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Ziereis: "LASK-Wechsel war sogar für mich überraschend"

Der Bayer hat sich in Linz mittlerweile als Abwehrchef und sogar Torjäger etabliert. Beim LASK lebt er spät aber doch den Traum vom internationalen Fußball.

Ziereis: Foto: © GEPA

An einem solchen Spiel wie am heutigen Donnerstag teilzunehmen, hätte sich Philipp Ziereis vor nicht allzu langer Zeit nicht unbedingt ausgerechnet.

Der 30-jährige Deutsche wird am zweiten Gruppenspieltag der Europa League das erst vierte Europacup-Spiel seiner Karriere bestreiten. 

Beim Auswärtsspiel des LASK beim FC Toulouse (21 Uhr im LIVE-Ticker) im Stadium Municipal, welches aufgrund optischer Ähnlichkeiten als "Mini-Wembley" bekannt ist, wartet auf Ziereis eines der größten Highlights seiner Karriere.

Raus aus der Komfortzone

Der 20-jährige Ziereis (rechts) mit Ex-St.-Pauli-Kollege Michael Gregoritsch
Foto: © GEPA

Es ist eine Karriere, die spät eine Richtung einschlug, die so nicht zu erwarten war. Insgesamt zehn Jahre, zuerst für Jahn Regensburg, großteils aber für den FC St. Pauli, lief Ziereis in der 2. deutschen Bundesliga auf. Speziell letzterer Klub prägte ihn nachhaltig.

"Das wird letztendlich immer der Verein sein, bei dem ich in meiner Karriere am längsten war. Mein Sohn ist in Hamburg geboren, ich fühle mich dort richtig wohl. Letztendlich wird mein Herz immer an dem Verein und der Stadt hängen", so Ziereis bei einem Besuch von LAOLA1 am Trainingsgelände des LASK.

Aber: "Es war einfach an der Zeit, mal etwas anderes zu machen und aus der Komfortzone herauszukommen."

Dass er diese Komfortzone in Richtung Oberösterreich verlassen würde, war im Sommer 2022 aber zunächst nicht unbedingt abzusehen.

"Wechsel zum LASK war sogar für mich überraschend"

Ziereis, der St. Pauli sogar als Kapitän aufs Feld führte, war nach Saisonende 2021/22 auf Vereinssuche, nachdem sein Vertrag in Hamburg nicht mehr verlängert wurde. Diese wollte er eigentlich ruhig und gelassen angehen, ehe eine unerwartete Anfrage ins Hause Ziereis flatterte.

"Ich bin damals aus der Saison gegangen und habe gesagt, ich will jetzt erstmal Urlaub machen, weil der Abschied aus Hamburg nach neun Jahren nicht ganz so leicht war. Ich habe mich davor schon mit Vujo (Sportdirektor Radovan Vujanovic, Anm.) und Dino (Sportkoordinator Dino Buric, Anm.) getroffen und habe eigentlich gesagt, ich will erstmal den Kopf freibekommen", blickt der Deutsche zurück.

Doch Vujanovic und Buric ließen nicht locker: "Sie sind aber hartnäckig geblieben, und irgendwann habe ich gesagt: 'OK, es sprechen einfach so viele Dinge dafür, und ich habe Lust darauf, das zu machen und zu erleben.' Dann haben wir es relativ schnell fix gemacht."

Dass die nächste Karrierestation in seiner Karriere in Oberösterreich liegen würde, "war doch überraschend, wahrscheinlich sogar für mich", gibt Ziereis zu. Aber: "Ich hatte Lust darauf, etwas anderes zu sehen. Ich war so lange in Deutschland und in der 2. Liga, dass ich einen neuen Input gebraucht habe."

Österreich "nicht das krasse Ausland für mich"

So kurios es klingt, der Gang ins Ausland war für den gebürtigen Bayer auch deshalb so verlockend, weil er dadurch näher an seine Heimat kam. 

"Österreich ist jetzt nicht das krasse Ausland für mich, als Bayer ist es auch sprachlich nicht so schwierig für mich, hier Fuß zu fassen", merkte Ziereis zuletzt in der "Sky"-Sendung "Talk und Tore" an.

Dennoch gab es in Fußball-Deutschland freilich kritische Stimmen ob dieses Wechsels. Der LASK kam zum Zeitpunkt des Transfers aus der schwächsten Saison seit dem Wiederaufstieg, vieles war in Linz zu diesem Zeitpunkt sportlich ungewiss.

Doch mittlerweile befinden sich die Athletiker, auch dank Ziereis, wieder am aufsteigenden Ast und eben zurück in der Europa League. In dieser gab es für die Athletiker gleich zum Auftakt das Highlight FC Liverpool. "Ich habe nicht mehr damit gerechnet, dass ich in meiner Karriere noch gegen Liverpool spiele", grinste Ziereis zuletzt bei "Sky".

Man kann auch in Österreich erfolgreich Fußball spielen

Im Nachhinein sehen die Leute, die vorher vielleicht gesagt haben: 'Was macht er dort?', dass das Sinn macht und dass man auch in Österreich erfolgreich Fußball spielen kann

Philipp Ziereis

Nicht nur aufgrund der Partie gegen das englische Spitzenteam "fügt sich jetzt einiges so, wie ich es mir vorgestellt habe. Letztendlich war der Plan genauso, wie er jetzt aufgeht: Dass wir uns international qualifizieren, dass ich die Möglichkeit habe, das alles mitzuerleben, was in der 2. Liga in Deutschland nicht so leicht ist", strahlt Ziereis.

Die kritischen Stimmen seien nun verstummt: "Im Nachhinein sehen die Leute, die vorher vielleicht gesagt haben: 'Was macht er dort?', dass das Sinn macht und dass man auch in Österreich erfolgreich Fußball spielen kann."

Erfolgreich war bereits die Vorsaison mit Rang drei und der damit verbundenen Rückkehr in den Europacup. Auch in dieser Saison ist man in der Stahlstadt nach einem Holperstart mittlerweile wieder gut unterwegs; der LASK belegt aktuell erneut Rang drei.

Plötzlich sogar Goalgetter

Der Unterschied zur Vorsaison ist hingegen an der Seitenlinie zu finden: Mit Thomas Sageder ist in der Stahlstadt ein Coach am Werk, der eine gänzlich andere Spielanlage als sein Vorgänger Dietmar Kühbauer vertritt und in Linz mittlerweile wieder die Dreierkette eingeführt hat.

In dieser ist Ziereis als rechter Innenverteidiger gesetzt und hat dadurch neue Aufgaben: "Das ist etwas offensiver und im Pressing anders als die klassische Innenverteidigerrolle. Wir haben das bei St. Pauli aber auch schon als zweites System trainiert. Ich fühle mich darin wohl, und mit dem Ball hat man sehr viele Optionen. Es ist wieder etwas Neues für mich und macht sehr viel Spaß", so der Rechtsfuß, der zu Beginn seiner Karriere als Rechtsverteidiger eingesetzt wurde.

"Offensiver" ist ein gutes Stichwort, denn das ist Ziereis in dieser Saison auch in Zahlen. Vor der Spielzeit 2023/24 konnte der großgewachsene Bayer nur drei Tore in insgesamt 228 Einsätzen im Profifußball erzielen. Mittlerweile hat sich diese Zahl verdoppelt.

Gleich zum Saisonauftakt, beim 6:0-Sieg in der ersten Runde des ÖFB-Cups gegen den SC Röthis, konnte Ziereis anschreiben, in der Bundesliga knipste er jeweils beim Derbysieg über Blau-Weiß Linz und beim Erfolg über Austria Lustenau.

"Es wird mir schon noch einer auf den Kopf fallen"

"Ich habe viel mit Clemens (Standard-Coach Clemens Zulehner, Anm.) daran gearbeitet: Laufwege, Timing, wann laufe ich weg, wenn der Schütze anläuft. Das kommt mir aktuell zugute. Ich genieße diese Phase", freut sich Ziereis über diese hinzugewonnene Qualität.

Coach Sageder trug ihm zuletzt "drei bis fünf Tore aus Standards oder dem Spiel heraus" auf. Dieses Ziel sei bereits erfüllt, lacht Ziereis. Ob es nun ein neues gäbe?

"Ich bin nicht dafür bekannt, so viele Tore zu machen, deshalb nehme ich das gerne mit und hoffe, dass in dieser Saison noch das ein oder andere folgt. Es wird mir schon noch einer auf den Kopf fallen", zwinkert Ziereis.

Vielleicht überrascht sich der 30-Jährige ja ein weiteres Mal selbst. Zu gönnen wäre es ihm.


@laola1 Philipp Ziereis und der LASK treffen am 2. Spieltag der Europa League auswärts auf den FC Toulouse. 🇫🇷⚽️ Ob der Innenverteidiger nach dem Spiel wohl zumindest ein Team aufzählen könnte in dem er einen Assist geliefert hat? 😜 #laola1 #l1 #wirlebensport #fußball #lask #philippziereis #europaleague #fctoulouse #stpauli ♬ Originalton - Laola1.at das Sportportal

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