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ÖFB-Teamchefin Fuhrmann sieht England "ein Stück weit vorne"

Irene Fuhrmann spricht vor dem WM-Endspiel über die beiden Finalisten, die Aufstockung der Endrunde, das Abschneiden der Spitzenteams und vieles mehr.

ÖFB-Teamchefin Fuhrmann sieht England Foto: © GEPA

England und Spanien kämpfen am Sonntag (ab 12:00 Uhr im LIVE-Ticker>>>) in Sydney im Finale um den Frauen-WM-Titel.

Einen gespannten Blick auf den Schlager wird auch Österreichs Teamchefin Irene Fuhrmann werfen, die die "Lionesses" in der leichten Favoritenrolle sieht.

Das auch wegen Erfolgsgarantin Sarina Wiegman auf Englands Trainerbank, die zum vierten Mal in Folge in einem "großen" Finale steht. "Das ist schon was Unvergleichbares, was ihr gelungen ist", sagte Fuhrmann.

Fuhrmann sieht England "ein Stück weit vorne"

Die Niederländerin wurde 2017 mit ihrem Heimatland Europameister und stand 2019 im WM-Finale. 2022 folgte mit England der EM-Titel, nun das jetzt schon historische Abschneiden bei der WM. "Ich kann es mir nur so erklären, dass diese Mischung aus fachlicher Kompetenz und auch menschlichem Zugang einfach herausragend ist", meinte Fuhrmann.

Von den letzten zwölf großen Turnieren wurden elf von Teams gewonnen, die eine Trainerin auf der Bank hatten.

Gut möglich, dass diese Bilanz bald ausgebaut wird. "Den Engländerinnen ist es im Turnierverlauf nicht so leicht vom Fuß gegangen. Nach der Vorstellung im Halbfinale würde ich aber sagen, dass ich sie gegenüber Spanien ein Stück weit vorne sehe", sagte die 42-Jährige.

Beide Teams mussten im Vorfeld der WM enger zusammenrücken. Bei den Engländerinnen war es nach den Ausfällen der Stützen Leah Williamson, Beth Mead und Fran Kirby der Fall, bei den Spanierinnen nach einem länger dauernden Machtkampf mit Trainer Jorge Vilda, bei dem sich der Verband hinter den Coach gestellt hatte.

Spanien mit "schönerem Fußball", England "schnörkelloser"

"Hut ab vor dem Verband, dass er dem Druck standgehalten hat. Der Erfolg gibt ihnen recht, eigentlich eine unglaubliche Geschichte", verlautete Fuhrmann. Laut ihr würden die Spanierinnen den schöneren Fußball spielen, "wenn sie auch das Ziel suchen, also effektiv sind".

Dem gegenüber stehe der "schnörkellosere" Fußball der Engländerinnen. Beiden Teams hatte die ÖFB-Teamchefin schon im Vorfeld viel zugetraut, für beide sei der Premierentitel auf WM-Ebene "längst fällig".

Es wird der erste WM-Titel für Europa seit 2007 und der vierte bei der neunten Auflage. Der hatte sich mit acht Europäern im Achtelfinale und drei im Halbfinale abgezeichnet. "Das ist eine coole Sache und zeigt wie stark der Frauenfußball in Europa ist", meinte Fuhrmann.

Daneben hätten aber auch Teams wie Gastgeber Australien und Japan positiv aufgezeigt. Nicht rechnen hätte man zudem mit drei afrikanischen Achtelfinal-Teilnehmern (Südafrika, Nigeria, Marokko) dürfen sowie dem Viertelfinaleinzug von Kolumbien. "Es zeigt, dass alles noch enger zusammengerückt ist."

Das sah man auch in der K.o.-Phase, wo dreimal das Elfmeterschießen - England schaltete da Nigeria im Achtelfinale aus - die Entscheidung brachte. Zudem setzte sich Spanien gegen die Niederlande im Viertelfinale in der Verlängerung durch.

Kantersiege werden weniger, junge Stars spielen sich in den Vordergrund

Die Aufstockung auf 32 Teams wirkte sich nicht negativ aus. Ein 7:0 der Niederlande gegen Vietnam war der höchste Sieg, zweistellige Ergebnisse wie bei vergangenen Turnieren üblich blieben aus. "Das ist ein gutes Zeichen, dass auch in anderen Konföderationen gut gearbeitet wird", so Fuhrmann.

Punktlos blieben nur Vietnam, Panama, Haiti und Costa Rica. Das Ausscheiden dieser Teams war zu erwarten, in die Rubrik negative Überraschungen fielen dafür einige "Größen".

Der zweifache Weltmeister Deutschland schied schon in der Gruppenphase aus wie Brasilien und Olympiasieger Kanada. Die USA folgten als doppelter Titelverteidiger im Achtelfinale. Dadurch endeten auch Teamkarrieren von Frauenfußball-Legenden wie Megan Rapinoe oder Marta vorzeitig.

Auf der anderen Seite rückten junge Akteurinnen wie Salma Paralluelo (Spanien), Vicky Becho (Frankreich), Mary Fowler (Australien) oder Linda Caicedo (Kolumbien) in den Vordergrund. "Da kommen richtige Granaten nach", schwärmte Fuhrmann.

US-Aus? Für Fuhrmann keine Überraschung

Das vorzeitige Aus der USA war für sie keine Überraschung. "Bei ihnen ist es eigentlich seit dem Trainerwechsel im Herbst 2019 nicht rund gelaufen", sagte Fuhrmann. Vlatko Andonovski zog die Konsequenzen, und legte sein Amt am Donnerstag zurück. Zuvor hatte etwa auch Italiens Milena Bertolini ihren Rückzug angekündigt.

Trainerposten sind auch im Frauenfußball immer mehr vom Erfolg abhängig. "Es nimmt jetzt auch im Frauenfußball immer mehr zu, dass, wenn die Ergebnisse nicht passen, reagiert wird. Das war früher nicht so extrem", gab Fuhrmann Einblick.

Sie selbst sitzt fest im Sattel und fiebert dem Start der Nations League im Herbst entgegen, in der WM-Achtelfinalist Norwegen, WM-Viertelfinalist Frankreich und Portugal warten.

Der WM-Debütant scheiterte nur hauchdünn in der Gruppenphase. "Umso mehr tut es weh, dass wir nicht dabei waren, das Potenzial dazu hätten wir gehabt", trauerte Fuhrmann der vergebenen Chance noch einmal nach.


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