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Stefan Hierländer: "Bei Kovac gleich online"

Hierländers Zusammenarbeit mit Kovac. Zufriedenheit als schlechter Ratgeber.

Stefan Hierländer: Foto: © GEPA

Zeit für neue Ziele.

Stefan Hierländer musste einer der Dienstältesten bei Sturm Graz werden, um sich den Traum einer Gruppenphase mit den "Blackies" zu erfüllen.

Am Donnerstag gastieren die Steirer bei der AS Monaco (ab 21 Uhr auf ServusTV oder im ServusTV-Stream oder im LIVE-Ticker mit In-Match-Clips), mit PSV Eindhoven und Real Sociedad warten weitere Kaliber.

Aber genau auf diese Bühne wollte Sturm. Im LAOLA1-Interview erklärt Hierländer, warum man es trotzdem nicht als "Lernspiel" betrachten darf.

Zudem verdeutlicht er, warum bei den Steirern keine Zufriedenheit aufkommt und wie Sturm für ihn vom Sprungbrett zum Herzensverein wurde.

Außerdem gibt er Einblick in seine frühere Zusammenarbeit mit Monaco-Trainer Niko Kovac, dessen Weg als Coach schon damals in Salzburg absehbar gewesen sei.

LAOLA1: Nach dem Einzug in die Gruppenphase der Europa League hast du gemeint, du musst deine Ziele bei Sturm neu definieren. Hast du schon neue Ziele gefunden?

Stefan Hierländer: Man definiert immer neue Ziele. Kurzfristig auf alle Fälle, dass wir uns international gut präsentieren und die Gruppe lange offen gestalten können. Wobei wir natürlich krasser Außenseiter sind. Nichtsdestotrotz wollen wir Österreich und die schwarz-weißen Farben gut vertreten.

"Monaco ist europäische Spitzenmannschaft, die normalerweise in der Champions League hätte spielen sollen, wenn man das Playoff-Spiel gegen Shakhtar Donetsk gesehen hat."

Stefan Hierländer

LAOLA1: Kann die Underdog-Rolle auch helfen?

Hierländer: Es gibt zwar das Sprichwort "Man hat nichts zu verlieren", aber das stimmt so nicht ganz, denn es gibt immer ein Spiel, das man verlieren kann. Trotzdem kann man diese Spiele anders anlegen. Man hat in der Vergangenheit gesehen, dass österreichische Klubs vielleicht auch der Underdog waren, das aber ausgenutzt und sich gut präsentiert haben. So wollen wir es natürlich auch angehen.

LAOLA1: Gibt es Selbstvertrauen, dass eben nicht nur Salzburg, sondern auch andere Bundesligisten wie WAC, LASK oder Rapid international aufzeigen konnten?

Hierländer: Man hat einfach registriert, dass auch als österreichische Mannschaft, die in einer Gruppe Außenseiter ist, einiges drinnen ist. Das hat man zumindest einmal im Hinterkopf und kann immer wieder abrufen, dass vieles möglich ist. Aber es muss natürlich alles top passen. Das hat man auch bei den Spielen der genannten Klubs gesehen. Trotzdem müssen wir einfach der Tatsache ins Auge blicken, dass wir der krasse Außenseiter sind.

LAOLA1: Schon die erste Aufgabe ist attraktiv. Was kommt in Monaco auf euch zu?

Hierländer: Eine europäische Spitzenmannschaft, die normalerweise in der Champions League hätte spielen sollen, wenn man das Playoff-Spiel gegen Shakhtar Donezk gesehen hat. In der Meisterschaft haben sie vielleicht den Start nicht so gut wie erwartet hingelegt, aber mit Niko Kovac haben sie einen sehr guten Trainer sowie durch die Bank Topspieler. Wir müssen versuchen, unsere Bestleistung auf den Platz zu bringen, um etwas mitzunehmen.

Kovac und Hierländer arbeiteten in Salzburg zusammen
Foto: © GEPA

LAOLA1: Gibt es einen Spieler, der besonders heraussticht?

Hierländer: Eines ist bei Monaco besonders auffällig: Sie haben sehr viel Speed. Jeder Spieler ist mit hohem Tempo ausgestattet. Das fängt bei den Innenverteidigern an und hört bei Stürmer Wissam Ben Yedder, der mit 28 noch französischer Nationalspieler geworden ist, auf. Das müssen wir einfach annehmen und mitziehen. Es wird ein hartes Stück Arbeit, aber das ist international eben so.

LAOLA1: Genau da wollte man ja auch hin, davon kann man lernen.

Hierländer: Darum geht’s. Wenn man unseren Kader betrachtet, haben nur weniger Spieler internationale Erfahrung. Man darf es aber auch nicht ein Lernspiel nennen, denn wir müssen uns schnell auf das internationale Spiel adaptieren, also ganz schnell lernen. In Monaco haben wir die erste Möglichkeit dazu. Am besten starten wir gleich mit einer Topleistung ins internationale Geschäft und saugen dabei viel auf.

LAOLA1: Wie sind eigentlich deine Erinnerungen an Niko Kovac aus der gemeinsamen Zeit in Salzburg?

Hierländer: Es war eine längere Phase, in der ich mit ihm zu tun hatte. Als ich 2010 nach Salzburg gekommen bin, war er Trainer der Juniors. Dort habe ich ab und zu ein Aufbauspiel mitgemacht, um Spielpraxis zu sammeln. Wir hatten aber generell immer wieder Kontakt, weil die Juniors damals noch in Taxham stationiert waren und man sich jeden Tag über den Weg gelaufen ist. 2011 hat er dann mit Ricardo Moniz die Kampfmannschaft übernommen. In den folgenden eineinhalb Jahren haben wir sehr intensiv zusammengearbeitet. Er war schon ein großer Spieler, eine Respektsperson, und hat einfach ein gutes Fußball-Denken, das er auch gut rüber bringt. Deswegen ist er auch bei Top-Vereinen gelandet und arbeitet jetzt wieder bei einem Top-Verein. Es wundert mich nicht, dass er so einen Weg hingelegt hat.

"Niko Kovac hat eine super Ansprache und verkauft seine Idee sehr gut. Die Spieler waren gleich online, wenn er etwas gesagt hat. Das ist immer ganz wichtig, dass man die Spieler gleich catcht mit dem, was man sagt."

Stefan Hierländer

LAOLA1: Sein Weg war also damals schon absehbar? In Salzburg waren es ja seine ersten Schritte als Trainer.

Hierländer: Es war absolut absehbar, weil man von Anfang an gemerkt hat: Er hat eine super Ansprache und verkauft seine Idee sehr gut. Die Spieler waren gleich online, wenn er etwas gesagt hat. Das ist immer ganz wichtig, dass man die Spieler gleich catcht mit dem, was man sagt. Sein Weg wundert mich nicht, ich glaube außerdem, dass er auch noch einen guten Weg vor sich hat. Er hat schon einiges geleistet, aber ich glaube nicht, dass er von seinem Denken her in Monaco schon sein Endziel erreicht hat. Er war auch schon bei den Bayern, auch wenn es dort nicht so gelaufen ist. Warum weiß ich nicht, dafür bin ich in Graz zu weit weg, das ist eine andere Fußballbühne (grinst).

LAOLA1: Allerdings auch eine spannende Fußballbühne. In den vergangenen fünf Jahren konnten wir uns sowohl über gute als auch über schlechte Zeiten bei Sturm unterhalten. Aktuell sind es wieder gute Zeiten. Was macht dich zuversichtlich, dass sich die gute Phase diesmal über einen längeren Zeitraum konservieren lässt? Nach dem Cupsieg 2018 ging es ja beispielsweise relativ flott in die falsche Richtung.

Hierländer: Wichtig ist, im Verein ein Denken reinzubringen, dass keine Zufriedenheit aufkommt, sondern dass wir immer wieder weiterdenken und innovative Sachen reinbringen. Da sind wir mit der Aufstellung im Klub auf einem guten Weg. Zufriedenheit ist ein schlechter Ratgeber. Das Ziel muss immer sein, sich nach oben zu orientieren. Das nächste Ziel eines Vereins, der jetzt international dabei ist, ist natürlich, das so oft wie möglich zu wiederholen. Das wird eine große Challenge. Gelingt es, sich auch international zu etablieren, sehe ich Sturm Graz auf einem sehr guten Weg, vielleicht auch den Abstand zu Salzburg zu verkleinern. Denn dieser Unterschied ist aktuell schon ein großer – genauso haben sich Rapid und der LASK etwas erarbeitet, also sehe ich sie mit einem kleinen Vorsprung. Dennoch: Das Denken soll nach oben gehen.

LAOLA1: Wie sehr stehen Geschäftsführer Sport Andreas Schicker und Trainer Christian Ilzer dafür, ein Denken reinzubringen, bei dem Stillstand tabu ist?

Hierländer: Sportdirektor und Trainer sind natürlich absolute Schlüsselfiguren.  Beide arbeiten seit gut einem Jahr mit der Philosophie, immer wieder etwas Neues reinzubringen, innovativ zu sein, sich weiterzuentwickeln. Sie sind für den aktuellen "Erfolg" verantwortlich, haben aber eben genau dieses Denken, die Ziele sehr hoch zu schrauben. Da ergänzen sie sich sehr gut.

LAOLA1: Wie lästig kann Ilzer da im positivsten Sinne des Wortes sein? Man denke an das aktuelle Beispiel Defensivstandards.

Hierländer: Der Trainer ist dafür zuständig, immer wieder Sachen aufzuzeigen und den Finger in die Wunde zu legen. Es darf auch das Gefühl, beispielsweise mit einem Sieg in der Liga zufrieden zu sein, nicht aufkommen, denn es gibt immer wieder etwas zu verbessern. Das Standard-Thema wollen wir nicht zu groß machen, aber natürlich muss der Trainer das ansprechen und da darf er auch lästig sein – das ist seine "Hackn".

LAOLA1: Hast du den Eindruck, dass der Verein inzwischen eine Spur langfristiger denkt und auf mögliche Abgänge besser vorbereitet ist als etwa 2018? Auch diesmal wird man den einen oder anderen Spieler wie Kelvin Yeboah nicht ewig halten können.

Hierländer: Wenn Spieler den Verein verlassen und der Verein dabei finanziell profitiert, gehört das zum Geschäft, wie der Verein wirtschaften will. Es ist aber großes Vertrauen in die Entscheidungsträger da, dass sie den Kader immer wieder so zusammenstellen, dass wir gut aufgestellt sind. Natürlich ist es die große Kunst, gute Spieler auch gut zu ersetzen. Ich denke aber, dass wir in unserer Schaltzentrale Personen haben, die wirklich schon zwei, drei Schritte vordenken.

"Ich muss natürlich ehrlich sein: Als ich damals von RB Leipzig zu Sturm gewechselt bin, war der Gedanke, dass es ein Sprungbrett sein soll. Ich habe dann jedoch schnell gemerkt, es ist ein bisschen mehr, weil mein Herz schön langsam schwarz-weiß geworden ist."

Stefan Hierländer

LAOLA1: Inwiefern hat sich deine Rolle bei Sturm über die Jahre verändert?

Hierländer: Inzwischen bin ich ja schon einer der Dienstältesten bei Sturm. Natürlich verändert man sich als Spieler, man sieht Dinge anders als vor fünf Jahren. Aber die Grundhaltung ist immer noch gleich: Ich will erfolgreich sein und der Mannschaft so gut wie möglich helfen. Dabei ist es wurscht, ob ich eine Schleife um den linken Oberarm habe oder nicht. Das war schon immer mein Zugang. Aber natürlich durchlebt man einen Prozess, in dem man sich persönlich weiterentwickelt und Dinge anders beurteilt als in jüngeren Jahren. Aber das ist auch gut so, dass man sich weiterentwickelt.

LAOLA1: Es wäre legitim, wenn du 2016 gedacht hast, dass nach zwei, drei Jahren Sturm eine neue Herausforderung wartet. Im Nachhinein wurde eine nachhaltige Bindung daraus. Täuscht der Eindruck, oder taugt es dir gerade mehr als je zuvor bei Sturm?

Hierländer: Naja, getaugt hat es mir immer bei Sturm, sonst hätte ich den Vertrag nicht schon zwei Mal verlängert. Aber ich muss natürlich ehrlich sein: Als ich damals von RB Leipzig zu Sturm gewechselt bin, war der Gedanke, dass es ein Sprungbrett sein soll. Ich habe dann jedoch schnell gemerkt, es ist ein bisschen mehr, weil mein Herz schön langsam schwarz-weiß geworden ist angesichts des Drumherums, das es bei einem Verein mit solchen Emotionen gibt. Das passt gut zu meinem Charakter, schließlich bin ich auf dem Spielfeld auch ein wenig emotionaler. Deshalb habe ich es nach einiger Zeit nicht mehr als Sprungbrett gesehen, sondern als Klub, mit dem ich unbedingt international dabei sein möchte. Es war mein Ziel, das zu schaffen, und das habe ich auch so kommuniziert. Es hat jetzt eben ein bisschen länger gedauert mit der Gruppenphase.

LAOLA1: Umso schöner, wenn man nun neue Ziele definieren konnte.

Hierländer: Genau, dann bleibt man nicht stehen, und dass es dieses Denken auch im Verein gibt, finde ich sehr cool. Ich bin sehr froh, dass ich jetzt schon so lange bei Sturm bin, habe aber auch mit meinen 30 Jahren sicher noch Potenzial. Man weiß ja nie, vielleicht werden es noch ein paar Jahre mehr bei Sturm Graz. Aber jetzt habe ich meinen Vertrag erst bis 2023 verlängert – nun ist es wichtig, einmal diese Periode gut zu spielen.

VIDEO - Das perfekte erste Jahr von Niko Kovac in Monaco:


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