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"Mental und physisch eine der schwierigsten Ligen"

Marco Djuricin und Konstantin Kerschbaumer im LAOLA1-Talk über ihre Erlebnisse beim FC Brentford:

Ein Leben in einer 8,5-Millionen-Einwohner-Metropole, erste Gehversuche im Mutterland des Fußballs, Alltag beim Daten-getriebenen FC Brentford.

LAOLA1 hat Marco Djuricin und Konstantin Kerschbaumer in London besucht. Im Doppel-Interview gibt es einiges über ihre Erlebnisse auf der Insel zu besprechen.

Djuricin und Kerschbaumer: Seit Sommer 2015 bei Brentford

LAOLA1: Eure erste Saison in der Championship ist zu Ende. Wie fällt euer Fazit aus?

Konstantin Kerschbaumer: Wir haben verschiedene Phasen durchlebt. Am Beginn waren wir beide Stammspieler und haben gute Spiele absolviert. Insgesamt hatten wir jedoch zwei Trainerwechsel. Nach dem ersten bin ich persönlich meistens von der Bank aus gekommen. Nach dem zweiten waren die Einsätze verschieden – manchmal von Beginn an, dann war ich ein paar Spiele nicht dabei. Zuletzt hat es wieder besser ausgesehen.

Marco Djuricin: Am Anfang habe ich immer gespielt, habe mich auch wohl gefühlt, war topfit. Dann hatte ich eine komplizierte Knöchelverletzung. Danach hat mich Trainer Dean Smith ins kalte Wasser geworfen. Ich habe gleich gespielt, obwohl ich noch Schmerzen hatte. Dann hatte ich einen kleinen Rückschlag, bin nicht mehr so gut reingekommen. Am Ende bin ich eher von der Bank gekommen. Ich werde Brentford auch verlassen. 2016 habe ich kein Tor geschossen, also fällt mein persönliches Fazit nicht so gut aus.


LAOLA1: Konstantin, über dich sagt der Trainer, dass du ein „guter Lerner“ bist. Er sagt auch, dass es nichts Schwierigeres als die Championship gibt, wenn man neu nach England kommt. Was lernt man am meisten?

Kerschbaumer: Den Ablauf in der Liga, die vielen Spiele, der Samstag-Dienstag-Rhythmus. Jedes Spiel ist komplett anders. Du kannst gegen den Letzten verlieren, aber genauso gegen den Ersten gewinnen. Es ist physisch härter. Es gibt nicht wie beispielsweise in Österreich eine Mannschaft, die das Spiel kontrolliert und auf Ballbesitz spielt, sondern es geht dauernd hin und her und ist meistens bis zum Schluss sehr knapp. Es ist oft sehr eng, speziell im Zentrum wird immer zugestellt. Dadurch kommt oft auch kein schönes Spiel zustande. Man kann nicht so oft den Ball halten, hat nicht so viele Bälle wie normalerweise in Österreich.

LAOLA1: Wie ist das als Stürmer?

Djuricin: Die meisten Verteidiger sind einen Kopf größer als ich, richtige Henker (grinst). Da ist es nicht so einfach zu spielen. Aber es war eine super Erfahrung für mich, das einmal zu sehen. Vom Tempo her würde ich England schon zwei Klassen höher als Österreich einschätzen. Da wird nur gepusht, auch von den Fans: Weiter, weiter, nur nach vorne! Da gibt es kein zurück! Du hast null Pausen. Also ist es schon ein extremer Unterschied. Es ist schon ein ganz eigenes Flair. Zur Premier League ist sicher noch einmal ein Unterschied. Die Championship ist dafür in meinen Augen vom Mentalen und Physischen her eine der schwierigsten Ligen. 46 Liga-Spiele sind nicht normal. Jedes Mal Samstag-Dienstag-Samstag zu spielen, ist nicht so einfach.

"Wir haben beide extrem viel Muskelmasse zugelegt, bringen mehr Kilos auf die Waage. Das brauchst du auch in dieser Liga."

Marco Djuricin

LAOLA1: Wenn man auf ein höheres Level geht, bringt einen das ja weiter. Wo habt ihr euch in diesem Jahr am meisten weiterentwickelt?

Djuricin (schmunzelt): An den Statistiken sieht man, dass wir beide extrem viel Muskelmasse zugelegt haben, mehr Kilos auf die Waage bringen. Das brauchst du auch in dieser Liga.

Kerschbaumer: Speziell für Marco war es gegen diese großen und stämmigen Innenverteidiger schwer. Er ist ein Stürmer, der in die Tiefe geht und eher technisch gut ist. Körperlich haben wir auf jeden Fall zugelegt.

LAOLA1: Marco hat schon in jungen Jahren in Deutschland gespielt und hochklassig trainiert, und dann auch in Österreich bei Spitzenvereinen gespielt. Konstantin, du hast einen sehr rasanten Aufstieg hingelegt. Macht das von der Ausgangsposition her einen Unterschied, was die Adaption an das Tempo und das Spiel betrifft?

Kerschbaumer: Ich finde schon, dass es ein großer Unterschied ist, denn ich habe im Fußball noch nicht so viel erlebt wie Marco. Er hat mehr Erfahrung, ich höre seine Geschichten gerne. Er war schon bei einem Topverein in Deutschland, ich habe viele Spiele in der zweiten österreichischen Liga. Von dem her war es schon ein großer Schritt für mich.

Vom Technischen her ist es hier schlechter als in Salzburg, aber das Tempo ist einfach… Pffffff! Das kann man nicht beschreiben! Das ist einfach unnormal!

Marco Djuricin

Djuricin: Ich hatte schon mit 17 ein sehr hohes Level im Training. Bei Hertha BSC waren wir damals zwar zweitklassig, aber da wir fast jedes Spiel gewonnen haben, war es fast wie bei den Bayern, nur eben in der zweiten Liga. Letztes Jahr hatten wir in Salzburg auch eine Top-Mannschaft. Vom Technischen her ist es hier schlechter als in Salzburg, aber das Tempo ist einfach… Pffffff (lacht) Das kann man nicht beschreiben! Das ist einfach unnormal! In den ersten drei, vier Wochen hier habe ich mir gedacht, ich komme gar nicht zurecht. Du hast hier nie viele Ballkontakte, überhaupt als Stürmer. Pro Halbzeit habe ich höchstens zehn Ballkontakte. Das ist ein Wahnsinn! Wenn du in der Box den Ball kriegst und du machst ihn nicht, bist du der Buhmann.

LAOLA1: Viele Spieler, die aus Deutschland oder Österreich nach England wechseln, sind vom Tempo überrascht. Natürlich kennt man den englischen Fußball aus dem TV, aber wenn man ihn hautnah erlebt, ist es offenbar noch einmal etwas anderes…

Kerschbaumer: Von außen betrachtet, denkt man sich immer: Okay, es wird nicht so wild sein. Aber wenn man selbst spielt, ist es anders. Was für Marco und mich außerdem neu ist: An Ausländer ist der Anspruch vom Trainer und vom Team noch höher. Du bekommst nicht so viele Chancen. Ein Stürmer muss immer treffen, damit er regelmäßig spielt. Ich muss meine Scorer-Punkte haben, damit ich meinen Platz in der Startelf nicht verliere.

LAOLA1: Wie äußert sich das im täglichen Betrieb? Ist teaminterner Druck da? Oder medialer?

Djuricin: Medial ist hier nicht so viel los, denn aufs Trainingsgelände darf in England kein Mensch – maximal Familienmitglieder, „Kerschis“ Bruder war zum Beispiel da. Aber von den Medien darf wirklich keiner. Da ist man schon sehr beschützt. Im Team ist die Erwartung natürlich höher, weil wir aus dem Ausland kommen. Die denken, wir haben schon viel mehr Erfahrung, die ich eigentlich auch habe. Aber es ist natürlich nicht so einfach, wenn du wenige Bälle kriegst.


LAOLA1: Wir haben jetzt viel über das Sportliche geredet, aber ihr müsst euch auch abseits des Platzes in einem neuen Land zurechtfinden. Wie groß ist diese Herausforderung?

Djuricin: Für mich ist es vielleicht ein bisschen einfacher. Ich war schon in jungen Jahren fünf Jahre in Deutschland. Mit 15 war ich erstmals in Berlin, aber dort konnte ich Deutsch sprechen. Natürlich konnten wir Schulenglisch, aber das British English ist noch einmal etwas anderes (grinst). „Kerschi“ hat das wirklich gut gemacht. Er ist zum ersten Mal im Ausland und findet sich wirklich gut zurecht. Diesmal sind wir weiter weg von der Familie. Wenn du dann nicht so oft spielst, ist es nicht so einfach. Wir sind auch nur Menschen. Aber ich denke, fürs erste Jahr war es ganz okay.

Kerschbaumer: Man ist schon weiter weg, nicht ums Eck von zu Hause. Am Anfang war es vielleicht ein bisschen schwieriger, aber mittlerweile haben wir uns schon gut eingelebt und tun uns mit der Sprache und anderen Dingen wie dem Autofahren schon leichter.

Kerschbaumer und Djuricin nutzen die Möglichkeiten in London

LAOLA1: Die Chance, in einer Metropole wie London zu leben, ist auch durchaus reizvoll. Wie sehr genießt ihr das?

Kerschbaumer: Das nutzen wir schon. Wenn wir einen freien Tag haben, fahren wir schon mal in die Stadt rein. Mit der U-Bahn oder mit dem Auto ist es nicht so weit. Es ist super, dass wir bei einem Verein sind, der in London ist. Wenn wir woanders wären, wo du nicht solch eine Stadt um die Ecke hast, wäre es schon ein Unterschied.

Djuricin: Ich war ja schon in Berlin in einer großen Stadt. London ist drei oder vier Mal so groß – wirklich unglaublich, wie riesig diese Stadt ist. Es gibt wirklich viele Sehenswürdigkeiten. Aber wie gesagt: Wir haben 46 Liga-Spiele. Manchmal willst du einfach nur daheimbleiben. Das ist für die Frauen manchmal nicht so einfach – die sind zu Hause und wollen etwas unternehmen. Aber natürlich nutzen wir die Stadt.

LAOLA1: Die österreichische Community in London wird immer größer. Seht ihr euch regelmäßig?

Djuricin: Ich bin immer noch sehr gut mit Michi Madl, wir sehen uns regelmäßig. Wir haben uns auch schon mit Basti Prödl und Johnny Ertl getroffen. Kevin Wimmer habe ich leider noch nicht gesehen, obwohl ich ihn schon länger kenne. Es ist super, dass wir jetzt ein paar Österreicher hier haben.

Kerschbaumer: Das ist schon sehr angenehm. Am Anfang habe ich sehr viel mit Kevin unternommen und viele Spiele von Tottenham angeschaut. Watford habe ich auch schon gesehen. Es macht Spaß, wenn man sich mit Basti, Mike oder Johnny austauschen kann. So unterschiedliche Trainingsmethoden gibt es zum Beispiel bei Basti oder Kevin auf höherem Niveau gar nicht.

LAOLA1: Gerade Johnny Ertl ist ein alter Hase in England. Sind seine Tipps besonders wertvoll?

Kerschbaumer: Auf jeden Fall. Er hat viele Spiele in Championship und League One absolviert und dabei unterschiedliche Phasen bei verschiedenen Trainern erlebt – er war Stammspieler, manchmal hat er weniger gespielt. Er konnte uns wertvolle Tipps geben. Zum Beispiel hat er erwähnt, dass im Winter eine härtere Phase kommt. Aber auch wenn du nicht zum Zug kommst, musst du weiter hart trainieren und alles dafür tun, dass sich das wieder ändert. Es bringt nichts, wenn man jammert. Durch so eine Zeit wird man eigentlich nur stärker.

LAOLA1: Der FC Brentford hat große Ambitionen, diese Saison verlief jedoch nicht nach Wunsch. Ist es dennoch ein Verein, der spekulieren kann, nach oben zu kommen?

Djuricin: Ich denke schon. Die Erwartung war natürlich sehr hoch, weil Brentford letztes Jahr mit einer No-Name-Mannschaft in den Playoffs war. Dieses Jahr haben wir die Trainer zu oft und in unseren Augen zu früh gewechselt. Im Endeffekt kannst du sagen, dass wir den ersten Trainer Marinus Dijkhuizen behalten hätten können. Nach ihm kam ein Trainer aus der Jugend. Der hat seine Sache ganz gut gemacht, wollte aber nicht hier bleiben, weil er sich mit Brentford nicht identifizieren konnte. Eigentlich haben sie uns immer gesagt, sie wollen einen europäischen Trainer, weil sie Fußball spielen wollen. Dann haben wir uns jedoch an die Liga angepasst – viele lange Bälle, du konntest nicht richtig erkennen, was wir spielen. Aber zuletzt hatten wir Erfolg damit. Trotzdem sind wir als Neunter im Niemandsland. Aber so ist das im Fußball: Wenn du keinen Erfolg hast, wird gewechselt. Wir können eigentlich jeden schlagen. Es gibt Mannschaften wie Reading, die sind 17. – da will ich gar nicht sagen, was die Spieler in der Woche verdienen, einfach unglaublich! Es gibt also nie eine Garantie. Deshalb finde ich den Plan und das Projekt von Brentford eigentlich richtig cool. Aber dieses Jahr haben wir unseren Plan und unsere Philosophie ein bisschen zu früh aufgegeben.

LAOLA1: Besitzer Matthew Benham setzt sehr auf datenbasiertes Arbeiten. Wie sehr merkt man seinen Einfluss?

Kerschbaumer: Er kommt schon ab und zu nach den Spielen. Aber es ist nicht so, dass man etwas Bestimmtes merkt.

Djuricin: Genauso mit den Daten. Das merken wir ja alles gar nicht. Das spielt sich wahrscheinlich alles im Hintergrund ab.

"Es ist vielleicht die Philosophie des Vereins nach außen, dass man sagt, man geht nach Daten. Aber wir merken nicht, dass speziell danach aufgestellt oder gespielt wird."

Konstantin Kerschbaumer

LAOLA1: Ist euch das Daten-Thema ein bisschen zu präsent? Brentford verbindet man einfach damit…

Kerschbaumer: Zu präsent nicht. Mich stört das nicht. Es ist vielleicht die Philosophie des Vereins nach außen, dass man sagt, man geht nach Daten. Aber wir merken nicht, dass speziell danach aufgestellt oder gespielt wird. Die Spieler werden teilweise auf diese Art verpflichtet, und die geholten Spieler halte ich für sehr gut.

LAOLA1: Wie geht es bei euch in Zukunft weiter? Konstantin hat noch drei Jahre Vertrag. Bei dir erscheint es nach dem feststehenden Brentford-Abschied offener, Marco.

Djuricin: Bei mir wird man sehen. In nächster Zeit werden Gespräche geführt. Ich habe ja noch bis 2018 Vertrag bei Red Bull Salzburg. Wo ich spielen werde, weiß ich selbst noch nicht. Es gibt schon Anfragen anderer Mannschaften, das kann ich sagen. Aber mehr weiß ich leider noch nicht.

LAOLA1: Ist eine Rückkehr nach Österreich für dich überhaupt vorstellbar?

Djuricin: Mein Ziel war immer, so lange wie möglich im Ausland zu bleiben. Ich stehe beim besten Verein in Österreich unter Vertrag – mit den besten Strukturen und den besten finanziellen Mitteln, das muss man ehrlich so sagen. Wenn ich zu Salzburg zurückgehe, gehe ich zurück und spiele dort. Das ist für mich kein Problem. Vielleicht wird es auch ein anderer Verein. Ich denke, das wird sich noch ein bisschen ziehen.

"Am liebsten würde ich zehn Jahre bei einem Verein bleiben, das habe ich erst vor ein paar Tagen mit meiner Frau besprochen. Aber das ist nicht immer so leicht."

Marco Djuricin

LAOLA1: Inwiefern würde es deiner Karriere gut tun, wenn du einen Verein findest, bei dem es gegenseitig über einen längeren Zeitraum passt, um mehr Kontinuität zu haben?

Djuricin: Es ist schwierig. Von der Hertha wollte ich zurück nach Österreich, weil ich bei Sturm Graz die Chance hatte, wieder zu spielen und Spaß zu haben. Das war auch super, aber irgendwann war mir klar: Ich habe viele Tore geschossen, also werde ich vermutlich wieder weggehen. Ich wollte in Österreich bleiben, Salzburg war in meinen Augen ein guter Zwischenschritt. Dann habe ich den Verein gewechselt, weil es mit dem Trainer dort vergangenen Sommer nicht so gut geklappt hat. Am liebsten würde ich zehn Jahre bei einem Verein bleiben, das habe ich erst vor ein paar Tagen mit meiner Frau besprochen. Aber das ist nicht immer so leicht. Man muss sich nur umsehen: Selbst Topstars bleiben heutzutage oft nur ein, zwei Jahre bei einem Verein. Im Winter sind viele mit 25 oder 26 nach China. Das ist inzwischen komplett anders im Vergleich zu früher.

LAOLA1: Wenig Planungssicherheit gehört zum Job eines Fußballers. Wobei diese bei dir gegeben sein sollte, oder Konstantin?

Kerschbaumer: Ich habe ab Sommer noch drei Jahre Vertrag. Ich schaue mir jetzt nach Saisonende an: Wie war die Saison? War ich wirklich zufrieden mit den Spielminuten? Danach werde ich Gespräche mit den Vereinsverantwortlichen führen. Aber ich gehe davon aus, dass es bei Brentford weitergeht.

LAOLA1: Wie sehr spürt man eigentlich die immer größer werdenden finanziellen Mittel im englischen Fußball?

Djuricin: Wenn wir sehen, in welchen Stadien wir gespielt haben, wie groß die Begeisterung ist und welche Spieler hier spielen, ist das schon unglaublich. Die Championship hat wirklich viel Qualität. Und vom Geld her ist es natürlich schon sehr reizvoll. Aber wenn man nicht glücklich ist, denkt man sich unterm Strich: Vielleicht verdiene ich woanders weniger und bin glücklich.

Bei allen zwischenzeitlichen Sorgen ist Fußball in England ein Traum

Kerschbaumer: Oft gibt es Transfers, wo du dir denkst, die Vereine haben schon sehr viel Budget. Dieses Jahr wird es mit dem neuen TV-Deal noch ärger. Es kommen viele Zuschauer, die Spiele sind spannend, weil es bis zum Schluss eng ist. Für die Spieler ist es schwieriger, weil es so intensiv hin und hergeht, aber für die Zuschauer ist das interessant. Das Land liebt einfach den Fußball. Das merkt man bei jedem Spiel.

LAOLA1: Wenn man die persönlichen Sorgen, die es zwischendurch gibt, ausblendet: Inwiefern ist es ein Traum, bei diesem Flair im Mutterland des Fußballs spielen zu dürfen?

Kerschbaumer: Es ist schon ein Traum. Für unser Stadion haben wir viele Zuschauer, aber es ist eher klein, es passen nicht so viele rein. Aber wenn man auswärts in die großen Stadien mit 25.000 oder 30.000 fährt, merkt man schon, wie besonders die Atmosphäre ist.

Djuricin: Zum Beispiel Leeds United, Middlesbrough oder Derby County. Da fährst du an einem Dienstag hin und denkst dir, da wird vielleicht nicht so viel los sein und dann sind 30.000 dort. Was gibt es Besseres? Da brauchst du keine Motivation, da brauchst du keine Ansprache. Da willst du einfach nur genießen, spielen und gewinnen.

LAOLA1: Merkt man hier erst so richtig, wie groß die Infrastruktur-Probleme in der Bundesliga sind?

Kerschbaumer: Naja, infrastrukturell ist es nicht so überaus toll hier. Wenn man mancherorts die Kabinen sieht, denkt man sich: Wie alt ist das Stadion? (schmunzelt) Aber darauf wird hier weniger Wert gelegt als in Deutschland oder Österreich. Es wird einfach auf den Fußball Wert gelegt und darauf, dass die Zuschauer ins Stadion kommen. Am Trainingsgelände gibt es alles, was du brauchst, aber es schaut von außen nicht so besonders aus.

"Wenn du Grödig gegen Altach, was nicht unbedingt ein Top-Spiel ist, in unser Stadion mit 10.000 Fans gibst, würde ich gerne einmal sehen, wie das aussieht. Auch ganz anders!"

Marco Djuricin

Djuricin: Es ist typisch Englisch. Wer einmal in England gespielt hat, merkt das. Ich bin von Red Bull gekommen und habe einen Schock gekriegt. Das muss ich ehrlich zugeben. In England ist alles sehr einfach, die Kabinen sind immer eng. Aber im Endeffekt brauchst du ja auch nicht mehr. Solange du Spaß hast, ist dir das egal. In Österreich hast du auch nicht immer so schöne Kabinen. Aber das ist wurscht, das mit der Infrastruktur finde ich gar nicht so schlimm. Das Problem in Österreich ist ganz einfach, dass zu wenige Leute ins Stadion kommen. Du hast Rapid, die haben wirklich Top-Fans. Dann Sturm Graz. Dazu vielleicht noch Salzburg und Austria. Und das ist schade, denn in Österreich wird im Vergleich kein schlechter Fußball gespielt. Wenn du Grödig gegen Altach, was nicht unbedingt ein Top-Spiel ist, in unser Stadion mit 10.000 Fans gibst, würde ich gerne einmal sehen, wie das aussieht. Auch ganz anders! Das nimmst du logischerweise ganz anders wahr als vor 3000 Fans. Aber bei uns sind die Leute nicht so fußballbegeistert und England ist ein viel größeres Land, das darf man nicht vergessen.

LAOLA1: Ihr werdet auch mitbekommen, dass die Stimmung in und rund um die Bundesliga derzeit nicht die beste ist. Ist das Niveau also besser, als viele glauben?

In Österreich sagt man oft, das Spiel war nicht so gut, wenn nur 3000 Zuschauer im Stadion waren. Dabei wird es oft nur schlecht geredet

Konstantin Kerschbaumer

Kerschbaumer: Das finde ich auf jeden Fall. Nehmen wir die Admira letztes Jahr. Wir hatten eigentlich eine gute Mannschaft, wollten vieles spielerisch lösen. Da braucht man sich nicht zu verstecken. Wir reden oft vieles schlecht. Hier schaut es eben viel besser aus, weil viele Zuschauer im Stadion sind. In Österreich sagt man oft, das Spiel war nicht so gut, wenn nur 3000 Zuschauer im Stadion waren. Dabei wird es oft nur schlecht geredet.

LAOLA1: Konstantin, wie viel Spaß hast du gerade mit deinen Ex-Vereinen Admira und St. Pölten?

Kerschbaumer: Es freut mich sehr, dass es bei der Admira so gut läuft. Ich war ja im Sommer noch ein, zwei Wochen in der Vorbereitung dabei. Da hat man schon gemerkt, die Mannschaft ist spielerisch vielleicht sogar noch einen Tick besser als letztes Jahr. In der Meisterschaft kämpfen sie um Rang 4, das Erreichen des Cup-Finales ist die Krönung. Eine super Saison! Und St. Pölten verfolge ich natürlich auch weiterhin. Es schaut ganz gut aus, vielleicht klappt es ja mit dem Aufstieg!


LAOLA1: Marco, wie beurteilst du den Status quo bei deinen Ex-Klubs Salzburg und Sturm?

Djuricin: Ich möchte auch noch etwas zur Admira sagen: Allergrößten Respekt, was Baumeister und Lederer dort machen! Es ist wirklich unglaublich. Die spielen so stark, mit Selbstvertrauen, super! Ich dachte ja ehrlich gesagt, dass Rapid Meister wird, denn als ich noch in Salzburg war, waren wir schon neun oder zehn Punkte hinten. Aber Rapid ist eingebrochen und Salzburg hat aufgeholt. Mit dem neuen Trainer spielen sie vielleicht noch nicht so gut, aber die Ergebnisse stimmen und sie sind wieder Meister geworden. Das ist für die Liga vielleicht nicht so gut, weil es Rapid und Austria heuer wirklich hätten schaffen können. Und Sturm? In meinen Augen haben sie eine super Mannschaft, einen super Trainer und ein gutes Umfeld. Vielleicht schaffen sie noch den vierten Platz. Ich wünsche es ihnen. Aber es ist natürlich blöd, denn Sturm sollte eigentlich immer unter den Top 3 mitspielen.

LAOLA1: Steht man sich bei Sturm bisweilen selbst im Weg? Die Erwartungshaltung ist riesig. Wenn es nicht nach Wunsch läuft, herrscht schnell Unruhe.

Djuricin: Das könnte stimmen. Ich habe nur mitbekommen, dass die Fans ein Problem mit Franco Foda haben. Das ist natürlich nicht so gut, wenn die Fans den Trainer nicht mögen, obwohl er eine gute Arbeit macht. Ich denke, es ist super, dass Günter Kreissl das übernommen hat, damit Gerhard Goldbrich wieder seins machen kann, nämlich das Finanzielle. Ich denke, jetzt kommt Struktur rein. Ich hoffe, dass sie nächste Saison mit vielen guten Spielern wieder angreifen können.


Das Gespräch führte Peter Altmann



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