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Warren Zaire-Emery: Der erwachsenste 17-Jährige

Das PSG-Supertalent wird am Mittwoch zum ersten Spieler überhaupt avancieren, der an seinem 17. Geburtstag Champions League spielt. Der Franzose im Portrait:

Warren Zaire-Emery: Der erwachsenste 17-Jährige Foto: © getty

Wer kann sich noch an seinen 17. Geburtstag erinnern?

Einige werden diesen nach einer Party-Nacht verkatert verbracht haben, andere eventuell in der Schule und manche (so wie der Autor dieser Zeilen) beides gleichzeitig.

Davon, dass jemand, der diesen Artikel liest, an seinem 17. Ehrentag ein Champions-League-Spiel bestritten hat, ist eher nicht auszugehen. Genauer gesagt hat dieses Kunststück nämlich noch überhaupt kein Mensch auf diesem Planeten vollbracht.

Am heutigen Mittwoch wird sich das ändern. Warren Zaire-Emery, seines Zeichens jüngster Spieler von Paris Saint-Germain aller Zeiten, feiert am heutigen 8. März 2023 nämlich seinen 17. Geburtstag und hat gleichzeitig den Champions-League-Achtelfinal-Kracher gegen den FC Bayern München vor der Brust.

Der defensive Mittelfeldspieler hat sich trotz seines blutjungen Alters in den vergangenen Wochen ganz nahe an die Startelf des französischen Starensembles herangekämpft, stand bereits beim Hinspiel gegen die Bayern in der Startelf und wird am Mittwoch (ab 21 Uhr im LIVE-Ticker) wohl zumindest einen Jokereinsatz als Geburtstagspräsent von Coach Christophe Galtier bekommen.

Kaum ein Pariser Eigenbauspieler setzt sich bei PSG durch

Dass Zaire-Emery schon so früh in seiner Profikarriere so viele Einsatzminuten (in der Saison 2022/23 waren es bereits 567) beim Ligue-1-Tabellenführer bekommt, ist auch deshalb so erstaunlich, weil Pariser Eigenbauspieler eigentlich seit jeher einen schweren Stand im eigenen Verein haben.

Zwar gilt die PSG-Akademie als eine der besten weltweit, was zahlreiche Weltklasse-Alumni wie Kingsley Coman, Christopher Nkunku oder auch Ferland Mendy beweisen, doch kaum ein Jugendspieler setzt sich in Paris durch. Teils fehlt den Pariser Verantwortlichen die Geduld mit ihren Top-Talenten, teils schlicht die Weitsicht.

Daher kommt es nicht von irgendwo, dass nur zwei der aktuell 25 wertvollsten PSG-Akademie-Absolventen momentan auch beim Hauptstadtklub unter Vertrag stehen und der Rest zumeist für einen Bruchteil des aktuellen Marktwerts an andere Vereine abgegeben wurde.

Die 25 wertvollsten ehemaligen Pariser Akademiespieler in der Übersicht (laut transfermarkt.at):

Name Aktueller Verein Aktueller Marktwert
Christopher Nkunku RB Leipzig 80 Mio. Euro
Kingsley Coman Bayern München 60 Mio. Euro
Moussa Diaby Bayer Leverkusen 50 Mio. Euro
Presnel Kimpembe PARIS SAINT-GERMAIN 40 Mio. Euro
Ferland Mendy Real Madrid 40 Mio. Euro
Mike Maignan AC Milan 35 Mio. Euro
Arnaud Kalimuendo Stade Rennes 25 Mio. Euro
Boubakary Soumare Leicester City 25 Mio. Euro
Matteo Guendouzi Olympique Marseille 25 Mio. Euro
Adrien Rabiot Juventus Turin 25 Mio. Euro
Moussa Dembele Olympique Lyon 18 Mio. Euro
Xavi Simons PSV Eindhoven 18 Mio. Euro
Odsonne Edouard Crystal Palace 17 Mio. Euro
Jonathan Ikone Fiorentina 16 Mio. Euro
Momo Cho Real Sociedad 15 Mio. Euro
Timothy Weah OSC Lille 12 Mio. Euro
Sekou Mara FC Southampton 12 Mio. Euro
Yacine Adli AC Milan 9 Mio. Euro
Tanguy Nianzou FC Sevilla 9 Mio. Euro
Stanley Nsoki TSG Hoffenheim 8,5 Mio. Euro
Alphonso Areola West Ham United 8 Mio. Euro
Junior Dina Ebimbe Eintracht Frankfurt 7,5 Mio. Euro
Warren Zaire-Emery PARIS SAINT-GERMAIN 6 Mio. Euro
Georges-Kevin N'Koudou Besiktas Istanbul 5,5 Mio. Euro
Wilson Odobert ESTAC Troyes 5 Mio. Euro

Coach Galtier: "Warren ist überraschend erwachsen"

Dass Zaire-Emery aktuell auf dem besten Wege ist, sich im mit fast ausschließlich Superstars besetzten PSG-Kader festzuspielen, liegt neben dem momentanen Umdenken in der PSG-Führung, was den Einbau von Eigenbauspielern angeht, vor allem an der Reife des Teenagers. Diese hebt ihn von vielen seiner ähnlich talentierten Vorgänger, die allesamt den Durchbruch in Frankreichs Hauptstadt verpasst haben, ab.

"Warren ist überraschend erwachsen und klarsichtig", strich etwa Christophe Galtier den damals 16-Jährigen im vergangenen Juli nach einem Testspiel gegen die Urawa Reds hervor - und der PSG-Coach ist nur einer von vielen Fachleuten, die eine solche Meinung vertreten.

Diese Reife sowohl am als auch abseits des Platzes kommt nicht von irgendwo, sondern rührt vor allem da her, dass Zaire-Emery, der in der U8 in den Pariser Nachwuchs einstieg, stets Jahrgänge übersprang und meist zwei oder noch mehr Jahre jünger als seine Mit- und Gegenspieler war. Schon früh in seiner Karriere machte sich bemerkbar, dass der im Pariser Vorort Montreuil geborene Franzose die richtige Einstellung zum Profifußball besitzt.

"Wenn man Spieler mit großem Potenzial hat, wissen sie oft nicht, wie sie ihre Qualitäten nutzen können und treffen nicht die richtigen Entscheidungen. Sie haben nicht diese Reife. Er hatte für sein Alter ein unglaubliches Spielverständnis und eine unglaubliche Analyse. Er spielte die ganze Zeit über sehr fair. Das hat alle Erzieher im Verein beeindruckt", verrät Zaire-Emerys U11-Trainer Abdou Fall gegenüber "RMC Sport".

Vater Emery: "Für mich ist er kein Mbappe"

Dass der oftmals etwas schüchtern wirkende Youngster den nötigen Respekt vor dem Spiel, seinen Gegnern aber auch den Offiziellen mitbringt, dürfte daraus resultieren, dass ihm dieser von seinem Vater Franck Emery eingebläut wurde.

Der 45-Jährige, einst selbst (ein eher unerfolgreicher) Profi und nicht mit Ex-PSG-Coach Unai Emery verwandt, war der erste Trainer seines Sohns und ist noch heute seine engste Bezugsperson. Auch wenn Emery senior oftmals selbst von der Entwicklung seines Sohnemanns verblüfft ist, versucht er ihn stets auf dem Boden zu halten, verrät er gegenüber der "L'Equipe".

"Es stimmt, ich fand ihn schon gut, als er jung war, aber für mich ist er kein Mbappe", so Papa Emery.

CR7-Berater riss sich Zaire-Emery unter den Nagel

Tatsächlich hat der 17-jährige zentrale Mittelfeldspieler mit dem Pariser Sturm-Superstar wenig gemeinsam. Während Mbappe über seine Explosivität und Torgefahr kommt, zeichnen Zaire-Emery vor allem modernes Antizipationsvermögen, gutes Positionsspiel und eine hohe Passgenauigkeit aus. Von seiner Vergangenheit als Flügelspieler ist zudem eine hohe Grundgeschwindigkeit sowie eine ausgereifte Technik hängen geblieben.

"Ich habe erst begonnen, auf meiner aktuellen Position zu spielen, als ich zu PSG kam. Vorher war ich eher am Flügel zuhause und habe gerne gedribbelt. Jetzt, in der Zentrale, nehme ich viel Verantwortung ein, weil ich derjenige bin, der Verteidigung und Angriff verbindet", erklärt Zaire-Emery "Radio France" sein Verständnis von seiner Position.

Was Zaire-Emery und Mbappe aber eint, ist - auch wenn Emery senior das womöglich anders sieht - ihr Potenzial zur Weltklasse. Dieses wurde auch bereits von Jorge Mendes, seines Zeichens Berater von Cristiano Ronaldo, erkannt, der im März des Vorjahres höchstpersönlich der Familie des damals seit Kurzem 16-Jährigen einen Besuch abstatte, um Zaire-Emery - schlussendlich erfolgreich - in seiner Agentur "Polaris Sport" unterzubringen.

Frankreichs U17-Coach: "Er hat das Spiel eines Erwachsenen"

Damals kickte der Franzose, der mütterlicherseits martiniquinische Wurzeln vorweisen kann, noch in der Youth-League-Mannschaft von PSG, mit welcher er im Viertelfinale der U19 des FC Salzburg unterlag. Unter Galtier-Vorgänger Mauro Pochettino durfte Zaire-Emery bereits immer wieder mit den Pariser Profis mittrainieren, sein absoluter Durchbruch folgte aber erst im Sommer 2022.

Bei der U17-Europameisterschaft in Israel stand er als ein Jahr jüngerer Spieler in allen sechs Partien der "Equipe Tricolore" auf dem Feld, führte seine Franzosen zum EM-Titel und galt daraufhin neben Mathys Tel (aktuell Bayern) als die große Entdeckung des Turniers.

"Er hat bereits das Spiel eines Erwachsenen. Er hat ein unglaubliches Spielverständnis, einen Sinn für Pässe, ein Verständnis für Rhythmus", schwärmte Frankreichs U17-Teamchef Jose Alcocer nach der EM gegenüber "L'Equipe". 

Auch der PSG-Führung blieben Zaire-Emerys Leistungen in Israel freilich nicht verborgen, weshalb ihm unmittelbar nach dem Jugendturnier ein bis 2025 datierter Profivertrag (Spieler unter 18 Jahren dürfen maximal Dreijahresverträge unterschreiben) vorgelegt und er mit zur Sommer-Vorbereitungstour nach Japan genommen wurde.

Zaire-Emerys erstes Tor für PSG im VIDEO:

Zaire-Emery: "Ich habe keinen Stress auf dem Platz"

Seither ist Zaire-Emery nicht mehr aus dem Pariser Kader wegzudenken. Bereits am ersten Ligue-1-Spieltag war dem eher defensiv ausgerichteten Mittelfeldmann, der aber auch eine gewisse Torgefahr mitbringt, ein Kurzeinsatz vergönnt, womit er zum jüngsten PSG-Spieler aller Zeiten avancierte. Seit Saisonbeginn kamen 17 weitere Einsätze hinzu, fünf davon in der Startelf.

Ob Zaire-Emery angesichts seines jungen Alters und dieses steilen Aufstiegs hin und wieder etwas schummrig wird?

"Am Anfang war es stressig, aber dann beginnt man, sich daran zu gewöhnen. Ich bin es gewohnt zu spielen, ich kenne meine Fähigkeiten, also ist es okay, ich habe keinen Stress auf dem Platz", entgegnet der 2006er-Jahrgang gegenüber dem PSG-Videoformat "MadeInParis" auch dieser Frage mit der nötigen Reife.

Diese Reife könnte Zaire-Emery in seiner Karriere noch sehr weit bringen. Bereits am heutigen Mittwoch könnte der Rechtsfuß einen weiteren Meilenstein in seiner erst kurzen Profi-Laufbahn verbuchen. Die Bayern in einem Champions-League-Achtelfinale zu eliminieren und gleichzeitig seinen 17. Geburtstag zu feiern, wäre eine Errungenschaft, die ihm wohl so schnell niemand nachmachen kann...

Die besten Szenen von Warren Zaire-Emery im PSG-Dress bisher im VIDEO:

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