Eines ist sicher: Langweilig wird den Verantwortlichen des FC Red Bull Salzburg in den kommenden Wochen und Monaten nicht.
Die "Bullen" kommen frisch aus einer völlig enttäuschenden Saison, die mit dem etwas glücklich errungenen Vizemeistertitel doch noch ein versöhnliches Ende fand, und haben nun kaum Zeit, diese aufzuarbeiten.
Schon am 13. Juni steigt der Flieger in die USA, wo die Salzburger erstmals an der neuen Mega-Klub-WM teilnehmen werden - bereits zwei Tage davor muss der FIFA der Kader für dieses Großturnier genannt werden.
Theoretisch könnten die Salzburger bis zum Finale am 13. Juli bei der Klub-WM im Einsatz sein. Nur neun oder zehn Tage später steht das Hinspiel der zweiten Runde der Champions-League-Qualifikation am Programm.
Als wäre das alles nicht stressig genug, muss in dieser Zeit ein schon länger angekündigter Kaderumbruch vollzogen werden. Man habe "einiges vor, was den Kader betrifft", bestätigte Geschäftsführer Wirtschaft Stephan Reiter beim Saison-Finale am Samstag nochmals.
Kurzum: Auf die Salzburger und vor allem ihre sportlichen Verantwortlichen wartet ein brutaler Terminstress.
Die Fixtermine des FC Red Bull Salzburg bis zum Bundesliga-Auftakt:
- 1. bis 10. Juni: Erstes Sommertransfenster
- 10. Juni: Team-Zusammenkunft vor Klub-WM
- 11. Juni: Nennschluss Kaderliste Klub-WM
- 13. Juni: Abreise in die USA
- 19. Juni: Erstes Gruppenspiel der Klub-WM gegen Pachuca CF
- 23. Juni: Zweites Gruppenspiel der Klub-WM gegen Al-Hilal
- 27. Juni: Drittes Gruppenspiel der Klub-WM gegen Real Madrid
- ab 1. Juli: Zweites Sommertransfenster öffnet
- 22./23. Juli: Hinspiel Runde zwei der Champions-League-Qualifikation
- 29./30. Juli: Rückspiel Runde zwei der Champions-League-Qualifikation
- 1./2./3. August: Auftakt in der ADMIRAL Bundesliga

Kaum Pause nach einer herausfordernden Saison
Man könnte also meinen, die Klub-WM kommt für die Salzburger zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Nicht, wenn es nach Thomas Letsch geht.
"Es gibt nicht wenige Vereine, die uns darum beneiden, dabei zu sein", hält der Coach fest.
Auch die Spieler können mit der nun noch höheren Belastung im Angesicht eines solchen Karrierehighlights gut leben. "Natürlich ist es viel Aufwand, aber dafür ist man Fußballer geworden: Damit man geile Weltturniere wie die Klub-WM spielt", erklärt Samson Baidoo.
Goalie Alexander Schlager stimmt ein: "Es kommen so viele tolle Sachen in den nächsten Wochen und Monaten, ich freue mich auf die Erlebnisse." Da sei es auch zu verkraften, dass man nach einer äußerst intensiven Saison auf gerade mal fünf Urlaubstage kommt.
"Fahren nicht auf Urlaub in die USA"
Schlager wird diese in seiner Salzburger Heimat verbringen, da er - wie möglicherweise auch Baidoo - ohnehin schon bald wieder zum ÖFB-Team, das am 7. und 10. Juni in die WM-Qualifikation startet, stoßen wird. Rund ein Dutzend weiterer Salzburger Kicker werden ebenfalls noch vor der Klub-WM zu ihren Nationalteams reisen.
Für die Spieler ist also kaum Urlaub drinnen, aus Vereinssicht muss man auf eine klassische Sommervorbereitung verzichten. Die Klub-WM selbst soll zum einen als Ersatz für diese dienen, andererseits "fahren wir nicht dorthin, um einen schönen Urlaub in den USA zu haben und ein Trainingslager zu machen. Wir wollen uns gut präsentieren, auch wenn wir der krasse Außenseiter sind", fordert Letsch.
Mit welchem Kader die Salzburger in den USA antreten werden, scheint momentan noch völlig offen. Dem Vernehmen nach sollen die designierten Sommerneuzugänge Sota Kitano und Frans Krätzig auf jeden Fall noch vor Turnierstart in der Mozartstadt andocken. Wer sonst noch kommt bzw. wer gehen wird, lässt sich momentan noch nicht genau sagen.
"Wollen in Gesichter schauen, die Bock haben, hier etwas zu reißen"
Hier kommt Sportchef Rouven Schröder ins Spiel. Zu einem Umbruch, wie ihn der Deutsche in Salzburg andenkt, "gehören viele Faktoren dazu".
Einerseits gebe es im aktuellen Kader Spieler, "die den nächsten Schritt gehen wollen". Hier müsse man abwarten, wie sich der Markt entwickelt. Anderseits werden "unzählige Leihspieler zurückkommen, die zwar gut sind, aber bei denen es für die Ansprüche des FC Red Bull Salzburg nicht ausreicht".

Erst wenn Platz im Kader geschaffen ist, könne sich auch auf Zugangsseite was tun. Und diesbezüglich sei man bis zu einem gewissen Grad auch Passagier der Launen des abgebenden Vereins bzw. des Spielers selbst.
Zurzeit sei man auf der Suche nach "Charakteren, die einfach passen. Die wissen, was eine Gruppe bedeutet. Die zwar die Ambitionen haben, jedes Spiel zu machen, aber trotzdem auch wissen, dass man bei einem ambitionierten Klub auch mal auf der Bank sitzt. Wir wollen einfach in Gesichter schauen, die Bock haben, hier etwas zu reißen", so Schröder.
Bei den Kandidaten, mit denen man sich bisher zu Transfergesprächen traf, hatte der Deutsche das Gefühl, dass diese das gesuchte Anforderungsprofil ausfüllen können.
Erfahrene Spieler gesucht
Schröder wird freilich mit zur Klub-WM reisen, die Transferbemühungen werden in dieser Zeit aber nicht zum Erliegen kommen: "Wir werden von Amerika aus den Kader weiter anschieben."
Kein Geheimnis ist, dass auch im Sommertransfenster versucht werden wird, den durch zahlreiche hochgezogene Lieferinger zuletzt wieder deutlich jünger gewordenen Kader erneut etwas externe Erfahrung zu injizieren.
"Aber wenn man mal einen älteren Spieler dazu nimmt, hat das nichts mit einem Philosophiewechsel zu tun. Die Mischung hat es beim FC Red Bull Salzburg in der Vergangenheit immer gegeben. Es waren immer Ankerspieler dabei, die den Verein getragen haben, die genau wissen, bei welchem Spiel es die Ärmel hochzukrempeln gilt. Die Jungs brauchen Halt", verrät Schröder eines der gesuchten Spielerprofile.
"Ein Kracher ist für uns ein Spieler, der den ganzen Verein anschiebt. Der es als erfahrener Spieler auch versteht, wenn der Trainer in einem Spiel mal einen jüngeren Spieler fördern will."
Wirtz und Müller werden nicht kommen
Ob es gar wieder den einen oder anderen Kracher-Transfer - wie in der Anfangsphase der Red-Bull-Ära - geben wird?
"Florian Wirtz geht nach Liverpool, oder?", scherzt Coach Letsch auf diese Frage. Und Schröder fügt an: "Thomas Müller wird es nicht werden."
Mit etwas ernsterer Miene führt der Salzburger Sportchef aus: "Wir versuchen natürlich schon, einen Spieler zu finden, der für uns ein Kracher ist. Ein Kracher ist für uns ein Spieler, der den ganzen Verein anschiebt. Der es als erfahrener Spieler auch versteht, wenn der Trainer in einem Spiel mal einen jüngeren Spieler fördern will. Das muss in die Kabine rein: Der Wille, gemeinschaftlich erfolgreich zu sein. Wir spielen nicht Tennis, wir spielen Fußball."
Aus objektiver Sicht klingen die Salzburger Umbruchspläne äußerst vernünftig. Ob diese angesichts der terminlichen Begleitumstände auch wie gewünscht in die Tat umgesetzt werden können, wird sich noch herausstellen.