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Klaus Schmidt über Trainerjob: "For freaks only"

Der Hartberg-Trainer über das Wiedersehen mit der Admira, Sky-Job und Besessenheit.

Klaus Schmidt über Trainerjob: Foto: © GEPA

Seit vier Spielen ist Trainer Klaus Schmidt beim TSV Hartberg in Amt und Würden.

Betrachtet man rein die Ergebnisse, ist der Start eher schleppend verlaufen. Nach vier Partien in der Qualifikationsgruppe stehen drei Remis und eine Niederlage zu Buche, auf ein Tor warten die Oststeirer unter dem 54-Jährigen noch immer.

Der erste Treffer der Ära Schmidt könnte am Samstag im Heimspiel gegen die Admira fallen (17:00 Uhr im LIVE-Ticker). Der Abschied des energiegeladenen Cheftrainers aus der Südstadt im vergangenen Sommer war emotional. Bereits Ende Februar 2020 von der Admira entlassen, wurde Schmidt im April zurückgeholt, um den Abstieg zu verhindern - mit Erfolg. Dennoch musste der Steirer seinen Hut nehmen.

Im LAOLA1-Interview spricht Schmidt über seinen Start in Hartberg, seine Tätigkeit als Analyst bei Sky, das Wiedersehen mit der Admira und seine Fußball-Besessenheit. 

LAOLA1: Sie haben den TSV Hartberg vor etwas mehr als einem Monat übernommen. Wie würden Sie Ihre Amtszeit bis jetzt beschreiben?

Klaus Schmidt: In erster Linie als sehr interessant. Ich bin zu einer Mannschaft gestoßen, die sehr gute Charaktere, sehr interessante Spieler hat, wo ich hervorragend aufgenommen wurde. Wir versuchen jetzt, das Ziel Klassenerhalt zu erreichen. Wir sind auf einem Weg, der von guten Ergebnissen begleitet wurde – da spreche ich die zwei Unentschieden gegen Ried und den LASK an, wo wir aber durch die Niederlage gegen Wattens einen Rückschlag erlitten haben. Bei einer Mission, wie es der Klassenerhalt ist, muss man mit diesen Dingen rechnen.

LAOLA1: Faktum ist aber, dass Hartberg trotzdem ans Tabellenende gerutscht ist, berücksichtigt man den "Abrundungs-Bonus" der Altacher. Was fühlen Sie, wenn Sie auf die Tabelle schauen?

Schmidt: Ich sehe, dass alles sehr eng ist, dass alles auf vier Punkte zusammen ist. Diese Situation müssen wir annehmen. Wir hätten uns alle gewünscht, dass wir da einfacher herauskommen, aber es ist momentan nicht so. Wenn es für alle unangenehm rennt, sind alle sechs in der Verlosung drinnen. Es ist nicht so, dass der Himmel brennt, aber es ist natürlich nicht zufriedenstellend.

LAOLA1: Im Abstiegskampf sagt man, dass es wichtig ist, die Null zu halten. Wenn man dann allerdings keine Tore schießt, ist das auch ein Problem. Welche Ansätze müssen Sie hineinbringen, um die gute Defensive wieder mit Offensive zu beleben?

Schmidt: Diese Problematik, die Sie ansprechen, ist ja nicht gekommen, weil ich das Amt angetreten habe. Die Mannschaft war in der Defensive nicht ganz stabil und hat in der Offensive schon vor mir Probleme gehabt. Mein Zugang war der, dass wir uns in erster Linies auf Eines konzentrieren müssen. Ich habe zuerst versucht, die Null stehen zu lassen und dass wir uns dann ans Toreschießen herantasten. Das ist in der letzten Partie schon eindeutig zu sehen gewesen, dass wir auf einem Weg sind. Diesen Ansatz habe ich bei meinen vorigen Missionen, wenn man das so sehen will, auch immer wieder gehabt. Da war dann die Situation, dass irgendwo einmal einer reingefallen ist oder irgendwo einmal ein Tor aus einer zufälligen Aktion passiert ist und dann der Knoten gelöst wurde. Der Ansatz jetzt ist der, dass wir die Balance finden müssen, um zu sagen: Wie viel Risiko gehen wir hinten, damit wir vorne mehr zu Tormöglichkeiten kommen? Das heißt, wir müssen nach wie vor an der Stabilität in der Defensive arbeiten und natürlich dann auch die Spur Risikofreudigkeit dazugeben, um mehr Möglichkeiten vorzufinden beziehungsweise öfter ins gefährliche Drittel vorzukommen.

LAOLA1: Zusammengefasst: Erst hinten den Laden dicht halten, dann kommt das vorne von alleine?

Schmidt: Nein, von alleine kommt es nicht. Man muss der Mannschaft schon die Ideen mitgeben und im Training vorleben, welche Möglichkeiten wir haben, welche Varianten es gibt, dass wir aus der gesicherten Abwehr zu torgefährlichen Situationen kommen. Das versuche ich und ich hoffe, dass das sehr bald Früchte tragen wird. Bis das passiert, hoffe ich, dass die Null steht und wir zumindest immer wieder punkten können.

"Man kann es vielleicht auch als Besessenheit titulieren, dass man sagt 'for freaks only'."

Klaus Schmidt

LAOLA1: Ein Abstiegskampf muss für einen Trainer eine große Belastung sein. Warum tauscht man das vergleichsweise bequeme Sky-Studio gegen beinharten Abstiegskampf ein? Das ist für Außenstehende vielleicht schwierig nachzuvollziehen.

Schmidt: (schmunzelt) Das ist nicht nur für einen Außenstehenden schwierig zu beurteilen, sondern auch für Leute, die sich in meinem näheren Umfeld bewegen, ist das ganz schwer nachzuvollziehen. Man kann es mit ein paar Worten auf den Punkt bringen. Das ist die Liebe zum Job, die Liebe mit Menschen umzugehen. Die Überzeugung zu haben, dass man ein Trainer mit Herz und Seele ist. Wenn man das einmal in sich trägt, das vergeht nicht. Ich wurde bei Sky vom ganzen Team hervorragend aufgenommen, mir wurde die Möglichkeit gegeben, mich irgendwo auch anders zu positionieren. Ich habe mich dort auch sehr wohlgefühlt. Aber für mich ist dieser Gedanke nie erloschen, wenn ich irgendwo eine vernünftige Möglichkeit bekomme, wieder als Trainer einzusteigen, das wahrzunehmen. Man kann es vielleicht auch als Besessenheit titulieren, dass man sagt 'for freaks only'.

LAOLA1: Man nimmt ja von jeder Erfahrung etwas mit. Was können Sie aus der Analysten-Rolle bei Sky in den Trainerjob mitnehmen?

Schmidt: Man muss im Sky-Studio genauso liefern wie auf der Trainerbank. Im Sky-Studio sieht man wie die Gedanken von Leuten sind, die für Fußballsendungen verantwortlich sind. Da wird man genauso angehalten, für gewisse Sager, für Entertainment zu sorgen. Das gehört zu dem Geschäft einfach dazu. Bis dorthin habe ich als Trainer versucht, diesen Zirkus und diesen Zauber von der Mannschaft wegzuhalten. Es gibt aber auch eine andere Seite der Medaille, dass man sagt, es gibt ein gewisses Geben und Nehmen. Ihr lebt von uns und wir leben von euch. Das sind die Dinge, die mir noch einmal ganz klar vor Augen gehalten wurden. Die Zeit als Analyst: Ich habe die Ehre gehabt die Champions League zu analysieren. Da sieht man natürlich schon, dass der Unterschied zwischen Champions League und Bundesliga ein nicht so kleiner ist. Man kann versuchen, diese Unterschiede seiner Mannschaft irgendwo näherzubringen. Ich habe immer die Bundesligaspiele am Wochenende im Fernsehen verfolgt und unter der Woche die Champions League analysiert beziehungsweise mich auf diese Spiele vorbereitet. Da sieht man einfach, welche Möglichkeiten es in der Champions League gibt. Salzburg hat sich hervorragend präsentiert und das top gemacht. Das war schon sehr spannend zu sehen, wie Salzburg mit diesen Mitteln, die sie haben, sich ganz nah an die ersten 16 in Europa herangespielt hat. Das waren natürlich schon hervorragende Eindrücke, Erlebnisse und Erfahrungen.

LAOLA1: Sie haben vorher erwähnt, dass man einige Unterschiede zwischen Champions League und Bundesliga einer Mannschaft vermitteln könnte. Was wollen Sie da genau vermitteln?

Schmidt: Ab Achtelfinale der Champions League sieht man den Qualitätsunterschied der Spieler, ohne jemandem nahetreten zu wollen. Man sieht diese Körperlichkeit, die Schnelligkeit, die Dynamik und dieses Selbstverständnis, in gewissen Situationen Lösungen herbeizuführen. Sich aus einer Drucksituation zu befreien, wie man eine Situation löst, um in ein Umschaltspiel zu kommen, das sind Dinge, die möchte man der Mannschaft näherbringen. Das geht nicht von heute auf morgen. Die Spieler sehen ja selber Champions League und schauen sich selber die Situationen an und merken, dass das ein anderer Level ist. Admira-Hartberg ist halt nicht Chelsea-Real Madrid. Das muss man auch sagen.

"Andreas Leitner oder Roman Kerschbaum werden sich auch nicht denken: 'Das ist unser Ex-Trainer, mit dem wir an und für sich eine feine Zeit gehabt haben und mit dem wir schon feine Dinge erlebt haben, auf den müssen wir aufpassen, dass ihm nichts passiert'. Das spielt es leider nicht."

Klaus Schmidt

LAOLA1: Trotzdem kann auch Admira-Hartberg interessant sein. Einer der Gründe dafür sind Sie. Ich erinnere mich noch gut an Ihr emotionales Interview nach Ihrem letzten Spiel mit der Admira. Wie gehen Sie in diese Partie hinein, kann das wirklich alles einfach so ausblenden?

Schmidt: Mir war bis zu dem Zeitpunkt als ich gehört habe, dass Sie mit mir ein Interview führen wollen, die Situation gar nicht so bewusst. Ich habe natürlich geahnt, dass das ein Thema sein könnte. Ich versuche, die Geschichte so neutral wie möglich zu sehen. Ich habe bei den Teams, wo ich als Trainer agiert habe, immer ein sehr gutes Verhältnis zu den Spielern gehabt und in der Regel auch die in uns gesteckten Erwartungen erfüllt. Das bindet natürlich emotional. Das muss ich dann am Samstag aber ausbleden. Das ist der TSV Hartberg, das ist meine Mannschaft. Ich will mit dem TSV Hartberg die Liga halten. Andreas Leitner oder Roman Kerschbaum werden sich auch nicht denken: 'Das ist unser Ex-Trainer, mit dem wir an und für sich eine feine Zeit gehabt haben und mit dem wir schon feine Dinge erlebt haben, auf den müssen wir aufpassen, dass ihm nichts passiert'. Das spielt es leider nicht. Und genauso wenige Gedanken darf ich daran verschwenden. Wenn wir uns am Samstag um 19:30 Uhr wieder in die Augen schauen, dann zählt wieder, was wir miteinander erlebt haben. Aber in diesen zwei Stunden, wo es um so viel geht, muss man die Dinge ganz einfach knallhart ausblenden. Das ist auch nicht das erste Mal in meiner Laufbahn, dass ich solche Partien gehabt habe. Ich habe mit Mattersburg gegen Altach gespielt, wo es auch um sehr viel gegangen ist, oder mit der Admira gegen Mattersburg. Da waren diese Dinge auch Thema. Ich habe auch mit diesen Mannschaften ein extrem gutes Einvernehmen gehabt. Diese Dinge wissen die Spieler auszublenden und diese Dinge weiß auch mittlerweile der Trainer Klaus Schmidt auszublenden.

LAOLA1: Warum glauben Sie, können Sie zu Ihren Mannschaften stets einen guten Draht herstellen?

Schmidt: Das müssen Sie die Spieler fragen, das weiß ich nicht. Der einzige Grund, wie ich mir das erklären kann ist, dass ich mich in keiner Sekunde in meinem Job verstelle, oder ein anderer bin als der, der zehn Minuten vorher in eine Kabine hineingeht. Ich denke, dass es die Spieler verdienen mit dem Menschen zusammenzuarbeiten wie er ist.

"Die wichtigste Energiequelle ist einfach die, dass man den Job liebt und sagt: Das ist meines. Und wenn ein Arzt gerne in einem Körper herumoperiert oder herumschnipselt und sagt: Das ist meines! Dann wird er auch ganz schwer zum Aussaugen sein, weil er einfach das macht, was er am liebsten tut."

Klaus Schmidt

LAOLA1: Sie haben vorher erklärt, dass Sie Trainer mit Leib und Seele sind. Wo nehmen Sie die Energie dafür her? Oft hat man den Eindruck, Sie arbeiten an der Seitenlinie mehr als Ihre Spieler auf dem Platz.

Schmidt: Ich habe ein privates Umfeld, wo ich absolut in der Balance bin und ganz wenig Reibungspunkte habe, wo ich viel Energie lassen könnte. Es ist eine Harmonie, wo ich mich extrem wohlfühle – da spreche ich meine Familie an. Ich habe auch Freunde um mich, wo ich genauso viel Kraft bekomme. Der Hauptteil der Energie kommt von den Spielern selber. Wenn ich merke, dass eine Mannschaft versucht, meine Ideen zu verfolgen, mich im Training akzeptiert, meinen Weg mitgeht – das gibt so viel Kraft. Ich denke, dass das ein Geben und Nehmen ist. Diese Sicherheit, dass ich in eine Kabine hineingehe und das Gefühl habe, den Respekt zurückzubekommen, den ich ihnen gebe, das gibt auch mir extrem viel Energie. Deswegen kann ich auch so viel hergeben, auch wenn ich mich am Samstag um 19:00 Uhr nach einem Spiel in den Spiegel schaue - egal ob gewonnen oder verloren - und frage, wie lange das noch geht. Ich habe jetzt ein Dreivierteljahr nicht in diesem Wettkampfmodus gearbeitet, da habe ich mir auch gedacht, ob ich noch bereit bin, soviel von mir herzugeben. Es scheint noch Benzin im Tank zu sein, dass ich diese Mission mit Hartberg kurzfristig erfüllen kann und dass wir danach auch wieder eine klasse Bundesliga-Saison spielen können, wo ich dann mit einer Mannschaft agieren kann, die nicht so unter Druck steht und man Samstags um 17:00 Uhr nicht ums nackte Überleben kämpfen muss. Weil das kostet dann schon noch einmal mehr Energie. Diese "Crunchtime"-Partien die muss man halt mal zwei rechnen, vom Energie-Niveau her.

LAOLA1: Ich finde es interessant, dass Sie sich manchmal fragen, wie lange man das durchstehen kann. Wie lange kann man soviel Enerige für diesen Job aufwenden?

Schmidt: Der Klaus Schmidt hat ja in seinem Job auch immer wieder ungewollte Pausen gehabt. Die Zeit jetzt war nicht so tragisch, weil ich den Job bei Sky gehabt habe, den ich gerne gemacht habe und der mir auch viel gegeben hat. Aber die Zeit davor, zwischen Admira I und Admira II, da bin ich ein Jahr daheimgesessen und wusste nicht warum. Ich habe dann trotzdem versucht, mich auf eine zukünftige Situation vorzubereiten. Auf die Admira-Situation konnte man sich nicht vorbereiten, weil sich niemand gedacht hat, dass das jemals passiert. Wenn ich einen Trainerjob übernehme, ist es in der Regel so, dass das nicht bei Null anfängt, sondern da brennt's immer. Wie ich die Admira beim ersten Mal vom aussichtlosen Platz 12 in eine Situation gebracht habe, wo wir wieder mitspielen konnten, das gibt auch Energie, das ist pure Kraft, die man da bekommt. Was ich vorher angesprochen habe, dieses Gefühl daheim in der Balance zu sein, daheim ein perfektes Umfeld zu haben, aber auch von Leuten, die im Fußball tätig sind und anrufen und sagen: 'Trainer, das gibts ja nicht. Wann bist denn wieder am Brettl?', das gibt natürlich Kraft. Ich als Klaus Schmidt bekomme dann aus solchen Dingen Kraft, die vielleicht einen anderern herunterziehen oder belasten. Da schürfe ich die Energie. Vielleicht bin ich ein bisschen anders als der eine oder andere. Aber ich denke, dass viele Trainer so agieren und diese Energiequellen einfach nützen können. Die wichtigste Energiequelle ist einfach die, dass man den Job liebt und sagt: Das ist meines. Und wenn ein Arzt gerne in einem Körper herumoperiert oder herumschnipselt und sagt: Das ist meines! Dann wird er auch ganz schwer zum Aussaugen sein, weil er einfach das macht, was er am liebsten tut. Und ich bin zufälligerweise Fußball-Trainer und nicht Chirurg.

LAOLA1: Würden Sie sich wünschen, dass es in Ihrer Trainerkarriere ein bisschen mehr Stabiltät gibt? Wenn man sich Ihre Vita anschaut, ging es selten länger als eine Saison.

Schmidt: Ja, sehr. Der TSV Hartberg hat mir jetzt die Möglichkeit gegeben, das zu machen und ich bin überzeugt davon, dass wir die Liga halten. Dann wird das Ganze auch in ruhigere Gewässer kommen, dann ist das ein guter Verein, wo ich mich länger in einer Position zeigen kann, wo ich einmal eine Mannschaft mitentwickeln kann. Das ist der Plan. Davon trennen uns sechs Spiele. Wenn ich beim Training in die Mannschaft hineinschaue, und sehe, wie sie sich verhält, wie sie an Dinge herangeht, dann bin ich zu 1000 Prozent überzeugt, dass wir nächstes Jahr eine Bundesliga mit dem TSV Hartberg haben und wo der Trainer Klaus Schmidt an der Seitenlinie steht.

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