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Hütter warnte Bickel vor Rapid

SCR-Sportdirektor Fredy Bickel äußert sich zu den turbulenten letzten Wochen.

Hütter warnte Bickel vor Rapid Foto: © getty

Der SK Rapid Wien erweist sich für Sportdirektor Fredy Bickel als eine "Mammutaufgabe".

Seit Dezember 2016 ist er nun schon im Amt und arbeitet mit Didi Kühbauer bereits mit seinem dritten Trainer zusammen. In einem Interview mit dem "Sportmagazin" spricht er offen darüber, dass er das Projekt "Rapid" unterschätzt hat: "Sie können auch sagen, dass ich überheblich und naiv war."

Noch vor seiner Bestellung soll er sich Rat vom derzeitigen Eintracht-Frankfurt-Coach Adi Hütter geholt haben, welcher meinte: "Wenn du Rapid überstehst, überstehst du alles."

 

 

Volle Rückendeckung vom Präsidium

Fredy Bickel hat nach der Entlassung von Goran Djuricin Ende September und der Verpflichtung von Didi Kühbauer alle Hände voll zu tun gehabt. Für Bickel war die sportliche Lage der Grund für die Trennung.

Doch auch das menschliche Drama rund um Goran Djuricin hat bei ihm Spuren hinterlassen: "Es fährt dir schon ein, wie mit Menschen umgegangen wird. Da geht es gar nicht darum, wie ich zu Gogo stand oder ob er Rapid-Trainer war. Was sich Menschen heute erlauben, entspricht nicht meinen Wertvorstellungen."

Trotz harten Zeiten mit Djuricin im Amt hatte Bickel nie das Gefühl alleine dazustehen, wenn es darum ging, den damaligen Trainer zu verteidigen: "Ich hatte immer die volle  Rückendeckung des Präsidiums, auch der Präsident hat immer wieder mit Gogo gesprochen. Vielleicht wurde das zu wenig nach außen vermittelt."

Besonders die persönlichen Attacken auf Djuricin von Fan-Seite missfielen ihm: "Das war ein Kreis. Es fing bei den Fans an und wurde dann weitergetragen. Plötzlich erlauben sich Menschen - weniger aus der Kurve, sondern im ganzen Stadion, in der ganzen Stadt - Dinge zu sagen oder zu machen, die den meisten nie in den Sinn kommen würden."

"Ich bin für Meinungsfreiheit, jeder darf auch mir gegenüber seinen Unmut kundtun. Aber man sollte sich immer bewusst sein: Was löse ich damit aus und wie viel schadet man der Mannschaft und dem Verein?", sagt Bickel.

"Habe Gogo nichts Gutes getan"

Dass man Bickel in dieser Phase sogar die Autoreifen aufgestochen hat, habe ihn nicht belastet. Der größere Druck lag laut ihm auf Djuricin: "Ich dachte, was der Trainer mitmacht ist viel schlimmer. Vielleicht denke ich später, wenn ich die Geschichte verarbeitet habe, anders darüber."

"Schon als wir Gogo zum Trainer gemacht und später den Vertrag verlängert haben, war massiver Gegendruck da. Aber mir war immer klar: Wir überstehen das. Wir wissen, was wir wollen, lassen uns nicht abbringen, gehen unseren Weg. Dabei habe ich übersehen, wie sehr ein Trainer darunter leiden kann. Somit habe ich ihm vielleicht nichts Gutes getan."

Der SCR-Sportdirektor beteuert, bis zuletzt immer voll hinter Djuricin gestanden zu haben und nicht, bloß um nicht vor den Fans einzuknicken: "Ich hätte auch jetzt noch dem Druck standgehalten. Der Gradmesser ist aber die Mannschaft, auch wenn es nicht gescheit ist, die Spieler das wissen zu lassen."

Doch auch nach der Entlassung von Djuricin ist sich Bickel sicher, dass er alle Fähigkeiten, ein guter Trainer zu sein, besitzt: "Ich bin überzeugt, dass er ein sehr guter Trainer ist und ein noch besserer werden kann. Ich habe selten erlebt, dass sich jemand in so kurzer Zeit so unglaublich weiterentwickelt hat."

Rücktrittsgedanken nach Mattersburg-Cup-Spiel

Angesprochen auf die wüsten Beschimpfungen und der umstrittenen Geste des Trainers in Mattersburg seien laut Bickel auch Rücktrittsgedanken im Spiel gewesen: "Auch ich brauche Zeit, das alles zu verarbeiten."

Er meint weiters: "Vielleicht, komme ich im Zuge dessen auf solche Gedanken, aber in diesen Momenten habe ich nie an mich gedacht, sondern ausschließlich daran, wie wir - Mannschaft, Trainer, Verein -  da wieder rauskommen."

Dieses Spiel hat Bickel sichtlich mitgenommen: "Die Ereignisse von Mattersburg waren wirklich vom Schlimmsten, was man auf dem Fußballplatz erleben kann. Wenn von der ersten Sekunde solche Beschimpfungen und Gesten auf eine Trainerbank kommen - das ist unglaublich." 

Keine Angst vor den Fans

Bei den immer wiederkehrenden "Gogo-Raus-Rufen" fühlte sich der Sportdiektor ein Stück weit machtlos: "Mir war nicht bewusst, was für eine Kraft da ins Rollen kommt und dass du der machtlos gegenüber stehst."

"Einige Trainer haben aus diesem Grund auch klar mitgeteilt, dass sie für Rapid kein Thema wären, weil sie sagen: Unglaublich, womit du dich hier herumschlagen musst. Die Gedanken vor einem Spiel sind nicht, heute machen wir ein gutes Match und gewinnen, die Gedanken sind, hoffentlich läuft es heute, damit nicht wieder etwas passiert", meint Bickel.

Kühbauer bringt nun etwas Ruhe, da er vom Umfeld respektiert wird. Das Risiko, dass ihm die Erfahrung fehlt bei so einem großen Klub und dessen Erwartungshaltung zu arbeiten, ist Bickel bewusst: "Ich habe mich gut informiert und unter anderem auch mit Adi Hütter gesprochen, den Didi im März einige Tage in Bern besucht hat. Ich bin überzeugt, dass Didi der richtige Trainer im richtigen Moment ist."

Vertragsende naht

Rapid-Ikone Hans Krankl hat Bickel bereits öffentlich aufgefordert die Koffer zu packen. Bickel reagierte darauf allerdings gelassen: "Ich kann versichern, wenn ich das Gefühl habe, nichts mehr beitragen zu können, dann werde ich auch ohne irgendwelche Forderungen zurücktreten. Das habe ich auch beim FC Zürich so gemacht."

Der Vertrag des Sportdirektors läuft mit Saisonende ohnehin bereits aus, das ist auch Bickel bewusst: "Wir haben das Thema angesprochen, beidseitig mit positiven Signalen. Durch die Geschehnisse der letzten Zeit war es aber absolut kein Thema. Jetzt muss ich alles verarbeiten was geschehen ist, dann werden wir es miteinander regeln."

Eines ist für Bickel klar, das Thema sollte noch vor der Winterpause geklärt sein. Bickel sieht sich wohl auch noch in Zukunft für Rapid arbeiten: "Ich glaube, dass nach der Verarbeitung die Motivation größer sein wird, endlich wieder auf den richtigen Weg zu kommen, als die Brocken hinzuwerfen."

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