es sein Ziel ist, irgendwann ein Team in der Deutschen Bundesliga oder einen anderen großen Verein zu trainieren. Er hat die Qualität dazu. Er ist aber auch intelligent genug, nicht die erstbeste Option wahrzunehmen. Er hat sich einen richtig großen Namen in der Schweiz erarbeitet. Sein Weg mit YB ist noch nicht zu Ende, wir befinden uns in einer sehr spannenden Phase.

LAOLA1: Obwohl die bisherige Saison für die Young Boys so positiv verläuft, kannst du ob des Verlusts deines Stammplatzes nicht vollends zufrieden sein. Wieso ist es zurzeit so schwierig für dich, in der Stammformation Fuß zu fassen?

Schick: Da spielen mehrere Faktoren zusammen. Einerseits ist die Mannschaft zurzeit sehr erfolgreich. Für einen Trainer gibt es nichts besseres, wenn sein Team Woche für Woche gewinnt. Da muss man nicht viel verändern. Ich habe letztes Jahr extrem viele Spiele gemacht und eine gute Saison gehabt. Im Sommer gab es wie gesagt den wichtigen Umbruch. Durch die Riesen-Qualität im Kader kommen viele Spieler, die letzte Saison noch Stammspieler waren, heuer nicht mehr so zum Zug. Aber wir haben gemeinsame Ziele, dazu wird jeder Spieler benötigt. Ich fühle mich als Teil der Mannschaft und hundertprozentiges Kadermitglied.

Ich würde aber lügen wenn ich sage, ich möchte nicht öfter spielen. Natürlich möchte ich jede Partie in der Startformation stehen und Woche für Woche Leistungen bringen. Aber es gibt in der Karriere manchmal Situationen, wo man sich anpassen muss. In so einer befinde ich mich gerade. So etwas ist natürlich leichter zu verkraften, wenn man erfolgreich ist. Das Wichtigste ist, dass die Stimmung in der Mannschaft gut bleibt.

"Die Gespräche, wie es mit mir weitergeht, werden sich in der Winterpause intensivieren."

LAOLA1: Dein Arbeitspapier in Bern läuft im Sommer aus, gibt es zurzeit überhaupt Gedanken über eine Verlängerung? Oder gibt es sogar wieder eine Option nach einer gewissen Anzahl von Einsätzen?

Schick: Eine Option gibt es dieses Mal nicht. Ich stehe schon im Austausch mit Sportdirektor und Trainer über meine Zukunft, das läuft sehr professionell ab und es wird alles sehr offen und ehrlich angesprochen. Die Gespräche, wie es mit mir weitergeht, werden sich dann in der Winterpause intensivieren. Ich gebe mich aber natürlich nicht damit zufrieden, nur dabei zu sein und den Erfolgslauf von der Bank mitzubekommen. Ich will auch spielen und Leistung bringen. Wie es dann im Sommer aussieht wird, sich noch zeigen. Das ist jetzt noch nicht so wichtig. Jetzt geht es nur darum, die letzten Spiele vor der Winterpause erfolgreich über die Runden zu bringen. Im Winter werde ich sicher mehr wissen.

LAOLA1: Ein Wintertransfer ist also kein Thema, du willst deinen Vertrag bis Sommer erfüllen?

Schick: Ja, auf alle Fälle. Es ist ja nicht so, dass ich Woche für Woche auf der Tribüne sitze und merke, dass ich in der Mannschaft nicht anerkannt bin, sondern ich stehe eigentlich immer im Spieltags-Kader. Ich habe in der Liga schon von Anfang an gespielt, auch in der Europa League und werde oft eingewechselt. Wir haben extrem viele Matches, jeder Spieler wird benötigt. Ich fühle mich gebraucht. Deswegen verliere ich jetzt keinen Gedanken darüber, den Verein im Sommer zu verlassen.

LAOLA1: Wäre im Sommer ein Wechsel zurück in die österreichische Bundesliga auch ein Thema?

Schick: Definitiv, die österreichische Liga ist immer interessant, ich verfolge sie auch noch immer sehr interessiert. Aber wie gesagt, der Sommer ist weit weg. Zurzeit bin ich einfach nur happy, bei YB zu sein. Ich will meinen Teil dazu beitragen, dass wir in dieser Saison Geschichte schreiben. Außerdem ist es für die Karriere nicht so schlecht, wenn man auf seiner Visitenkarte Schweizer Meister oder Schweizer Cupsieger stehen hat. Bis zum Sommer muss man eine Lösung finden, die für alle Seiten passt. Wenn ich dann einen Verein finde, wo ich vielleicht mehr Spielzeit bekomme, dann ist das so.

LAOLA1: Dein Abschied aus Graz ist damals nicht ohne Ungereimtheiten über die Bühne gegangen. Was ist damals passiert?

Schick: Mein Abschied ist damals in den Medien anders dargestellt worden, als es wirklich war. Günter Kreissl und ich hatten damals sehr offene Gespräche. Er hatte seine Vorstellung, ich habe ihm mit meinem Management gemeinsam meine Vorstellungen präsentiert und wir haben einfach nicht zusammengefunden. Dann habe ich für mich beschlossen, dass ich jetzt in einem Alter bin, in dem ich den Schritt ins Ausland machen könnte. Wenn ich bei Sturm verlängert hätte, wäre ich bei Vertragsende fast 30 gewesen, wer weiß, ob ich es dann noch geschafft hätte. Ich wollte in meiner Karriere immer einmal ins Ausland gehen. Diese Chance ist dann glücklicherweise mit YB gekommen. Günter hat auch nicht verstanden, warum mein Abgang aus Graz so große Wellen geschlagen hat. Es ist überall gestanden, es ging bei der Verlängerung nur ums Geld – das ist aber absoluter Blödsinn. Wir sind im Guten auseinandergegangen und hatten auch danach noch Kontakt. Ich bin jetzt auch noch oft in Graz und sehe ihn und die Spieler oft.

LAOLA1: Liegt eine zweite Rückkehr zu Sturm im Bereich des Möglichen?

Schick: Ich bin seit meinem fünften Lebensjahr Sturm-Fan, an dem hat sich nichts geändert – sowas bekommt man nicht raus. Ich wohne noch immer Graz, werde auch immer in Graz leben, deswegen ist eine Rückkehr zu Sturm immer vorstellbar – aber zurzeit habe ich keinen Kopf für andere Vereine. Jetzt gibt es nur hundert Prozent YB, am Ende der Saison werden wir sehen was rausschaut. Ich schließe aber kein Land aus, präferiere keine Liga. Millionen in China würde ich auch nehmen. Man muss immer alles abwägen, man muss sich immer alles anhören und ich bin für alles offen. Aber ich habe jetzt eine Familie mit einer kleinen Tochter, da überlegt man schon zwei Mal bevor man wo hin wechselt. Das soll aber kein Bewerbungsschreiben sein, ich bin glücklich in Bern, habe gute Gespräche mit dem Verein, es ist alles in Ordnung wie es ist.

"Der SK Sturm kommt langsam wieder dort hin, wo er hingehört."

LAOLA1: Was sagst du als Sturm-Fan zu der überraschend guten Saison der „Blackies“?

Schick: Wenn es die Zeit zulässt, beobachte ich so oft es geht die österreichische Liga und Sturm natürlich ganz besonders, weil ich die ganzen Jungs von früher noch gut kenne. Deswegen fiebere ich umso mehr mit und wünsche den Spielern und der Mannschaft nur das Beste. Die Saison war bis jetzt riesig. Man muss schauen wie sie den Abgang von Franco (Anm. Foda) im Winter verkraften, aber ich bin guter Dinge, dass sie das gut hinkriegen. Der SK Sturm kommt langsam wieder dort hin, wo er hingehört. Das ist schon schwer in Ordnung, was der Verein macht. Ich gönne ihnen den größtmöglichen Erfolg.

LAOLA1: Auch Noch-Trainer Franco Foda kennst du schon länger. Was hältst du von ihm als Teamchef?

Schick: Ich denke das passt gut zusammen. Er ist ein Trainer, der viel von den Spielern fordert, auch viel Disziplin. Das tut dem Nationalteam sicher gut, wenn deutsche Tugenden Einzug halten. Aber mittlerweile ist Franco sowieso ein halber Österreicher. Er ist schon zig Jahre in Österreich, er kennt die Liga, er kennt die Spieler. Ich finde das war eine gute Wahl des ÖFB. Ich glaube, dass wir mit diesem Teamchef wieder an die letzten Erfolge anknüpfen können. Ich habe nach seiner Bestellung schon kurz mit ihm Kontakt gehabt, habe ihm alles Gute gewünscht. Alles was in den Medien gestanden ist, dass er ein menschlich, als auch taktisch guter Trainer ist, der auch variabel geworden ist, kann ich nur unterschreiben.

LAOLA1: Könnte es durch die jahrelange Bekanntschaft mit Foda doch noch zum Nationalspieler Thorsten Schick kommen?

Schick: (lacht) Ich glaube dafür bin ich schon zu alt. Sag niemals nie, aber an so etwas verschwende ich keine Gedanken. Das habe ich auch letzte Saison nicht gemacht, als es bei mir überragend gelaufen ist. Jeder österreichischer Fußballer würde lügen, wenn er sagt, dass er nicht einmal gern für das Nationalteam spielen würde. Aber wir haben so eine hohe Qualität in der Nationalmannschaft, so viele gute Legionäre, tolle junge Spieler kommen nach. Also der Teamchef hat genug Auswahl. Aber Franco hat meine Nummer, er kann mich jederzeit anrufen. Ich denke, das Telefonat wäre dann eher privat. Aber wie gesagt, sag niemals nie.

LAOLA1: Wie hat man die Ära Koller und das etwas unrühmliche Ende dieser in der Schweiz verfolgt?

Schick: Dadurch, dass ich nicht so viele Medien in der Schweiz konsumiere, sondern eher versuche Abstand zu halten, habe ich nicht so viel davon mitbekomme. Marcel Koller hat schon ein großes Ansehen in der Schweiz, aber es war jetzt nicht so das Riesen-Thema hier. Zu der Zeit war eher das Playoff der Schweiz gegen Nordirland im Blickpunkt.

LAOLA1: In Österreich wird es ab nächster Saison eine Liga-Reform, samt Aufstockung auf 12 Mannschaften geben. Auch in der Schweiz war eine ähnliche Revolution geplant, das Konzept wurde aber schnell wieder verworfen. Wie hast du diese Diskussion verfolgt? Was hältst du von der Reform?

Schick: Ich habe schon mitbekommen, dass so etwas auch hier ein Thema war und ich merke auch oft, dass die Leute hier nicht sehr zufrieden damit sind, vier Mal im Jahr gegen das gleiche Team zu spielen. Ich denke schon, dass man durch die Abstiegs- und Meisterschafts-Playoffs etwas mehr Brisanz reinbringen kann und so mehr Zuseher ins Stadion kommen. Aber in der Schweiz wurde entschieden, am bewährten Modus festzuhalten.

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