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Zinsberger: "2020 war mental next level"

Österreichs Fußballerin des Jahres im großen Interview:

Zinsberger: Foto: © getty

Sie ist eine der besten Torfrauen der Welt. Um das selbst auszusprechen, ist Manuela Zinsberger aber viel zu bescheiden.

"In Europa würde ich mich aber definitiv zu den Top Ten zählen. Wenn es dann spezifischer geht, hat jede ihre Stärken und Schwächen. Dass ich selbst sage, ich bin sicher unter den Top Drei - das bin nicht ich. Ich bin froh, dass solche Bewertungen andere machen", sagt die 25-Jährige.

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Im großen Interview spricht die Arsenal-Legionärin über ihre Entwicklung, ihr Vertragsende im Sommer und Neo-Teamchefin Irene Fuhrmann.

Frage: Sie sind Österreichs erste Torfrau, die als Fußballerin des Jahres ausgezeichnet wird, welche Bedeutung hat das für Sie?

Manuela Zinsberger: Als erste Torfrau den Preis entgegenzunehmen und in die Geschichte einzugehen, ist definitiv eine super Sache und macht mich auch stolz. Für den individuellen Werdegang ist es natürlich eine wahnsinnige Auszeichnung, die mir auch zeigt, dass ich am richtigen Weg bin und sich mein hartes Arbeiten bezahlt macht.

Frage: Haben Sie damit spekuliert, nach Rang vier 2018 und Rang drei 2019 ganz oben zu stehen?

Zinsberger: Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich über solche Dinge nicht nachdenke. Für mich ist wichtig, meine Leistung auf den Platz zu bringen und alles was drum herum passiert, ist ja eh nicht meine Entscheidung. Aber es freut mich natürlich sehr und ist das i-Tüpfelchen, vor allem da es für eine Verteidigerin oder Torfrau klar schwerer ist, so einen Titel zu bekommen, als etwa für eine Stürmerin. Wenn die 40 Tore schießt, fällt das mehr auf.

(Interview wird unter dem Video fortgesetzt)

Frage: Sie sind vor allem im Nationalteam aufgefallen, haben in der EM-Quali nur drei Gegentore erhalten, wie war das möglich?

Zinsberger: Ich habe heuer wirklich noch einmal eine Schippe draufgelegt, meine Leistung dementsprechend auf den Platz gebracht und dem Team mit 'big saves' wichtige Punkte sichern können. Aber ich will auch betonen, wie wichtig die Mannschaftsleistung war, man darf nicht vergessen, was die Mannschaft vor mir weggehalten hat. Wir haben als Team einfach in dieser EM-Quali in einer Gruppe mit Frankreich was Geiles abgeliefert, mit dem wir megazufrieden sein können.

Frage: Das direkte EM-Ticket ist noch möglich, rechnen Sie damit?

Zinsberger: Ich beschäftige mich grundsätzlich gar nicht mit möglichen Szenarien. Let it happen, dann ärgere oder freue ich mich.

Frage: Erfreulich war der gute Einstand von Teamchefin Irene Fuhrmann, hat sich unter der neuen Führung viel geändert?

Zinsberger: Uns war klar, dass es kleiner Umbruch wird und eine Umstellung, Irene macht aber einen unglaublichen Job, wir sind megazufrieden. Sie geht auf jeden ein und wir kommunizieren sehr offen miteinander. Schon zuvor hat sie bewiesen, welche Qualitäten und welches Fachwissen sie hat, deshalb sind wir als Mannschaft auch hinter der Entscheidung gestanden und haben gesagt, wir werden es gemeinsam rocken. Und siehe da, es hat gleich sehr gut funktioniert.

Frage: In England spielen Sie mit Arsenal um den Titel mit, wie sehen Sie die Ausgangslage?

Zinsberger: Manchester United spielt eine überragende Saison, dann hast du mit uns, Chelsea und ManCity vier krasse Teams oben. Es ist alles so eng, da kann ich keinen Favoriten nennen. Natürlich möchten wir den Titel, aber das wird kein Zuckerschlecken.

Frage: Wie schätzen Sie die englische Liga im europäischen Vergleich ein?

Zinsberger: Wenn man sich die Dichte bei den Topteams ansieht, finde ich schon, dass wir ein bisschen voraus sind. In Deutschland hast du Bayern und Wolfsburg, in Frankreich Lyon, PSG und Montpellier, in Spanien Barcelona und Atletico, in England sind vorne vier Teams eng beisammen. Deshalb denke ich, dass wir in der Liga mehr gefordert werden. Aufgabe der englischen Teams ist es jetzt, das auch in der Champions League zu zeigen, was nicht so einfach ist.

Frage: Sie waren bei Arsenal Stammkraft, jetzt wurde Ihnen dreimal Lydia Williams vorgezogen. Wie gehen Sie damit um?

Zinsberger: Man muss ganz ehrlich sein und sagen, dass wir zwei richtig gute Torfrauen sind, und jede es verdient, zu spielen. Solange es von Trainerseite eine ehrliche Kommunikation gibt und es sachlich abgeht, habe ich kein Problem damit. Ich bin ein Teamplayer, schlechte Laune zu haben, hilft mir und dem Team nichts. Konkurrenz ist eine gute Sache, das pusht einen noch mehr, härter und noch detaillierter an sich zu arbeiten.

Frage: Wo sehen Sie bei sich noch das größte Steigerungspotenzial?

Zinsberger: Egal ob bei Eckbällen, Flanken oder Freistößen, ich möchte da noch eine bessere Präsenz haben, egal ob es turbulent vor mir ist oder gar nichts los.

Frage: Wie würden Sie sich im europäischen Torfrauen-Vergleich einschätzen?

Zinsberger: Das ist eigentlich überhaupt nicht meines, so etwas einzuschätzen und auch schwer zu sagen. In Europa würde ich mich aber definitiv zu den Top Ten zählen. Wenn es dann spezifischer geht, hat jede ihre Stärken und Schwächen. Dass ich selbst sage, ich bin sicher unter den Top Drei - das bin nicht ich. Ich bin froh, dass solche Bewertungen andere machen.

Frage: 2020 war durch die Coronavirus-Pandemie geprägt, wie war das Jahr für Sie?

Zinsberger: Es war ein sehr kurioses Jahr. Einfach war es nicht, eher mental next level, würde ich sagen. Beim ersten Lockdown habe ich sehr viel versucht, selbst zu reflektieren, ich bin jeden Tag fünf Kilometer laufen gegangen, habe mich gefühlt zum Marathonwunder entwickelt. Ich habe auch versucht, anstatt das Negative zu sehen, neue Interessen zu entwickeln, Yoga, Meditation und alles Mögliche ausprobiert, auch beim Kochen und Backen. Was mir geholfen hat, war, dass ich mir für jeden Tag einen Plan gemacht habe, damit ich eine Struktur habe. Das Schlimmste für uns alle war die Ungewissheit.

Frage: Wie blicken Sie 2021 entgegen?

Zinsberger: Ich glaube, dass wir 2021 noch geduldig sein müssen. Da wird noch ein bisschen was auf uns zukommen, deswegen ist es auch wichtig, dass sich die Menschen an die Regeln der Regierung halten. Und ganz weg wird das Coronavirus nicht gehen, es wird eine Sache sein, mit der wir lernen müssen, umzugehen, wie mit der Grippe.

Frage: Ihr Vertrag läuft im Sommer aus, wie schauen Ihre Planungen aus?

Zinsberger: Ich bin bei einem Topteam, kann mich daher glücklich schätzen und bin auch megazufrieden. Für Vertragsangelegenheiten habe ich einen Berater, damit beschäftige ich mich erst, wenn der auf mich zukommt. Ich bin auch ein Mensch, der im Hier und Jetzt lebt und das beeinflusst, was er beeinflussen kann, nämlich die Leistung. Ich habe noch Vertrag bis Saisonende, bin daher relativ entspannt und gelassen.

Frage: Sie sind seit sechs Jahren im Ausland, mit 25 aber noch recht jung, gibt es ein fixes Ablaufdatum ihrer Karriere?

Zinsberger: Ich bin kein Freund von Vorausplanungen, aber es ist schon so, dass ich um den 30er herum schauen will, bin ich noch glücklich, kann ich den Job noch zu 100 Prozent ausüben.

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