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BW Linz: Zwischen Euphorie, Feingefühl und Vorfreude

Der Neo-Bundesligist fiebert dem Auftakt entgegen. Wie die Vorbereitung lief, wie weit die Neuzugänge sind und was es noch zu lernen gilt.

BW Linz: Zwischen Euphorie, Feingefühl und Vorfreude Foto: © GEPA

Im Jahr 1997 in der Tradition des SK VOEST neu gegründet, steht der FC Blau-Weiß Linz rund ein Vierteljahrhundert später tatsächlich in der Bundesliga.

Der Klub hat einen langen und steinigen Weg mit zahlreichen Höhen und Tiefen hinter sich. Es wirkt ganz so, als habe man eine Dauerkarte für die emotionale Achterbahn im Fußball.

Im Moment steht der Klub aber am höchstmöglichen Punkt der positiven Gefühle. Denn 26 Jahre nach der Neugründung startet Blau-Weiß Linz ins Abenteuer Bundesliga.

Dass es dazu kam, ist einem irren Saisonfinish zu verdanken. Der letzte Spieltag war die Historie der Blau-Weißen "in a nutshell", wenn man so will.

Scheiblehner: Feinfühlig und nachsichtig

Die nervenaufreibende Partie gegen Sturm Graz II und die darauffolgenden Feierlichkeiten steckten den Jungs von Gerald Scheiblehner, der ebenso in seine erste Saison als Bundesliga-Trainer geht, auch Wochen später noch in den Knochen.

"Man hat bei der Mannschaft in den ersten Wochen der Vorbereitung gemerkt, dass auch schon ein wenig der Druck nachgelassen hat", schildert Scheiblehner gegenüber LAOLA1.

"Da war anfangs die Intensität noch nicht so da, es war auch noch viel Urlaubsstimmung drin", erklärt er. Das sei aber nach den Geschehnissen verständlich, wie er meint: "Das haben sie für den Kopf auch gebraucht."

Der 46-Jährige hat ein gutes Gespür für sein Team und zog die Zügel daraufhin nicht direkt wieder voll an. "Wir haben die Jungs mal gelassen und da gar nicht zu sehr etwas eingefordert", erklärt er.

"Man muss da einer Mannschaft auch einfach die Zeit geben."

Gerald Scheiblehner über die zunächste fehlende Intensität beim Trainingsstart.

Der Turnaround gelang schließlich dank der guten Chemie in der Truppe sowie zwischen Trainerteam und Mannschaft. "Wir haben dann geschaut, dass wir viel zusammen sind und darüber reden", erklärt Scheiblehner seine Herangehensweise.

Man habe den Jungs dann erklärt, wie wichtig es sei, "dass wir wieder einen guten Fokus bekommen", was sehr gut gefruchtet habe.

Sein Resümee: "Man muss da einer Mannschaft auch einfach die Zeit geben."

Bundesliga: Die schon spürbare Euphorie

Die Vorbereitung auf die neue Saison ist so gut wie abgeschlossen. Den letzten Härtetest absolvierte die Scheiblehner-Elf gegen niemand geringeren als die PSV Eindhoven.

Mit dem Spiel wurde auch das neue Hofmann Personal Stadion eröffnet. "Es war natürlich ein toller Rahmen, wir haben erstmals im neuen Stadion gespielt und noch dazu war es ausverkauft", freut sich Scheiblehner.

Mit der Leistung seiner Truppe zeigt er sich durchaus zufrieden. "Ich glaube, dass wir es über weite Teile sehr gut gemacht haben und es sogar verdient hätten, ein Unentschieden zu holen", resümiert er.

Das Eröffnugsspiel im neuen Stadion gegen Eindhoven war das erste Saison-Highlight
Foto: © GEPA

Dennoch ist für ihn klar: "Letztlich war es nur ein Testspiel, wichtig ist, dass wir die Ergebnisse dann in der Meisterschaft erzielen."

In dieser geht es am Samstag auswärts beim WAC los. Im Test gegen PSV habe man "schon die Euphorie gespürt", so Scheiblehner.

Mit dieser gilt es nun auch ins erste Bundesliga-Duell zu starten. "Es ist für uns schon eine große Aufgabe, WAC auswärts ist jetzt nicht unbedingt das Wunschlos. Aber da können wir gleich einmal testen, wie gut wir vorbereitet sind", schätzt Scheiblehner die Lage ein.

Der 46-Jährige weiß, dass die Bundesliga "eine schwierige Aufgabe" werden kann, "aber wir sind voller Tatendrang."

Gekommen, um zu bleiben

Bereits kürzlich stellte Geschäftsführer Christoph Peschek fest, dass Blau-Weiß Linz gekommen sei "um zu bleiben", sprich: Der Klassenerhalt ist das Ziel.

Ein Gedanke, den auch Kapitän Michael Brandner teilt: "Als Aufsteiger ist es extrem wichtig, die Klasse zu halten und das ist auch das Ziel des gesamten Vereins. In der Bundesliga zu spielen hat Priorität, alles andere ist ein Bonus für uns."

Spielerisch werde man dafür zwar weiter an seiner Idee festhalten, betont Coach Scheiblehner. Exakt gleich wie in der 2. Liga werde man aber wohl nicht auftreten können, "weil wir einfach viel stärkere Gegner haben", betont er.

"Wichtig ist, dass wir mit Niederlagen umgehen lernen - denn die werden kommen - und trotzdem weiter an uns glauben."

Gerald Scheiblehner

Sich von der großteils Bundesliga-unerfahrenen Truppe einen Raketenstart zu erwarten, wäre wohl vermessen. "Wir werden zu Beginn sicher Erfahrungen sammeln müssen", betont auch Scheiblehner.

Es werde wichtig sein, "dass wir mit Niederlagen umgehen lernen - denn die werden kommen - und trotzdem weiter an uns glauben."

Dazu will auch Führungsspieler Brandner seinen Teil beitragen. "Ich möchte in schwierigen Phasen als Kapitän vorangehen, positiv bleiben und die Mannschaft stärken."

Das sei auch für ihn persönlich nicht unwichtig. "Das ist etwas, woran auch ich wachsen kann und werde, darauf freue ich mich."

"Werden jeden Spieler brauchen"

Wer zu Beginn der Saison zu ersten Elf gehört, wird sich zeigen, hier lässt sich Scheiblehner noch nicht in die Karten blicken.

Der eine oder andere Neuzugang dürfte aber darunter sein. Die Linzer haben sich jüngst mit Conor Noß (Mönchengladbach) und Mehmet Ibrahmi (RB Leipzig) nochmals namhaft verstärkt.

Alle Neuzugänge in der LAOLA1-Transferliste im Überblick>>>

In Person der beiden Rückkehrer Stefan Haudum und Kristijan Dobras holte man sich auch die Erfahrung aus mehr als 230 Bundesliga-Einsätzen an Bord.

"Für mich war es wichtig, Spieler dazuzuholen, die den Verein kennen. Da brauchen wir schon ein bisschen Routine. Wir sind teilweise sehr jung und die beiden sind Spieler, die schon Bundesliga-Erfahrung haben", erklärt Scheiblehner die Gründe für die Verpflichtung.

Für das Duo könnte es aber bis zum Auftakt gegen den WAC knapp werden. "Sie haben noch ein bisschen Probleme mit der Intensität beim Training, da müssen wir ein bisschen aufpassen", verrät Scheiblehner. Beide seien aber schon "knapp dabei".

Für ihn spielt das aber eine untergeordnete Rolle: "Die Saison ist so lange, ich glaube, dass wir jeden Spieler brauchen werden. Ob es dann im ersten Spiel schon für alle reicht, ist dann prinzipiell egal."

Neuzugang Noß und die Plattform Bundesliga

Vom in der Offensive variabel einsetzbaren Connor Noß ist der Coach bisher sehr angetan. "Ein extrem spannender Spieler, der sehr gut in unsere Spielidee passt", schwärmt er.

Brandner will als Kapitän vorangehen und sein Team stärken
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Was macht den irisch-deutschen Doppelstaatsbürger aus? "Er ist sowohl zwischen den Linien als auch für die Tiefe sehr gut geeignet, weil er auch sehr schnell ist. Zudem ist er ist technisch gut", erklärt Scheiblehner.

Weiters nehme er "die Dinge extrem schnell an, er lernt schnell. Unser Spiel kommt ihm entgegen und für ihn ist die Bundesliga eine tolle Plattform."

Mit Noß und Ibrahimi sind zwar zwei weitere Offensivspieler dazugestoßen, doch beide sind eher im offensiven Mittelfeld und auf den Flügeln beheimatet. Die beiden einzigen "echten" Stürmer im Kader sind Goalgetter Ronivaldo und Neuzugang Stefan Feiertag.

Wenn man weiß, was man will

Das könnte bei Verletzungen womöglich zur Problemzone werden. Scheiblehner sieht sich und sein Team aber gerüstet.

"Wir haben ganz klare Spielerprofile und wissen, was wir wollen. Am Ende des Tages haben wir einen sehr guten Kader, der uns zufriedenstellt. Ich glaube, dass wir eine spannende Mannschaft zusammengestellt haben", ergeht seinerseits auch ein Lob an Neo-Sportdirektor Christoph Schösswendter.

Nach den ersten Spielen wird man bereits eine Tendenz erkennen können, was diese zu leisten imstande ist. "Es wird sicher eine spannende Geschichte", weiß auch Gerald Scheiblehner.

Das sehen auch die Fans so, die dem Wochenende mit großer Vorfreude entgegenblicken und beim Bundesliga-Debüt Scheiblehners auf dessen glückliches Trainer-Händchen setzen.

Der 46-Jährige weicht der Frage, was sein erstes Spiel als Bundesliga-Trainer für ihn bedeutet, gekonnt aus. "Ich sehe es nicht so, dass es immer so stark um mich selbst geht. Ich schaue, dass ich die Mannschaft gut vorbereite", so Scheiblehner.

Tut er dies in einer Qualität wie bereits zu Zweitliga-Zeiten, ist die Basis für einen gelungenen Saisonstart jedenfalls gelegt.


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