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Causa Barisic: Macht ein anderer das Gras grün(-weiß)er?

Ein Trainerwechsel bringt neue Impulse. Ob es jene sind, die Rapids akute Probleme am Feld lösen, lässt sich aber bezweifeln. Ein Kommentar über Für und Wider.

Causa Barisic: Macht ein anderer das Gras grün(-weiß)er? Foto: © GEPA

Es ist wieder eine Trainer-Diskussion in Österreichs Fußball entbrannt. Und wenn sie den SK Rapid betrifft, sind viele Meinungen involviert.

Speziell, wenn die Debatte so kontrovers ist wie jene um Zoran Barisic in der aktuellen Situation, in der sich die Mannschaft befindet.

Ist der Trainer Rapids akutes Problem? Ist ein Dreh an dieser Schraube der richtige Ansatz, um die Ergebniskrise zu überwinden?

Oder wäre das wieder einmal nur das einfachste Mittel, um eben eine Reaktion gezeigt zu haben?

Die Antwort auf diese Frage ist diesmal besonders schwer zu geben.

Werte, die keine Spiele gewinnen – aber etwas aussagen

Fußball mag ein Ergebnissport sein, aber an Rapids Leistungen in dieser Saison sind bis auf Ausnahmen – die es in einer Saison jeder Mannschaft gibt – selten schwerwiegende Mängel festzustellen.

Das belegen nicht nur Eindrücke, sondern auch die Zahlen abseits der Tore und Punkte.

Jeder kann zu Kennzahlen wie dem xG- ("Expected Goals") oder xP-Wert ("Expected Points") und weniger abstrakten Beispielen wie den Torschüssen stehen, wie er will. Viele Trainer sehen sie selbst kritisch, auch wenn diese eigentlich für ihre Arbeit sprechen.

Und am Ende des Tages sind es auch nicht diese Nennwerte, die über Erfolg oder Misserfolg eines Teams entscheiden.

Aber ganz ohne jede Aussagekraft, und sei sie nur theoretischer Natur, um Eindrücke in Greifbares zu gießen, sind sie eben auch nicht.

Kein Trainer schießt die Tore selbst

Und da findet sich der SK Rapid in der laufenden Saison fast überall weit oben mit dabei. Jedenfalls deutlich weiter, als es der achte Tabellenplatz vermuten lassen würde. Näher dran an den eigenen Ansprüchen.

Aber vor dem Tor, da funktioniert es gerade nicht. Da wurde das 0:1 in Hartberg zu einem Extrembeispiel einer ganzen Saison.

Die Gretchenfrage ist: Kann ein Trainer auf dieses Problem der Seuche am Abschluss-Fuß überhaupt einwirken? Und wenn er es kann, könnte es ein anderer Coach anders, als es Zoran Barisic versucht?

Stärken…

Zoran Barisic ist gewiss kein Trainer-Gott. Und Zoran Barisic hat seine Stärken und Schwächen.

Seine Arbeit speziell mit jungen Spielern spricht für sich. Und die Entwicklung der eigenen Hoffnungsträger ist ein Schlüsselanspruch Rapids.

Darüber hinaus hat Barisic gezeigt, dass nicht nur Spieler, sondern auch eine Mannschaft unter ihm langfristig Fortschritte machen kann.

Über den Sommer hat Rapid dahingehend einen auffälligen Sprung gemacht, was auch dem Fokus auf die physische Komponente geschuldet war. Ein Eindruck, der nach einem spielerisch starken Start in die Saison etwas versandete.

Tolle Pyro-Szenen aus Österreich

…und Schwächen

Auf der anderen Seite stehen vielleicht etwas zu konservative Ansätze in Sachen Anpassungen von System, Spielweise sowie Spielerwechsel, bei denen in manchen Situationen vielleicht flexiblere Inputs von außen mehr Erfolg versprechen könnten.

Ganz besonders dann, wenn die bisherigen Lösungen an irgendeine Grenze stoßen. Und sei es nur im Endzweck der Punktemaximierung.

Die Frage muss sein, ob es "Zokis" Stärken sind, die in Rapids Saison doch noch eine Trendumkehr bewirken können. Er auch offen für zündende Ideen ist. Oder ob die Entwicklung unter ihm schon an einen Endpunkt gelangt ist.

Wer soll es besser machen?

Selbst falls die Frage nach der Notwendigkeit eines Trainerwechsels intern bejahend beantwortet werden sollte, bleibt immer noch jene nach dem "Wer?" übrig.

Da stand Rapid schon vor einem Jahr vor einem großen Fragezeichen, auf das zu diesem Zeitpunkt die naheliegendste und billigste Antwort folgen sollte, auch wenn sie nicht die falsche war.

Wieso sollte sich diesmal ultrakurzfristig eine Lösung finden, der diese Attribute nicht anhaften?

Zwar ist Markus Katzer und Marcus Knipping ein Netzwerk anzurechnen, das einen Überraschungskandidaten parat halten könnte. Aber gerade Letzterer hat auch ein Argusauge auf den Finanzen, die ein springender Punkt im Westen Wiens sind und bleiben.

So muss diese Frage nach diesem "Wer?" auch erst mit einem relevanten Mehrwert vor diesem Handicap beantwortet werden können.

Irgendwann muss Rapid auch für Kontinuität stehen

Es sind alles Fragen, die sich von außen schwer bis gar nicht beantworten lassen. Weil es angesichts Rapids akuter Probleme Eindrücke aus der täglichen Arbeit sind, die den Ausschlag geben müssen.

So ist auch dieser Kommentar weder ein Plädoyer für, noch gegen eine Ablöse von Zoran Barisic. Dahingehend ist kein Außenstehender schlauer als die Handelnden, in deren Haut man beim SK Rapid nie stecken möchte – in dieser Frage ganz besonders nicht.

Neue Trainer bringen neue Impulse. Sonst wäre weder der "Trainer-Effekt" eine dermaßen etablierte Floskel, noch würde dieses Mittel der Krisenbewältigung so oft herangezogen, würde die Evidenz zu häufig dagegen sprechen.

Ob es diesmal die nötigen Impulse sind? Immerhin würde gleichzeitig ein anderer Wert über Bord geworfen, der trotz allseitigen Wissens um seine Bedeutung grundsätzlich zu früh geopfert wird: Jener der Kontinuität. Und für das, was Rapid langfristig aufbauen will, braucht es die auch.

Ein Psychologe ist keine Schande

Vor einigen Wochen tauchte auch eine Diskussion um die Rolle der Psychologie in Rapids Misere auf.

Ein Aspekt, der etwa von Lukas Grgic im Anschluss an das wilde 3:3 gegen den LASK etwas gar harsch abgewiesen wurde ("kommt mir nicht mit einem Psychologen">>>).

Dabei ist professionelle Arbeit im Bereich der (Sport-)Psychologie nie geringzuschätzen. Und als Fußballprofi in aussichtsreicher Position statt ins halbleere Tor doch in die Arme des Torhüters zu schießen, kann eben auch ein psychologisches Problem sein. Eine Ergebniskrise im Rücken wird der Kaltschnäuzigkeit zusätzlich nicht guttun.

Vielleicht wäre es doch anzudenken, die Arbeit in diesem Bereich zu intensivieren, statt den überstrapazierten Ausweg zu wählen, weil Teilaspekte nicht funktionieren. Nicht nur, um das Abschlussproblem in den Griff zu bekommen.

Denn der Spielverlauf gegen den LASK mag ein Positivbeispiel für eine mentale Schlacht auf dem Feld gewesen sein, jener gegen Austria Klagenfurt war ein negatives. Vielleicht braucht es beide Extreme nicht unbedingt.

Das wäre eine kleinere Stellschraube, die auch Großes bewirken könnte. Jedenfalls eine billigere. Im finanziellen wie im übertragenen Sinne.

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