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Kuens Weg zurück: Das Leiden hat ein Ende

Andreas Kuen ist erst 21, sein Leidensweg war jedoch extrem. Bis ihn Canadi anrief.

Kuens Weg zurück: Das Leiden hat ein Ende

Wenn du am Boden bist, kann es nur mehr bergauf gehen.

Einem Fußballer hilft in schwierigen Zeiten kein Talent der Welt, kein Förderer. Meint es das Verletzungspech nicht gut mit einem, ist der Sportler auf sich allein gestellt.

In der Folge werden viele Athleten vorschnell abgeschrieben, das Karriereende wird ihnen nahegelegt.

Doch Andreas Kuen ist ein Kämpfer. Bisher war er wahrlich nicht vom Glück verfolgt, doch nun wird der erst 21-Jährige beim SK Rapid für sein Durchhalten belohnt.

Dauergast auf dem OP-Tisch als auf dem Rasen

Zwei Kreuzbandrisse, ein Muskelfaserriss, eine Meniskus-Operation sowie drei Operationen am Oberschenkelknochen ließen den Tiroler in den letzten Jahren mehr Zeit in der Reha als auf dem Platz verbringen.

Dabei war die große Karriere trotz des ersten Rückschlags mit dem Wechsel von Wacker Innsbruck zum SK Rapid aufgelegt. Die große Fußballgabe besaß der Längenfelder seit Kindheitstagen, nur zeigen konnte er sie bisher viel zu selten.

Trotzdem hielt er dem Druck mental stand. Das sonnige Gemüt ließ ihn die Leidenszeit verkraften. „Jammern ist nicht das Meine. Es gibt Schlimmeres. Es geht immer irgendwie weiter“, wurde Kuen vor kurzem in der „TT“ zitiert.

Da befand er sich gerade wieder auf dem Weg zum Gipfel der ewigen Berg- und Talfahrt. Im letzten Monat ging es dann rasant voran – und diesmal in die richtige Richtung.

Zwei Schritte zurück, einer nach vorne – bis Canadi anrief

Endlich wieder fit, wurde er von Rapid an den FAC verliehen. Was wie eine Abschiebung in die Erste Liga wirkte, war der oft zitierte Schritt zurück, um einen nach vorne zu machen.


VIDEO: Die LAOLA1-Derby-Analyse

(Artikel wird nach VIDEO fortgesetzt)


Ohne großen Druck sammelte er dort neben Einsatzzeit vor allem auch wieder Vertrauen in seinen Körper. Langsam, mit Vorsicht, aber kontinuierlichen Fortschritten. Bis auf dem Handy-Display der Name von Neo-Rapid-Coach Damir Canadi aufschien.

„Es war so, dass er mich kennenlernen wollte. Schauen, wie ich bin - als Spieler, persönlich, als Mensch und als Fußballer“, erinnert sich Kuen gegenüber LAOLA1 an den ersten Kontakt.

Aufgrund des grün-weißen Verletzungspechs in der Vorbereitung waren Alternativen gefordert. „Aufgrund der Planung von Rapid im Sommer, da wir Stefan Stangl verloren haben, hat es keine zweite Option gegeben auf den Außenverteidiger-Positionen. Deswegen war es sehr wichtig, dass wir ihn zurückholen. Ich habe ihn kurz vor dem Trainingslager kennenlernen dürfen, mich mit ihm zusammengesetzt und ihn dann mitgenommen“, begründet Canadi die Rückholaktion.

Über den Schmerz zum Erfolg

Im spanischen Benidorm tastete sich Kuen heran, konnte seine Stärken abrufen und traf damit scheinbar ins Schwarze. Denn der Youngster durfte bleiben.

„Es ist im Trainingslager sehr gut gelaufen für mich und die ein, zwei Wochen danach habe ich auch nicht so schlecht trainiert“, blickt der Kreativspieler zurück.

Der Ötztaler fühlt sich gut, geht über den Schmerz drüber – das ist etwas, was Canadi imponiert. Denn die Nachwehen seiner Blessuren machen sich schon noch bemerkbar.

Auf dem Platz kann Kuen sie ausblenden, wenn er zur Ruhe kommt, sind sie allerdings nicht zu leugnen.

„Wenn ich auf der Couch locker lasse, spüre ich das Knie. Da habe ich auch manchmal Schmerzen. Aber auf dem Platz gebe ich für Rapid alles.“

„Für mich war es natürlich eine Überraschung“

Positive Erlebnisse machen diese erträglicher. Wie die Rückholaktion vom FAC, die Mitnahme ins Trainingslager – und zu guter Letzt der Derby-Einsatz, die absolute Krönung.

„Für mich war es natürlich eine Überraschung, überhaupt im Derby in der Startelf zu stehen. Aber da ich im Trainingslager mit war und dann noch einmal eine Woche mittrainieren durfte, habe ich versucht, gut zu trainieren. Das war sicher nicht so schlecht, sonst hätte ich nicht gespielt.“

Sein Einsatz hat sich die letzten Tage davor schon angedeutet. Obwohl schon in der Formation trainiert wurde, konnte er es noch nicht wahrhaben, dass er gegen die Austria auf dem Platz stehen soll.

„Im Endeffekt habe ich es dann ein, zwei Tage davor erfahren beziehungsweise wurde es angedeutet“, strahlt Kuen.

„Hat bewiesen, dass er ein sehr wichtiger Spieler sein kann“

Dass er in einer für ihn ungewohnten Rolle im 3-5-2 mit vielen Defensiv-Aufgaben eingebunden war, störte ihn freilich nicht. An das Schließen der Fünferkette im Defensivverhalten hat er sich längst gewöhnt.

„Es stimmt schon, dass ich ein Offensivspieler bin oder war. Aber ich versuche, meine Defensiv-Rolle so gut auszufüllen, wie es möglich ist. Das ist dem Trainer sehr wichtig. Das Offensive habe ich eh ein wenig drinnen“, merkt Kuen an.

Seine Leistung konnte sich sehen lassen. In der Vorwärtsbewegung traute er sich einiges zu, auch nach hinten ließ er sich nichts zu Schulden kommen. Und obendrein steuerte er mit einer Maßflanke noch den Treffer von Giorgi Kvilitaia ein. Fast so, als wäre er nie weg gewesen.

Auch Canadi lobte die rasche Entwicklung: „Er hat auch mit der Leistung bewiesen, dass er ein sehr wichtiger Spieler sein kann. Zumindest ein Update für Thomas Schrammel, bis er wieder fit wird. Ich denke, es war sehr in Ordnung.“

Teamkollegen freuen sich für Kuen

Auch auf dem Platz konnte er auf das Vertrauen seiner Mitspieler zählen. Nicht nur für ihn war das Derby ein emotionaler Moment, auch für das Team wie Kapitän Stefan Schwab schildert:

„Andi ist ins Trainingslager mitgerutscht und hat dann den Trainer überzeugt. Er ist ein engagierter Bua‘, der sich leider über Verletzungen zurückkämpfen musste. Aber er hat nie aufgegeben, nie aufgesteckt und ist belohnt worden. Wir freuen uns alle für ihn, weil wir dabei sind und wissen, was er alles durchgemacht hat. Das ist für ihn eine super Geschichte.“

Die Frage, ob er noch einmal zurück zum FAC muss, um seine Leihe fortzusetzen, scheint dadurch bereits beantwortet. Doch Kuen stellt zusätzlich klar: „Der Trainer hat mir schon signalisiert, dass er möchte, dass ich hier bleibe. Wir reden noch miteinander, aber es schaut nicht so schlecht aus, dass ich bei Rapid bleibe.“

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Kuen lächelt, als wäre nichts gewesen. Als wäre alles in den richtigen Bahnen. Dabei ist das erst jetzt wieder der Fall. Seine Leidenszeit hat ihn zu dem gemacht, was er heute ist.

Ein beschwerlicherer Weg als Jugendfreund Schöpf

Nicht auszumalen, welche Rolle der Tiroler schon einnehmen würde, wenn er als Youngster vom Pech verschont geblieben wurde.

Schließlich kickte er im Nachwuchs des SV Längenfeld an der Seite von Jugendfreund Alessandro Schöpf. Jener Landsmann, der mittlerweile über Nürnberg bei Schalke 04 für Furore sorgt und im ÖFB-Nationalteam zum Hoffnungsträger aufgebaut wird.

Der Kontakt ist nie abgebrochen, zusammen waren sie als Offensiv-Duo in Kuens Heimatgemeinde gefürchtet. Ehe die Karriere des einen aufgrund der vielen Rückschläge ins Stocken geriet.

Auf das „Was wäre wenn“-Spielchen lässt sich der Rapidler aber gar nicht ein. Denn mit 21 Jahren ist der Zug nach oben noch lange nicht abgefahren. Kuen hat eben erst Blut geleckt. Irgendwann will er über seine sportlichen Erfolge und nicht mehr über seine Leidenszeit berichten. Die ersten Schritte dazu hat er bereits mit Bravour gemeistert:

„Ich hätte nicht erwartet, dass es 2017 so schnell vorwärts geht. Aber es kann jetzt nur mehr bergauf gehen bei mir.

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