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Oscar in Salzburg: Eine erste Bilanz

Nach fünf Pflichtspielen zieht LAOLA1 eine erste Bilanz der noch jungen Ära in Salzburg:

Oscar in Salzburg: Eine erste Bilanz

Die Bilanz der ersten fünf Spiele unter Salzburgs Neo-Trainer Oscar fällt positiv aus.

Inklusive Cup-Viertelfinale gab es vier Erfolge zu feiern. Zuletzt gelang der höchste Sieg in der noch kurzen Ära, als am Sonntag die Wiener Austria mit 4:1 bezwungen werden konnte.

Auch auf das bisherige Torverhältnis (9:3) kann bislang positiv zurückgeblickt werden. Doch was macht Oscar anders? Wohin soll der Weg der Salzburger unter dem 42-jährigen Spanier führen?

LAOLA1 nimmt Oscars junge Ära unter die Lupe.


Bewerb

Runde Gegner Ergebnis Torschüsse Ballbesitz (Prozent) Angekommene Pässe (Prozent)
Bundesliga 21 Admira (a) 2:1 13:11 59,2:40,8 76,4
Cup VF Sturm (a) 1:0 keine Daten keine Daten keine Daten
Bundesliga 22 Ried (a) 0:1 9:11 62,7:37,3 77,1
Bundesliga 23 Altach (h) 2:0 15:4 53,8:46,2 80,1
Bundesliga 24 Austria (h) 4:1 18:14 36,4:63,6 72,7


Oscar zeigt sich flexibel

Salzburg will unter seinem neuen Trainer totale Kontrolle über das Spiel haben. Der Ballbesitz ist unter dem Ex-Barcelona-Kicker wichtiger geworden, auf der anderen Seite sollen die Tugenden aus der jüngeren Vergangenheit aufleben. „Man sieht, dass wir Kontrolle ausüben, aber auch den Ball vorne gewinnen wollen“, sagte etwa General Manager Jochen Sauer nach dem Spiel gegen die Austria und lobte diesbezüglich die Entstehung zur Führung (VIDEO siehe unten). Konrad Laimer ließ schon in der Vorbereitung erahnen: „Wir werden unter Oscar offensiven Fußball spielen, wollen Druck machen, immer den Ball haben und das ganze Spiel unter Kontrolle haben.“ Das gelingt freilich nicht immer beziehungsweise passt sich die Spielanlage dem Gegner an. Dieser hat auch gerne den Ball, am Sonntag mit 63,6 Prozent aber zu viel für den Geschmack von Oscar: „Die Austria hat uns in einigen Phasen dominiert, da hatte sie die Kontrolle über das Spiel. Außerdem hatten wir viele Ballverluste im Mittelfeld, wir hätten hier präziser sein können.“

Mit der Rückkehr von Naby Keita in die Startelf stieg die Qualität im am Sonntag forcierten Umschaltspiel. Sauer: „Da kann man noch schneller nach vorne kombinieren. Das hat zu Beginn noch gefehlt, wo wir vielleicht noch zu viel quer gespielt haben, weil wir die Lösung nach vorne nicht gefunden haben.“ Die beiden Hälften gegen die Wiener haben aber vor allem gezeigt, dass Oscar flexibel agiert: Mal eben mehr mit Umschaltspiel (wie gegen die Austria rechts), mal mehr mit Ballbesitz (wie gegen die Admira siehe links).



Oscar stabilisierte die Abwehr

Fünf verschiedene Startformationen bot Oscar bislang auf, nur in der Abwehr herrscht Kontinuität. „Zum einen, weil sie gut spielen, zum anderen, weil wir größtenteils keine Alternativen haben“, sagt er dazu. Damit hat der Spanier ob der verletzten Spieler Recht. Nur legte Oscar auch Wert auf die Stabilisierung der Abwehr, wie Co-Trainer Rene Aufhauser im Gespräch mit LAOLA1 schildert: „Wir haben zu Beginn viel mit der Viererkette gearbeitet, nicht nur was das Verteidigungs-Verhalten betrifft, sondern auch was die Restverteidigung bei Ballbesitz betrifft. Da sollen die Spieler schon auch auf ihre Position achten, damit wir bei Ballverlust besser und tiefer stehen, um keine Räume zuzulassen.“ Drei Gegentore kassierten die Salzburger bislang unter Oscar, gegen die Austria nach einer Standardsituation samt Fehler von Tormann Alexander Walke. Bei der Admira postwendend nach dem Führungstor, in Ried nach Ballverlust tief in der gegnerischen Hälfte. Allesamt vermeidbare Gegentreffer, denn nicht alleine die Qualitäten des Gegners waren dafür verantwortlich.

Die Verteidigung steht grundsätzlich tiefer, muss nicht wie früher zwingend hoch verteidigen (siehe auch anhand der Defensiv-Aktionen auf der Taktiktafel - links im letzten Spiel unter Peter Zeidler gegen den WAC, rechts gegen die Austria am Sonntag). „Das Pressing soll und muss unsere Stärke sein. Aber man kann nicht 95 Minuten pressen. Es gibt auch Phasen im Spiel, wo die Mannschaft einfach 20 Meter tiefer stehen muss. Da darf man nicht in Panik verfallen, weil der Gegner in der eigenen Hälfte zwei, drei Mal den Ball spielt“, sagt Aufhauser und ergänzt. „Die Mannschaft muss das Gefühl bekommen, dass 30 Meter vor dem Tor noch nicht die rote Zone beginnt.“ Oscar versucht die Mannschaft somit auch zur Cleverness zu erziehen.



Oscar setzt auf das Kollektiv

Oscar lässt seit seiner Ankunft für gewöhnlich eine Raute im Mittelfeld auflaufen, wobei einem Spieler die klar definierte Position des Sechsers vor der Abwehr zukommt. Zuletzt etwa Allrounder Benno Schmitz. In den Salzburger Glanzzeiten unter Roger Schmidt war auch deswegen Stefan Ilsanker ein absoluter Schlüsselspieler, weil er als Absicherung für die offensiven Freigeister diente. Für diese Position kommen nun mehrere Spieler in der Frage, etwa Laimer oder Schmitz. Eigentlich auch Yasin Pehlivan, doch der überzeugte im Frühjahr bislang nicht, sondern holte sich zumeist eine unnötige Gelbe Karte ab. Insgesamt setzt Oscar auf das Kollektiv, geht nicht nach Namen, sondern Leistung. So fand sich Omer Damari zuletzt zwei Mal nicht im Kader. Dimitri Oberlin mag mit seinem Alter noch die eine oder andere verständliche Schwäche haben, das Auftreten des Schweizers wirkt allerdings inspirierter als jenes des geliehenen Israelis, der im Sommer nach Leipzig zurückkehren wird. Hany Mukhtar tut sich auch schwer, einen Kaderplatz zu ergattern. Auf der anderen Seite scheint der im Herbst stagnierende Valon Berisha im Aufwind zu sein. Die Salzburger Führung verspricht sich durch Oscar eine Weiterentwicklung der Mannschaft und der einzelnen Spieler. Nach fünf Partien kann man kein seriöses Urteil abgeben, aber die ersten Eindrücke stimmen diesbezüglich positiv.



Oscar ist ganz ruhig

Nein, Oscar ist sicher kein Roger Schmidt. Weder auf dem Platz, noch abseits. So wird man den Spanier nie überemotional an der Seitenlinie sehen oder für große Schlagzeilen gewinnen. „Der Eindruck täuscht nicht, das ist im Training genauso. Er wird aber am Platz laut, wenn er laut werden muss. Ich glaube, die Mannschaft nimmt das auch positiv auf und spitzt die Ohren, wenn er etwas zu sagen hat.“ Das bestätigte Christian Schwegler nach dem 2:1-Sieg bei der Admira: „Er bringt höchste Professionalität mit. Ich glaube, nach Roger Schmidt hatten die Trainer manchmal das Gefühl, so eine Vaterfigur sein zu müssen. Vielleicht war das manchmal zu nahe. Jetzt ist wieder ein Trainer da, da weiß man, der ist der „Big Boss“ und gibt die Marschroute ganz klar und konsequent vor.“ Oscar pflegt offenkundig eine gesunde Distanz zur Mannschaft, verrät die Aufstellung etwa auch erst wenige Stunden vor Anpfiff. Im Betreuer-Team, dem auch sein Vertrauter Ruben Martinez angehört, scheint man zu harmonieren: „Die Arbeit ist kollegial, wir tauschen uns im Team regelmäßig zu allen Themen aus. Sei es Trainingssteuerung oder Matchvorbereitung. Wir arbeiten sehr gut zusammen, aber wir sind natürlich auch erfolgsabhängig.“

Insgesamt ist ein Urteil noch viel zu früh, doch die Erstbilanz fällt positiv aus. Salzburg hat nur in Ried, wo man richtig schlecht gespielt hat und die Innviertler ihr bestes Saisonspiel ablieferten, Punkte liegen gelassen. Die Austria konnte man abschütteln, es läuft auf einen Zweikampf mit Rapid hinaus. Mit Naby Keita und Jonatan Soriano (könnte mit seinem 108. Tor in Graz den Legionärs-Rekord von Zlatko Krancjar egalisieren) hat Oscar zwei Trümpfe, die Spiele zugunsten Salzburgs entscheiden. In einer Phase, wo sich der neue Trainer und seine Mannschaft noch im Findungsprozess sind, nicht unwesentlich. Doch schon die ersten Wochen haben gezeigt, dass der Spanier positive Impulse gesetzt hat und die Spieler das auch annehmen.

 

Bernhard Kastler


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