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Warum Ilsanker gegen Portugal spielen sollte

Taktik-Vorschau: Wie Österreich die Portugiesen knackt.

Warum Ilsanker gegen Portugal spielen sollte

Cristiano Ronaldo war nach Portugals 1:1 gegen Island mächtig sauer.

„Sie haben gar nicht versucht zu spielen, sondern nur verteidigt. Das zeugt von schwacher Mentalität“, ätzte der Real-Star.

Wem es gelingt, Ronaldo derart auf die Nerven zu gehen, muss einiges richtig gemacht haben. Österreich kann sich für das Duell mit Portugal also ein paar Aspekte von den Isländern abschauen.

Neues System

Unter Fernando Santos, der vor vier Jahren noch Griechenland ins Viertelfinale führte, setzen die Portugiesen seit einigen Monaten auf ein neues System. Statt dem in Portugal weit verbreiteten 4-3-3 führte der Teamchef ein 4-4-2 ein.

Damit entledigte sich Santos, der Ende der 1990er-Jahre beim FC Porto mit ÖFB-Konditionscoach Roger Spry zusammenarbeitete, gleich zweier taktischer Probleme: Einerseits steht dem 61-Jährigen für das 4-3-3 sowieso kein geeigneter Mittelstürmer zur Verfügung, andererseits fallen damit Ronaldos defensive Nachlässigkeiten weniger ins Gewicht.

VIDEO: Die LAOLA1-Dreierkette diskutiert, wie man Portugal stoppen kann

 

Das Ronaldo-Problem

Die lebende Fußball-Legende liebt es, an der Mittellinie auf Konterangriffe zu spekulieren. Damit hat er in seiner Karriere schon etliche Tore erzielt. In der Vergangenheit machte sich Portugal dadurch jedoch über Ronaldos Seite besonders angreifbar.

Also fand Santos für seinen Kapitän eine neue Position. Im neuen 4-4-2-System agiert Ronaldo vor einem kompakten Block aus zwei Viererketten gemeinsam mit seinem langjährigen Weggefährten Nani im Angriff.

Dort hat der Superstar alle Freiheiten der Welt. Gerne lässt er sich auf den Flügel oder nach hinten fallen. Damit nimmt er im Spiel der Portugiesen eine noch zentralere Rolle ein.

Warum Ilsanker spielen muss

Den Isländern gelang es jedoch relativ gut, den Real-Profi ruhig zu halten. Abwehr und Mittelfeld standen eng beisammen, so ließen sie Ronaldo im Zwischenlinienraum kaum Platz für Dribblings.

Österreich muss gegen den dreifachen Weltfußballer ähnlich agieren. Das heißt auch, nach der schlechten Abwehrarbeit im Auftaktspiel muss eine gewaltige Leistungssteigerung her. Marcel Koller gibt die Marschroute vor: „Wir müssen in der Defensive kompakter spielen. Die Linien haben zu viel Raum gelassen.“

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Um für mehr Stabilität zu sorgen, könnte der Teamchef Stefan Ilsanker anstatt des verletzten Zlatko Junuzovic in der Startelf bringen. Der Leipziger wäre an der Seite von Julian Baumgartlinger eine gute Waffe, um die rotierenden, portugiesischen Offensiv-Künstler in den Griff zu bekommen. Spielerische Akzente wird der Ex-Salzburger, der in puncto Kreativität und Passsicherheit seine Schwächen hat, sowieso kaum setzen müssen.

Underdog-Rolle als Chance

Denn gegen Portugal wartet ein ganz anderes Spiel als gegen Ungarn. Damals wurde Österreich zum haushohen Favoriten erkoren. Nun sind die Rollen vertauscht. Das ÖFB-Team ist der Underdog. Darin liegt die große Chance für David Alaba und Co.

Die portugiesische Star-Offensive kommt am besten zur Geltung, wenn sie Platz zum Kontern hat. Österreich wäre also gut beraten, dem Gegner mehr Ballbesitz zu überlassen und selbst auf eine defensivere Spielweise zu setzen.

Per Mittelfeld-Pressing könnten die Angriffe auf die Außenverteidiger geleitet werden. Im Optimalfall erfolgen dort der Ballgewinn und die Initiierung des Gegenangriffes. Diese Strategie hat schon vor einem Jahr auswärts in Moskau gut geklappt.

Mit Zlatko Junuzovic muss das ÖFB-Team diesmal jedoch auf seinen Pressing-Maestro verzichten. David Alaba sollte jedoch die taktischen Fähigkeiten mitbringen, um diese Rolle ebenso gut auszufüllen. Auch dies spricht für die Variante mit Ilsanker als Sechser und dem Bayern-Star davor.

Stürmer als erste Verteidiger

Alles in allem würde Österreich auf diese Weise ähnlich wie die Isländer antreten. Das ÖFB-Team sollte jedoch aus den Fehlern der Nordeuropäer lernen. Denn das Remis war für den Außenseiter durchaus schmeichelhaft. Portugal erarbeitete sich vor allem über die Flügel immer wieder Chancen.

Dies zeigte sich nicht zuletzt bei der Entstehungsgeschichte zum 1:0 durch Nani. Andre Gomes rückte von links leicht nach innen in den Halbraum, war dadurch für Pepe anspielbar und nach einem Doppelpass mit Außenverteidiger Vieirinha lieferte er mit einer Hereingabe den Assist zur Führung.

Das ÖFB-Team muss darauf achten, diese Angriffe schon im Keim zu ersticken. Dabei sind die beiden vordersten Pressing-Spieler – wahrscheinlich Alaba und Marc Janko – gefordert, die Passwege in Richtung der Halbräume zwischen Flügelspieler und Sechser zuzustellen. Vor allem Pepe und Joao Moutinho versuchen auf diese Weise immer wieder, die Offensiv-Kräfte zwischen den beiden Viererketten des Gegners zu finden.

Achtung vor Quaresma

Acht geben sollte Österreich zudem auf Ricardo Quaresma. Der Besiktas-Dribbler glänzte in der Vorbereitung auf die EM, kam gegen Island aber nur von der Bank aus zum Einsatz.

In den 15 Minuten nach seiner Einwechslung brillierte er mit dem einen oder anderen Gustostückerl. Deswegen erwarten ihn viele Experten gegen Österreich in der Startelf. Im Gegensatz zu Joao Mario und Andre Gomes positioniert sich der ehemalige Porto- und Inter-Profi relativ breit, um anschließend mit Dribblings oder Flanken für Gefahr zu sorgen.

Auf die österreichische Defensive kommt gegen Portugal also viel Arbeit zu. Nach den teilweise desolaten Auftritten in den letzten Spielen müssen sich die ÖFB-Spieler wieder auf die Basics besinnen: Hinten kompakt verteidigen und vorne über schnelle Konter den Abschluss suchen.

Das ist diesmal der Schlüssel zum Erfolg.

Jakob Faber

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