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Salzburg? Roger Schmidts "fantastische Zeit"

Was Sturm so stark macht. Was Mwene und Zahavi ausmacht. Roger Schmidt klärt auf:

Salzburg? Roger Schmidts Foto: © GEPA

"Ich freue mich das erste Mal seit sieben Jahren wieder zu einem Pflichtspiel in Österreich zu sein", meint Roger Schmidt.

Dass es sich dabei um mehr als eine Floskel handelt, darf man ihm durchaus glauben.

Denn genauso wie sein Engagement beim FC Red Bull Salzburg von 2012 bis 2014 seine eigene Trainer-Karriere positiv beeinflusst hat, lässt sich Schmidts Einfluss auf die Entwicklung der "Bullen" und in der Folge auch jene anderer Bundesligisten nicht leugnen.

"Die zwei Jahre bei Red Bull Salzburg waren für mich eine fantastische Zeit, in Österreich zu arbeiten hat sehr viel Spaß gemacht. Ich habe sehr viel Verbindung, auch emotionale. Deshalb freue ich mich, hier zu sein. Aber so richtig freuen kann ich mich natürlich nur, wenn wir das Spiel gewinnen", grinst der Deutsche.

Schmidt ist bekanntlich nicht in Graz, um in Erinnerungen zu schwelgen, sondern um sich als Coach von PSV Eindhoven in der Gruppenphase der Europa League mit Sturm Graz zu messen (18:45 Uhr im LIVE-Ticker).

Aber ein wenig Rückblick auf Salzburg muss neben dem Ausblick auf Sturm natürlich sein. Noch dazu, wo seine Salzburger Bundesliga-Karriere einst im Sommer 2012 in Graz begann.

Bundesliga-Einstand in Graz gegen Hyballa

Am 21. Juli 2012 duellierten sich in der 1. Runde der Saison 2012/13 zwei Charismatiker aus Deutschland in Liebenau - Peter Hyballa feierte seinen Liga-Einstand mit Sturm, Schmidt jenen mit RBS.

"Wir haben 2:0 gewonnen, wenn ich mich richtig erinnere. Klar, dass Jonatan Soriano beide Tore gemacht hat", schmunzelt Schmidt neun Jahre später.

Folgende Startelf schickte Schmidt damals vier Tage nach der 0:1-Pleite in Düdelingen aufs Feld. Mit Jakob Jantscher und Stefan Hierländer kreuzten zwei Sturm-Stars mit ihrem heutigen Arbeitgeber die Klingen:

Als Sekagya helfen musste

Sturm begann übrigens mit folgender Formation: Gratzei - Ehrenreich, Vujadinovic, Madl, Klem - Säumel - Weber, Bodul, Bukva - Sukuta-Pasu, Szabics

Salzburg führte bereits nach 22 Minuten 2:0, musste jedoch in Minute 55 eine Gelb-Rote Karte für Stefan Ilsanker hinnehmen. 

"Gegen Sturm waren es immer enge Spiele, auch dieses war nicht so einfach und bis zum Schluss spannend. Ich kann mich noch erinnern, dass ich Ibrahim Sekagya eingewechselt und ihm gesagt habe, er soll die drei Punkte nach Hause bringen. Das hat er gemacht."

Es sollten bis zum Double-Gewinn 2014 noch viele Punkte folgen, auch gegen Sturm (Schmidt-Bilanz: 5 Siege, 2 Remis, 1 Niederlage). Während sich Hyballa bei den "Blackies" nicht nachhaltig etablieren konnte, tat Schmidt dies in Salzburg sehr wohl, wenngleich er im Rückblick der letzte Salzburger Coach ist, der nicht den Meistertitel einfahren konnte. Trotz starker Saison 2012/13 krönte sich letztlich Austria Wien unter Peter Stöger zum Meister.

Lobeshymne auf die Salzburger Entwicklung

Was bleibt, ist jedoch, dass mit Ralf Rangnick als Sportchef und Schmidt als Trainer die Basis für jene Spielphilosophie und Red-Bull-DNA gelegt wurde, die Salzburg heute noch auszeichnet. Ob es ihn stolz mache, dass dieser Weg unter seiner Anleitung begonnen habe?

"Es gibt in Europa kaum einen weiteren Verein, der so eine stetige Entwicklung genommen hat wie Red Bull Salzburg, der eben die Idee des Fußballs so in den Mittelpunkt stellt, der in der Ausbildung immer wieder Spieler aus dem eigenen Jugendbereich generiert, die mit 18 dann schon fertig sind, um in der ersten Mannschaft zu spielen."

Roger Schmidt

"Stolz nicht, aber ich bin schon sehr glücklich, da am Anfang dabei gewesen zu sein. Am Anfang war es ja auch nicht so einfach, da hatten wir ein paar Schwierigkeiten. Aber wenn man sieht, was sich daraus entwickelt hat... Natürlich ist federführend Ralf Rangnick zu nennen, weil er im Umfeld sehr viel professionalisiert hat - nicht nur in Salzburg, sondern für den Red-Bull-Fußball insgesamt."

Als "erstaunlich" bezeichnet der 54-Jährige die weitere Entwicklung: "Es gibt in Europa kaum einen weiteren Verein, der so eine stetige Entwicklung genommen hat wie Red Bull Salzburg, der eben die Idee des Fußballs so in den Mittelpunkt stellt, der in der Ausbildung immer wieder Spieler aus dem eigenen Jugendbereich generiert, die mit 18 dann schon fertig sind, um in der ersten Mannschaft zu spielen. Egal, wen sie verkaufen, es kommt immer irgendeiner nach. Ich denke sehr gerne zurück und kann mich natürlich auch erinnern, dass viele Dinge damals neu waren, die heute trotzdem immer noch zu sehen sind."

Kontakt in die Mozartstadt besteht noch, vor allem zu Sportchef Christoph Freund. "Egal ob Spieler oder Trainer den Verein verlassen, die Konstanz ist Christoph Freund mit seinem Stab, die führen das immer fort. Eine herausragende Leistung, die sie in Salzburg vollbringen", lobt Schmidt.

Jantscher und Hierländer sind "gereift"

Wobei: Salzburg war gestern, aktuell zählt Sturm. "Es ist keine Pressekonferenz über Red Bull Salzburg", schmunzelt Schmidt und erinnert an die derzeit zweite Kraft in Österreich:

"Sturm Graz entwickelt sich im Moment super. Wenn man die letzte Saison beobachtet und auch, wie sie jetzt die Saison begonnen haben, ist der Verein auf einem sehr guten Weg. Ich kenne ja die Verhältnisse in Österreich mit Rapid und Austria. Wenn man sich gegen diese Vereine durchsetzt, ist das ein klarer Beweis für die Stärke und Entwicklung des Vereins."

Schmidt beim Abschlusstraining in Graz
Foto: © GEPA

Dass er Sturm aus seiner Salzburg-Zeit her kennt, sei jedoch kein Vorteil, weil seither eben sieben Jahre vergangen sind:

"Aber Jakob Jantscher und Stefan Hierländer waren meine Spieler bei Red Bull Salzburg. Ich freue mich, sie wiederzusehen. Sie sind gereift, beide sind Schlüsselspieler für Sturm Graz. Dass Sturm sich zur Nummer zwei in Österreich entwickelt hat, ist kein Zufall. Sie haben einen guten Trainer mit einer klaren Idee, wie er spielen möchte. Die Mannschaft setzt das sehr geschlossen und konzentriert um. Es ist kein Vorteil, dass ich schon einmal hier war - höchstens vielleicht, dass ich weiß, dass die Atmosphäre im Stadion sehr gut sein wird."

PSV und Sturm am ähnlichsten

Das Lob für Christian Ilzer kommt wohl nicht von ungefähr. Der aggressive Spielstil, wie ihn Schmidt damals in Salzburg eingeführt hat, hat inzwischen - auch in Abwandlungen - diverse Nachahmer gefunden. Auch in Österreich. Dass er so gesehen ein Wegbereiter gewesen ist, der seine Spuren in Österreich hinterlassen hat, sei jedoch "zu viel des Guten":

"Der Fußball hat sich insgesamt in diese Richtung entwickelt - nicht immer und auch nicht in allen Vereinen und Ligen. Aber es gibt immer Vereine, die versuchen, über diese intensive Spielweise mit schnellen Umschaltmomenten erfolgreich zu sein. Wenn man das verfolgt und daran glaubt, sieht man eben jetzt auch bei Sturm Graz, was man erreichen kann. Sie wissen ja, dass ich diese Spielweise sehr schätze und bevorzuge. Ich denke aber, dass diese Entwicklung nicht unbedingt an mir liegt."

Dass in der Gruppe mit Monaco und Real Sociedad jedoch PSV und Sturm jene beiden Teams mit dem ähnlichsten Fußball sind, unterschreibt der Coach der Niederländer:

"Das ist sicherlich so. Beide Mannschaften sind an einem sehr aktiven Spiel interessiert und spielen mit hoher Intensität, mit Umschaltmomenten, mit hohem Pressing. Auch Monaco und San Sebastian können und machen das, aber vielleicht nicht ganz so in der Intensität wie Sturm das macht."

Gruppe ist wegen Sturm so schwer

"Die Gruppe ist nicht deshalb schwer, weil San Sebastian und Monaco in der Gruppe sind, sondern die Gruppe ist schwer, weil Sturm Graz in der Gruppe ist."

Roger Schmidt

Entsprechend belehrt Schmidt auch niederländische Journalisten, die voll auf einen Pflichtsieg in Graz eingestellt sind.

"Die Gruppe ist nicht deshalb schwer, weil San Sebastian und Monaco in der Gruppe sind, sondern die Gruppe ist schwer, weil Sturm Graz in der Gruppe ist. Es wird für alle Mannschaften eine Herausforderung, sich durchzusetzen und einen der ersten beiden Plätze zu belegen. Es sind nur sechs Spiele, da kann man nicht viel reparieren. Wir haben gegen San Sebastian zu Hause auch ein bisschen unglücklich nur Unentschieden gespielt. Ich glaube nicht, dass wir hier gewinnen müssen, aber wir wollen natürlich gewinnen. Wir stellen uns aber auf eine schwierige Aufgabe ein", so Schmidt.

Den Einwand, dass viele Menschen Sturm in dieser Gruppe klar als Nummer vier einreihen würden, kontert der Deutsche wiefolgt:

"Was viele Menschen machen, ist ja egal. Ich glaube, dass die Mannschaften alle sehr unterschiedlich sind. Natürlich ist Sturm Graz jene Mannschaft, die am wenigsten Budget zur Verfügung hat. Das ist klar, das ist so. Wir sind die, die am zweitwenigsten Budget haben. Dann kommen irgendwann San Sebastian und Monaco. Das sind die Mannschaften, die am meisten Geld haben, und meistens ist das dann auch ein Vorteil. Aber wenn man die Leistungsfähigkeit der Mannschaften sieht und bedenkt, dass Sturm Graz zu Hause spielt, ist das hier kein einfaches Spiel."

Mwene? "Ein herausragender Außenverteidiger"

Schmidt ist bekanntlich nicht der einzige Akteur aus dem PSV-Lager mit Österreich-Connections. Frisch aus Salzburg nach Eindhoven gewechselt ist etwa Andre Ramalho.

"Er hat mir erzählt, dass er in diesem Kalenderjahr schon vier Mal gegen Sturm gespielt hat und sich noch erinnern kann, dass das sehr anstrengende und schwierige Spiele waren", meint Schmidt.

Für Schmidt passt Mwene ideal zu seiner Spielweise
Foto: © GEPA

Mit Phillipp Mwene hat der Coach im Sommer einen ÖFB-Legionär aus Mainz verpflichtet. Mit der Entwicklung des Wieners zeigt sich Schmidt sehr zufrieden:

"Ich finde, dass Phillipp ein herausragender Außenverteidiger ist, der insbesondere für diese Spielweise sehr gut passt. Er ist sehr mutig, kann sehr intensiv spielen, ist also läuferisch und physisch top, auch was die vielen Sprints angeht. Im Offensivspiel ist er sehr gut, hinterläuft ständig, hat eine gute Flanke. Im letzten halben Jahr in Mainz war er nach einer langen, schwierigen Phase auf einmal da und hat mit dafür gesorgt, dass Mainz eine sehr gute Rückrunde gespielt hat. Deshalb bin ich froh, dass wir ihn für uns gewinnen konnten. Bislang hat er fast alle Spiele gemacht, auch international. Ich freue mich für ihn, er ist ein wichtiger Bestandteil."

Das zeichnet Zahavi aus

Ein wichtiger PSV-Bestandteil ist auch Eran Zahavi. Dass der Israeli aus Nationalteam-Gründen in Österreich Albträume verursacht, kostet Schmidt wohlwissend einen Lacher. Was den Routinier am meisten auszeichnet?

"Er kann Tore schießen. Er hat einfach ein sehr gutes Gespür, im torgefährlichen Bereich im richtigen Zeitpunkt in der richtigen Position zu sein. Dann hat er natürlich die Klasse, mit einem Kontakt oder seiner hervorragenden Schusstechnik aus wenig sehr viel zu machen. Wenn er erst mal den Ball liegen hat, wird es gefährlich."

"Zahavi schießt Tore. Immer. Egal wo. In der Nationalmannschaft und im Verein. Das ist einfach ein Qualitätsmerkmal."

Roger Schmidt

Eine Einschätzung, der beim ÖFB-Team Franco Foda abwärts wohl niemand widersprechen wird. Schmidt lotste den Stürmer 2020 aus China in die Niederlande, wollte ihn aber eigentlich schon früher verpflichten:

"Als wir beide in China waren, war er nicht mein Spieler, aber ich habe schon damals versucht, ihn zu unserem Verein in Beijing zu holen. Er schießt Tore. Immer. Egal wo. In der Nationalmannschaft und im Verein. Das ist einfach ein Qualitätsmerkmal."

"...sonst werden wir keine drei Punkte holen"

Aus rot-weiß-roter Sicht darf sich Zahavi diesmal gerne zurückhalten. Aber um vor das Sturm-Tor zu kommen, gilt es zuvor ohnehin einmal die bekannten Schmidt-Tugenden abzurufen:

"Ich weiß, dass wir gegen Sturm fußballerisch, läuferisch und kämpferisch eine Topleistung brauchen. Ansonsten werden wir keine drei Punkte holen."

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