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Was vom 1. Djuricin-Jahr beim SK Rapid bleibt

1 Jahr Goran Djuricin beim SK Rapid mit Höhen und Tiefen - eine Bilanz:

Was vom 1. Djuricin-Jahr beim SK Rapid bleibt Foto: © GEPA

Der 9. April 2017 leitete beim SK Rapid eine neue Ära ein.

Einen Tag nach dem 0:3 in Ried - und der viel diskutierten Aussprache, nachdem die Fangruppen den Mannschaftsbus von der Autobahn geholt hatten - zogen die Grün-Weißen die Reißleine, trennten sich von Damir Canadi und machten das Chaos mit dem dritten Trainerwechsel binnen zehn Monaten perfekt.

Goran Djuricin, Canadis damaliger Co-Trainer, wurde aus dem Hut gezaubert und darf bis heute werken - seit mittlerweile auf den Tag genau einem Jahr.

Die Vorurteile

Mit offenen Armen wurde Djuricin in seiner neuen Funktion wahrlich nicht empfangen. Noch bevor der 43-jährige Wiener zur Tat schreiten konnte, wurden bereits mediale Kampagnen gegen ihn gestartet.

Dass ein Teil des gescheiterten Trainerteams unter Canadi weiterarbeiten durfte, war ein Grund, warum nur wenige an einen Umschwung glaubten. Auch in diversen Fan-Kreisen wurde immer wieder moniert, dass er aufgrund seiner Vita als bisheriger Regionalliga- und Landesliga-Trainer (noch) nicht reif für Rapid sei.

Dass sich einer seiner Vorgänger, Zoran Barisic, auf ähnlichem Weg etablierte und dem nun von vielen Seiten nachgeweint wird, wird dabei oftmals unter den Tisch gekehrt.

Der Anspruch war in der Außendarstellung ein höherer, obwohl die Hütteldorfer auch davor mit durchaus namhaften Trainern nicht zurück in die Spur fanden. Selbst Teilerfolge wurden skeptisch beäugt, bis heute kann sich Djuricin nicht unbedingt als "fest im Sattel" bezeichnen.

Neben dem sportlichen Aspekt macht er es sich durch seine öffentlichen Auftritte, Aussagen und Aufreger - auch aufgrund von fehlendem Medientraining bis zu seiner Cheftrainer-Premiere - zusätzlich schwer.

Die Djuricin-Tabelle

Spiele Siege Remis Niederlagen Tore +/- Punkte
  1. RB Salzburg
37 25 9 3 74:26 +48 84
  1. Sturm Graz
37 22 3 12 63:48 +15 69
  1. SK RAPID
37 18 10 9 66:41 +25 64
  1. Admira
37 17 5 15 61:64 -3 56
  1. FK Austria
37 16 7 14 66:51 +15 55
  1. SV Mattersburg
37 14 9 14 54:58 -4 51
  1. LASK*
29 14 6 9 40:30 +10 48
  1. SCR Altach
37 8 10 19 34:51 -17 34
  1. Wolfsberger AC
37 6 11 20 29:62 -33 29
  1. St. Pölten
37 3 7 27 29:83 -54 16
  1. SV Ried**
8 2 3 3 8:10 -2 9

* seit dem Aufstieg zur Saison 2017/18

** bis zum Abstieg zum Saisonende 2016/17


In exakt einem Jahr stand Djuricin mittlerweile 37 Mal als Cheftrainer in einem Bundesliga-Spiel in der Verantwortung.

Seine Bilanz: 18 Siege, 10 Unentschieden und 9 Niederlagen. Weniger Pleiten hat nur Abo-Meister RB Salzburg, mehr Remis auf dem Konto nur der Wolfsberger AC. Schon alleine das unterstreicht, dass die Schwankungsbreite zu groß für Rapid-Verhältnisse ist.

Rapid ist seit einem Jahr ganz klar die dritte Kraft in Österreich - hinter Salzburg und auch hinter Sturm Graz, aber klar vor der Admira oder auch Erzrivale Austria. Zu wenig für die Ansprüche des Rekordmeisters würden viele sagen. Doch was aus dem selbst ausgerufenen Meisterziel im Vorjahr zur Eröffnung des Allianz Stadions wurde ist noch allen in guter Erinnerung.

Eben diese Saison und all ihre Konsequenzen - von Abstiegsangst über Trainer- und Sportdirektoren-Austausch - hatte noch maßgebliche Auswirkungen auf den Start von Djuricin als Rapid-Trainer und sind selbst bis zum heutigen Tag noch immer nicht aus allen Köpfen verbannt.

Das kann als Schwäche des Trainerteams ausgelegt werden, oder aber auch als Schwäche der vorhandenen Charaktere. Tatsache ist, dass Rapid bisher auf der Suche nach Kontinuität, Sicherheit und Weiterentwicklung ist, da Rückschläge enorme Auswirkungen auf jeden einzelnen zu haben scheinen.

Sinnbildlich folgten unmittelbar auf Erfolgsläufe Negativläufe, bis sich Rapid wieder einigermaßen erfangen konnte. Eine rote Linie sucht man vergeblich.

Erfolgs- und Negativläufe
Längste Siegesserie 7 Pflichtspielsiege in Folge (20.9.2017 bis 28.10.2017, 5x Bundesliga, 2x ÖFB-Cup)
Längste Zeit ungeschlagen 12 Spiele (26.8.2017 bis 18.11.2017)
Längster Negativlauf 4 Spiele ohne Sieg (26.11.2017 bis 9.12.2017)
Längster Niederlagenlauf 2 Niederlagen in Serie (26.11.-29.11 und 13.8.-19.8.)

Die letzten 15 Rapid-Trainer:

Trainer Amtszeit Pflichtspiele Punkteschnitt
Goran Djuricin April 2017- 43 1,84 (2.)
Damir Canadi November 2016-April 2017 17 0,88 (15.)
Mike Büskens Juni 2016-November 2016 25 1,64 (7.)
Zoran Barisic April 2013-Juni 2016 148 1,76 (4.)
Peter Schöttel Juni 2011-April 2013 82 1,61 (8.)
Zoran Barisic* April 2011-Mai 2011 10 1,40 (10.)
Peter Pacult September 2006-April 2011 210 1,79 (3.)
Georg Zellhofer Jänner 2006-August 2006 23 1,09 (14.)
Josef Hickersberger Juli 2002-Dezember 2005 154 1,61 (8.)
Lothar Matthäus September 2001-Mai 2002 32 1,13 (13.)
Peter Persidis* August 2001-September 2001 3 1,33 (12.)
Ernst Dokupil Juli 2000-August 2001 53 1,74 (5.)
Heribert Weber April 1998-Mai 2000 92 1,88 (1.)
Ernst Dokupil Mai 1994-April 1998 172 1,73 (6.)
Hubert Baumgartner Juli 1993-Mai 1994 36 1,36 (11.)

*interimistisch


Dass Djuricin aber im Vergleich mit seinen Vorgängern doch auch Positives bewirkt hat, zeigt sein Punkteschnitt.

Dabei handelt es sich um Pflichtspiele, in denen der Wiener pro Spiel 1,84 Punkte sammeln konnte. Kein schlechter Wert, denn damit liegt der Cheftrainer unter den letzten 15 Rapid-Trainern immerhin auf Rang zwei.

Nur Heribert Weber konnte von April 1998 bis Mai 2000 mit 1,88 einen höheren Punkteschnitt aufweisen. Erfolgs- oder Meistertrainer wie Ernst Dokupil, Josef Hickersberger oder Peter Pacult kommen nicht an diesen Wert heran.

Die Entwicklung

Djuricin und sein Trainerstaff waren nach dem Dienstantritt damit bemüht, die Scherben aufzukehren und in den verbleibenden Spielen das Schlimmste zu verhindern.

Die Grün-Weißen wurden als Tabellensiebenter mit nur fünf Punkten auf den Abstiegsrang übernommen.

Die Abstiegsangst griff um sich, doch am Ende führte der Trainer die Mannschaft noch auf Rang fünf mit elf Punkten Vorsprung auf das rettende Ufer. Vor allem gab er seinen Schützlingen jenen Fußball wieder zurück, den sie seit Jahren praktizierten und erfolgreich vortrugen.

Während Canadi versuchte, vor allem die Defensive zu stärken und erst dann an die Offensive zu denken, ließ Djuricin den Spielern wie auch unter Barisic viele Freiheiten, stellte auf das gewohnte 4-2-3-1 um und ließ das Team so Selbstvertrauen tanken. Auch von seiner Art her ließ er mehr den Kumpeltyp als den Schleifer raushängen. Doch mit dem aufkommenden Druck soll sich auch dieses Verhältnis leicht verschoben haben.

Im Sommer wurde aufgrund von wenig Handlungsspielraum lediglich auf akute Baustellen reagiert. Lucas Galvao und Boli Bolingoli schlugen ein und stopften die Löcher, Veton Berisha wartet trotz Aufflackerns guter Leistungen noch auf den großen Durchbruch.

Rapid trat jedoch nach durchwachsenem Start gefestigter auf und startete die ungeschlagene Serie von 12 Spielen. Djuricin vertraute auf sein System, entwickelte Dejan Ljubicic zum Shootingstar, aber ließ jene Variabilität vermissen, die seit Jahren gefordert wird.

Erst als Kritik aufkam, schickte er auch einmal Joelinton und Giorgi Kvilitaia als Doppelspitze auf den Platz, stellte versuchsweise Philipp Schobesberger in den Sturm oder probierte Joelinton als Zehner aus, wo er im Endeffekt mehr glänzen konnte als an vorderster Front.

Während Rapids Können immer wieder in einzelnen Spielen auftauchte und sich auch im Einzug ins ÖFB-Cup-Semifinale niederschlug, fehlte schlussendlich die Konstanz, um mit Salzburg oder Sturm Graz mithalten zu können. Gute Leistungen über 90 Minuten abrufen zu können, wurde ebenfalls zum Problem. Erst nach dem 2:1 gegen St. Pölten ärgerte sich Kapitän Stefan Schwab, dass sich das wie ein roter Faden durch die Saison ziehe und nach einer guten Hälfte oder 60 Minuten stets eine Phase des Einbruchs komme. Das muss sich der Trainer ankreiden lassen, auch wenn Sportchef Fredy Bickel in den vergangenen Wochen sogar mehr die Schuld bei den Spielern als beim Trainer suchte.

Amtszeit der Bundesliga-Trainer:

Trainer Verein Amtszeit (per 9.4.2018)
Oliver Glasner LASK 2 Jahre, 10 Monate, 8 Tage
Gerald Baumgartner Mattersburg 1 Jahr, 3 Monate, 7 Tage
Goran Djuricin Rapid 1 Jahr
Klaus Schmidt Altach 10 Monate
Marco Rose Salzburg 9 Monate, 9 Tage
Ernst Baumeister Admira 7 Monate
Heiko Vogel Sturm 3 Monate, 8 Tage
Thomas Letsch Austria 1 Monat, 13 Tage
Robert Ibertsberger WAC 22 Tage
Didi Kühbauer St. Pölten 8 Tage

Bickel schenkte Djuricin das Vertrauen. Zuerst als Übergangslösung bis Sommer, dann darüber hinaus, um der Mannschaft nicht schon wieder einen neuen Trainer vor die Nase zu setzen und den nächsten Umbruch zu forcieren.

Mittlerweile ist Djuricin ein Jahr im Amt - weitaus länger als einige seiner bekannten Vorgänger. In der schnelllebigen Bundesliga keine Selbstverständlichkeit, wenn man sich die Amtszeit der aktuellen Trainer vor Augen führt.

In dieser Hinsicht kann Djuricin schon als Langzeittrainer bezeichnet werden - nur Oliver Glasner vom LASK und Gerald Baumgartner beim SV Mattersburg halten sich schon länger im Sattel als der Rapid-Chefbetreuer.

Die Aufreger

Dabei hätte die Zusammenarbeit schon weitaus früher zu Ende sein können. Teils aus strategischen Gründen vor der Bestätigung zum Cheftrainer, teils aus eigenen Verfehlungen oder unglücklichen Aussagen.

Ganz oben auf diese Liste steht die Spuck-Affäre im Auswärtsspiel gegen die Admira, als "Gogo" nach Provokationen erst verbal mit dem Tormanntrainer der Admira, Walter Franta, aneinandergeriet und danach für den Skandal sorgte.

"Meine Reaktion auf eine erneute Provokation von ihm nach dem Schlusspfiff war falsch. Aber die Unterstellung, dass ich ihn angespuckt hätte, möchte ich auf das Allerschärfste zurückweisen! Ich habe mich zu dieser Geste, die in dem Kulturkreis, in dem ich meine Wurzeln habe, verbreitet ist, hinreissen lassen und das Spucken angedeutet", rechtfertigte sich Djuricin danach und sorgte für Stirnrunzeln.

Diverse andere unglücklich formulierte Aussagen und Interviews folgten, etwa auch nach den Vorfällen im letzten Wiener Derby, als er die Fan-Tribüne dazu aufrief, eine Selbstreinigung durchzuführen, was von vielen als Aufruf zur Gewalt innerhalb der Fanszene verstanden wurde.

Zuletzt formulierte er unglücklich: "Unsere Stürmer sind gut, sie treffen nur nicht", womit er sich viel Spott einhandelte. Seine öffentlichen Auftritte sollten jedoch nicht zwangsläufig auf das Sportliche projiziert werden. Bei Djuricin ging dies jedoch medial und in der Wahrnehmung Hand in Hand.

Die Zukunft

Die entscheidende Frage vorneweg: Hat Goran Djuricin überhaupt eine Zukunft beim SK Rapid?

Sein Vertrag läuft im Sommer aus, die Entscheidung wird mittlerweile seit Monaten aufgeschoben. Gespräche über Zielerreichungen wurden jedoch geführt und werden schlussendlich über den weiteren Verbleib entscheiden.

Glaubt man den Worten von Sportchef Bickel soll es nicht entscheidend sein, ob Rapid im Spiel bei Sturm Graz das Cup-Finale erreicht. Einzig und alleine die Platzierung in der Bundesliga sowie die damit verbundene Qualifikation für den Europacup sollen ausschlaggebend sein.

"Tatsache ist, dass ich dieses Jahr noch mit keinem anderen Trainer als Gogo Djuricin über die Zukunft gesprochen habe. Das ist weiterhin so", erklärt der Sportdirektor erst kürzlich bei "Sky". "Wir glauben an uns, glauben an ihn und diesen Staff. Es müssen auch irgendwo die Resultate stimmen, aber da sind wir im ständigen Austausch. Wir sind sehr offen mit ihm, er weiß, woran er ist."

Auf die Frage, ob Djuricin Rapid-Trainer bleibe, wenn Rapid am Ende der Saison den dritten Platz und damit den Europa-League-Platz erreicht, antwortet Bickel: "Da gehe ich ganz klar davon aus, das wären dann ja auch die Ziele, die erreicht wurden."

Und der Trainer selbst bestätigte damals auf Nachfrage, ob sein Vertrag beim Erreichen des dritten Platzes verlängert werde: "Das weiß ich." Somit wären die Rahmenbedingungen abgesteckt, das Ziel aber noch nicht in trockenen Tüchern.

Noch dazu muss bzw. sollte Rapid einen Plan B in der Hinterhand haben, sollte Platz drei nicht erreicht werden. Gerüchte, wonach Josef Hickersberger in seiner beratenden Funktion Andreas Herzog als Trainer forcieren soll, dementierte der Meistertrainer von 2005 selbst.

Deshalb deutet viel auf eine weitere Zusammenarbeit mit Djuricin hin. Allerdings muss in der kommenden Saison - und große Verstärkungen werden der Kader und das Budget nicht hergeben - mehr als Platz drei und vor allem Konstanz herausschauen, ansonsten wird schon bald wieder über den Trainer diskutiert werden.

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