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Daniel Antosch: Zypern-Legionär eine Option fürs ÖFB-Tor?

Der 22-jährige Wiener ist momentan jener österreichische Schlussmann mit der besten Zu-Null-Quote. LAOLA1 hat ihn zum Interview gebeten.

Daniel Antosch: Zypern-Legionär eine Option fürs ÖFB-Tor? Foto: © GEPA

Wer ist momentan Österreichs bester Torhüter?

Es hat schon Zeiten gegeben, da ließ sich diese Frage einfacher beantworten. Auch ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick dürfte momentan darauf keine klare Antwort haben, immerhin testete der Deutsche in seiner erst kurzen Amtszeit bereits vier verschiedene Schlussleute aus.

Zumindest statistisch lässt sich die Suche nach dem aktuell besten rot-weiß-roten Goalie relativ rasch und mit einem für manche wohl durchaus überraschenden Ergebnis beenden: Mit einer Zu-Null-Quote von 56,25 Prozent ist Daniel Antosch in diesem Herbst jener österreichische Keeper mit der besten Bilanz, wenn man rein die Anzahl der Spiele ohne Gegentor hernimmt.

Der 22-Jährige hält momentan den Kasten des Pafos FC Woche für Woche sauber und ist damit einer der Hauptverantwortlichen für einen aktuell historischen Lauf des zypriotischen Erstligaklubs aus dem Mittelmeer-Urlaubsparadies.

LAOLA1 hat mit Antosch über seine momentane Top-Form, seine Vergangenheit in Salzburg sowie das Leben auf Zypern gesprochen:

Die Top-5 der österreichischen Torhüter mit der besten Zu-Null-Quote in diesem Herbst:

(Anmerkung: Es wurden nur Meisterschaftsspiele in die Rechung einbezogen, jeder in Frage kommende Torhüter muss mindestens fünf Spiele absolviert haben und es wurden nur reine Profiligen als Referenz verwendet. Spieler wie Andreas Lukse von der Vienna mit einer Zu-Null-Quote von über 58 Prozent fehlen deshalb in dieser Auflistung.)

Name Verein Spiele Gegentore Ohne Gegentor Zu-Null-Quote
Daniel Antosch Pafos FC (CYP) 16 10 9 56,25%
Tobias Knoflach ACSM Poli Iasi (ROU/2) 9 7 5 55,55%
Johannes Kreidl KuPS (FIN) 23 16 12 52,17%
Cican Stankovic AEK Athen (GRE) 6 4 3 50%
Daniel Bachmann FC Watford (ENG/2) 23 22 10 43,48%

Bereits mit 18 Liefering-Kapitän

Antosch gilt bereits seit Längerem als großes Torwart-Juwel, seine Karriere verlief zuletzt aber nicht immer linear nach oben.

Als 13-Jähriger wechselte der Wiener aus dem Nachwuchs des SK Rapid in die Red Bull Akademie in Salzburg, wo er sich – auch dank seiner Arbeitermentalität – bis zum FC Liefering hochspielte.

In der 2. Liga angekommen, brachte er sich sofort als Führungsspieler im jungen "Bullen"-Team ein. Schon in seiner ersten vollen Saison als Profi führte Antosch – obwohl selbst gerade einmal 18-jährig – Liefering als Kapitän aus Feld, musste sich aber mit einem gewissen Philipp Köhn als Nummer eins abwechseln.

Als Antosch drei Mal den gleichen Elfmeter parierte

Mit Köhns Hochrücken zur ersten Mannschaft stieg Antosch endgültig zum Stammkeeper Lieferings auf – und überzeugte mit starken Leistungen. Auch im Salzburger Youth-League-Team war der kräftig gebaute, 1,90 Meter große Hüne gesetzt und sorgte dabei für eine Szene, die um die Fußball-Welt ging.

Im Viertelfinale gegen Olympique Lyon hielt er den gleichen Elfmeter gleich drei (!) Mal.

Wie das geht? Antosch bewegte sich bei den ersten beiden gehaltenen Versuchen zu früh von der Linie, was zu einer Wiederholung des Strafstoßes führte. Allerdings ließ sich der mental äußerst starke Keeper davon nicht beirren und hielt auch den dritten Versuch des Franzosen Florent Sanchez – diesmal auf regeltechnisch korrekte Weise.

Antoschs großer Youth-League-Auftritt im VIDEO:

Plötzliches Aus in Salzburg! "Da hat es schlecht ausgeschaut"

Kurz darauf erlitt Antoschs steiler Aufstieg allerdings einen herben Dämpfer. Nachdem er die Hinrunde 2020/21 noch als Lieferinger Stamm-Torwart bestritt, wurde ihm in der Winterpause – zeitgleich mit der millionenschweren Verpflichtung des gleichaltrigen Nico Mantl – mitgeteilt, dass ihm der Sprung in die Mozartstädter "Bullen"-Mannschaft nicht zugetraut wird.

Trotz auslaufenden Vertrages wurde Antosch für die restliche Spielzeit zum SV Horn verliehen, wo er allerdings – auch verletzungsbedingt – nicht an seine starken Leistungen im Liefering-Kasten anschließen konnte. Danach war der damals 20-Jährige plötzlich zum ersten Mal in seiner Karriere vereinslos.

"Da hat es schlecht ausgeschaut, muss ich ehrlich sagen. Ich war gleichzeitig auch noch beim Bundesheer, das war keine einfache Zeit", reflektiert Antosch die bisher schwerste Phase seiner jungen Tormannlaufbahn.

Kaum Torhüter schaffen Sprung von Liefering zu Salzburg

Die Kommunikation vor seinem Abgang aus Salzburg von Klubseite löste beim Wiener durchaus Unmut aus, was heute noch nachschwingt.

"Mir wurde damals klar vermittelt, dass Köhn nach seiner Leihe (Köhn war zur Saison 2020/21 an den FC Wil in der 2. Schweizer Liga verliehen, Anm.) nicht mehr zurückkehren wird. Jetzt hat er natürlich eine sehr gute Saison gespielt, da kann man nichts sagen, aber mir wurde etwas anderes gesagt. Aber das ist Fußball, darauf kann man sich nicht immer verlassen", knirscht Antosch.

Allerdings weiß er auch, dass die Durchlässigkeit von Liefering Richtung erstes Salzburger Team auf keiner Position so gering ist wie auf jener des Torhüters: "Von den Tormännern hat es Carlos (Coronel, Anm.), der ein paar Spiele bei den Profis gemacht hat, geschafft, aber sonst fallen mir nicht viele ein. Also ich würde sagen, dass der Sprung für einen Tormann in Salzburg nicht einfach ist."

Wechsel auf Zypern! "Viel besser hätte es nicht kommen können"

Ende Juli 2020 tat sich für Antosch schließlich die Option Pafos FC auf – und der ehemalige ÖFB-U18-Torhüter war davon zunächst wenig begeistert.

"Ich war 2016 mit dem Nationalteam zum ersten Mal auf Zypern, in Larnaca, und das hat mir eigentlich nicht gefallen. Dann hat sich das bei mir im Unterbewusstsein festgesetzt, dass es dort nicht so schön ist. Aber es gab ehrlich gesagt nicht so viele Optionen, dementsprechend bin ich den Schritt gegangen. Aber als ich das erste Mal hier in Pafos war, fand ich es traumhaft und es ist noch immer wunderschön hier zu leben", so der Junglegionär über sein Leben in Pafos, wo er gemeinsam mit seiner Freundin in zwei Minuten Gehentfernung vom Mittelmeerstrand wohnt.

Auch sportlich hat sich für Antosch mittlerweile alles zum Besten entwickelt. Nachdem er seine Premierensaison auf Zypern noch als Nummer zwei im Pafos-Kasten beendete, ist er mittlerweile zum Stammkeeper des kleinen west-zypriotischen Klubs aufgestiegen und reitet seit Anfang der aktuellen Saison auf der Erfolgswelle.

"Das erste Jahr bei Pafos war nicht so leicht. Aber jetzt bin ich Einser-Tormann, alles läuft perfekt. Viel besser hätte es nicht kommen können", strahlt der 22-Jährige.

Antosch setzte sich gegen Ex-Barca-Keeper durch

Dass er die mittlerweile unumstrittene Nummer eins der "Blau-Weißen" ist, ist allerdings alles andere als eine Selbstverständlichkeit.

Mit dem spanischen Routinier Oier Olazabal, der immerhin zwei Spiele für den FC Barcelona bestritt, sowie dem polnischen U21-Nationaltorhüter Filip Majchrowicz konnte sich Antosch im teaminternen Konkurrenzkampf gegen zwei Sommerneuzugänge großen Kalibers durchsetzen.

Wie das gelang? "Wir haben die Saison nur mit zwei Tormännern begonnen: Mit einem Zyprioten, der letzte Saison schon da war, und mir. Die Vorbereitung auf Zypern ist sehr lange, sie dauert insgesamt fast sechs Wochen. Das hat mir in die Karten gespielt, da ich jedes Testspiel machen durfte. Insgesamt haben wir neun Testspiele absolviert, und ich habe kein einziges Gegentor bekommen. Auf das hinauf habe ich ihm ersten Meisterschaftsspiel begonnen. Der Trainer (Ex-Manchester-United-Kicker Henning Berg, Anm.) hatte Vertrauen in mich und seitdem habe ich meine Leistung gebracht."

Und das ist fast noch untertrieben. Erst zehn Mal musste Antosch in 16 Saisonspielen hinter sich greifen, in neun Partien konnte er seinen Kasten sauber halten. Für seine starken Leistungen wurde der Jungkeeper mit dem Stoiximan Golden Gloves Award als bester Torwart der Hinrunde des Grunddurchgangs ausgezeichnet.

Star in Pafos! "Jeder kennt dich, jeder spricht dich an"

Damit ist Antosch einer der Hauptakteure des aktuell historischen Erfolgslaufs von Pafos. Der erst 2014 gegründete Klub, der in seiner jungen Klubgeschichte noch nie eine Saison in der oberen Tabellenhälfte der First Division beendete, geht als Tabellenführer in die Winterpause der zypriotischen Meisterschaft.

Im 30.000-Einwohner-Städtchen Pafos ist Antosch dank seiner Leistungen mittlerweile fast ein Star: "Pafos ist eine kleine, nette Stadt. Früher hatten wir bei Heimspielen 1.000 bis 2.000 Zuseher. Aber in dieser Saison sind es mittlerweile zwischen 6.000 und 8.500. Das ist wirklich einmalig für Pafos, das hat es in der Geschichte des Klubs noch nie gegeben. In der Stadt merkt man, dass die Leute wirklich mitfiebern. Jeder kennt dich, jeder spricht dich an. Das ist schon einzigartig, das erlebt man in Österreich so nicht."

Dass seine tollen Leistungen auf Zypern in Österreich bisher fast unbemerkt blieben, macht Antosch daran fest, "dass die zypriotische Liga in Europa nicht wirklich wahrgenommen und meines Erachtens nicht ernstgenommen wird, was ich schade finde, weil der Fußball hier nicht schlecht ist".

"Ähnliches Niveau wie in der österreichischen Bundesliga"

Zyperns First Division belegt in der UEFA 5-Jahreswertung momentan zwar nur den 22. Rang, war vor zwei Jahren aber noch 15. und kann sich immer wieder über Achtungserfolge seiner Teams gegen größere europäische Teams freuen.

"Wenn man bedenkt, dass zum Beispiel Omonia Nikosia letzte Saison in unserer Liga nur Siebter wurde und in der Europa League gegen Real Sociedad und Manchester United sehr gute Spiele abgeliefert hat, kann man schon sagen, dass die Qualität von den ersten sieben oder acht Mannschaften nicht so schlecht ist", so Antosch.

Das Niveau der First Division, die für eine große Legionärsdichte sowie ein hohes Durchschnittsalter bekannt ist, setzt der Wiener – wenn man den FC Red Bull Salzburg aus der Rechnung nimmt – ungefähr mit jenem der österreichischen Bundesliga gleich.

Womöglich wird der 22-Jährige bald einen direkten Vergleich ziehen können. Österreichische Spitzentorhüter sind momentan nämlich rar gesät und werden in der Bundesliga dringend gebraucht. Auf diesbezügliche Spekulationen will sich Antosch, der erst am 23. Dezember sein letztes Spiel der Herbstsaison bestritt, da es auf Zypern keine WM-Pause gab, aktuell aber nicht einlassen.

"Mein Motto während dieses erfolgreichen Herbstes war es, einfach weiterzumachen und nicht zu viel herumhören. Jetzt sind wir im Winter angelangt und nun werden sich mein Berater und ich natürlich umschauen bzw. über eine mögliche Vertragsverlängerung sprechen. Bis jetzt habe ich mich aber nur darauf konzentriert, erfolgreiche Spiele mit Pafos zu machen", so Antosch abgeklärt.

Antosch eine Option für den ÖFB-Kasten?

Es kommt zwar nicht häufig vor, dass in Salzburg ein Talent "übersehen" wird, der Fall des ebenfalls in der Mozartstadt aussortierten Alexander Prass, der mittlerweile A-Nationalspieler ist, beweist aber, dass ein Scheitern bei den "Bullen" eine ÖFB-Karriere nicht unmöglich macht.

Beim Perspektivspieler-Lehrgang von Ralf Rangnick Ende November war Antosch zwar nicht dabei und auch sonst gab es zwischen ihm und dem ÖFB, für dessen Nachwuchsteams er über 20 Spiele bestritt, zuletzt keinen Kontakt. Zeigt der Zypern-Legionär aber weiterhin so starke Leistungen, wird man ihn – auch aufgrund der aktuellen Personallage im ÖFB-Kasten – nicht viel länger ignorieren können.

Antosch bringt als spielstarker Torhüter aus der Red-Bull-Schule, der die richtige Einstellung zum Fußballsport aufweist, nämlich vieles von dem mit, was von einem ÖFB-Torhüter momentan verlangt wird. Einzig der Umstand, dass kleinere europäische Ligen zuletzt nur selten im Blickfeld von Rangnick bzw. ÖFB-Torwarttrainer Robert Almer standen, dürften eine Nominierung bisher verhindert haben.

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