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Profi-Referees in Österreich: Daran scheitert es (noch)

Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer und Ali Hofmann, Leiter des Schiedsrichterwesens, geben einen Einblick in die komplexe Lage.

Profi-Referees in Österreich: Daran scheitert es (noch) Foto: © GEPA

Das Schiedsrichterwesen in Österreich steht unter Druck. In der abgelaufenen Bundesliga-Saison standen Diskussionen um Entscheidungen bei jedem Spieltag auf der Tagesordnung.

Der ÖFB hat in der Causa in dieser Woche einen ersten wichtigen Schritt gesetzt und mit Viktor Kassai und György Ring zwei Vollprofis unter Vertrag genommen.

Kassai, Leiter des CL-Finales von 2011, wird künftig als Technical Director im Referee Departement des ÖFB amtieren, sein langjähriger Assistent Ring wird für den VAR-Bereich verantwortlich sein.

Im Zuge der Präsentation der beiden kam auch rasch das Thema Profitum im Schiedsrichterwesen auf den Tisch.

Christian Ebenbauer wünscht sich "massive" Weiterentwicklung bei den Referees.
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Ein solches wird von Experten, Spielern und Fans schon seit Jahren gefordert, mit der Kassai-Verpflichtung ist nun der erste Schritt in diese Richtung getan.

Es war der Ungar selbst, der die Diskussion neu anstieß. Sein Ziel sei es, das Schiedsrichterwesen “mittelfristig” auf Profitum umzustellen.

Schiedsrichterwesen muss sich “massiv” weiterentwickeln

“Wenn jemand nebenher einem Job nachgeht, hat er nicht so optimale Bedingungen, um sich auf ein Spiel vorzubereiten. In der Bundesliga ist sogar der Zeugwart beim Verein angestellt und die Schiedsrichter, welche die wichtigsten Entscheidungen treffen, haben nach wie vor Amateur- oder Halbprofistatus”, rügt der 47-Jährige.

Die Diskussion um den Profistatus der Schiedsrichter in Österreich ist lang und leidig. Es geht wie so oft ums Geld und die Frage, woher dieses kommen soll, um die gewünschte Umstellung finanzieren zu können.

Bei der Präsentation von Kassai und Ring war auch Bundesliga-Vorstandsvorsitzender Christian Ebenbauer zugegen.

"Es ist für die Bundesliga von vitalem Interesse, dass sich das heimische Schiedsrichterwesen ständig weiterentwickelt - und zwar massiv”

Christian Ebenbauer

Auch für ihn ist klar, dass sich Österreichs Unparteiische so rasch wie möglich verbessern sollen.

“Es ist für die Bundesliga von vitalem Interesse, dass sich das heimische Schiedsrichterwesen ständig weiterentwickelt - und zwar massiv”, sagt er. “Das geht über die Schiedsrichtergewinnung bis hin zur Imagearbeit und insbesondere um das, was auf dem Platz passiert”, so Ebenbauer.

Der Profifußball sei “massiv anspruchsvoller geworden” in den letzten Jahrzehnten, das betreffe freilich auch die Referees. “Das müssen wir gemeinsam weiterentwickeln”, sagt der 49-Jährige.

Eine Frage des “Gesamtumfanges”

Derzeit werden die Aufwände für die Schiedsrichter aus den Zentraleinnahmen der Bundesliga, die sich vor allem aus TV-Geldern und Bewerbssponsorings zusammensetzen, bestritten.

Für die Bereitstellung der Schiedsrichter bezahle man aktuell rund zwei Millionen Euro an den ÖFB, so Ebenbauer.

Dieser übernimmt auch die Auszahlung der Gelder an die Unparteiischen. “Wie diese dann genau aussieht und unter welchen Bedingungen sie passiert, ist Sache des ÖFB”, betont Ebenbauer. Dies könne im Rahmen eines Werkvertrags, eines Anstellungsverhältnisses oder anderer Formen geschehen.

Doch genau darin liege für ihn der Irrtum in der Debatte. “Es ist eine Frage des Gesamtumfanges”, betont der Vorstandsvorsitzende der Bundesliga.

Es ginge unter dem Strich darum, welchen “Grundstock” man als Schiedsrichter verdienen kann.

Weitblick: Viktor Kassais Visionen werden in den nächsten Jahren gefragt sein.
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Ebenbauer erklärt seine Sicht auf die Diskussion so: “Wenn man jetzt davon ausgeht, was ein österreichischer Schiedsrichter verdienen kann, dann ist immer die Frage: Wann ist es professionell? In dieser Hinsicht geht es also eigentlich nicht um die Art und Weise, wie er (der Schiedsrichter, Anm.) ausbezahlt wird, sondern wieviel ausbezahlt wird.”

Oder vereinfacht gesagt: Ob der jeweilige Schiedsrichter von dem, was ihm ausbezahlt wird, sein Auskommen bestreiten kann.

Anreiz zu niedrig, Risiko zu hoch

Ebenbauer zieht einen Vergleich mit der Schweiz, wo die Referees schon seit einigen Jahren auf professioneller Basis pfeifen. “Dort sagen sie, sie haben Profischiedsrichter, obwohl sie das eigentlich (im Vergleich zu Österreich, Anm.) nur umgedreht haben”, meint er.

Dort werde ein “Grundsalär” bezahlt, dennoch würden die Schiedsrichter “im Normalfall einen Nebenjob machen dürfen, sollen oder auch müssen, weil es sich finanziell für sie sonst nicht ausgeht”, erklärt der 49-Jährige. “Wir zahlen aufgrund der rechtlichen Thematik kein Grundsalär. Ich finde, es geht immer um die Gesamtsumme”, legt er seine Meinung dar.

Diese ist aber im Moment für die rot-weiß-roten Referees noch nicht hoch genug und wohl auch der Anreiz noch zu gering, um dieses Risiko zu gehen.

Denn wie Neo-Direktor Kassai andeutete, sei dies nach wie vor ein Fallstrick, da man extrem von seiner Leistung abhängig ist. Kein Wunder also, denn wer einmal eine schlechte Saison hat, steht dann möglicherweise ohne Job da.

Es gehe aber, wie Viktor Kassai gleichzeitig betonte, nicht primär um die Leistung am Spieltag. Es geht um den Schritt davor, nämlich die Vorbereitung darauf. Es geht um Schulung, Feedback, Coaching und Weiterbildung. Diese Vorbereitung ist eminent für die Qualität der Schiedsrichter.

Und wer 40 Stunden in seinem Brotberuf arbeitet, hat dafür naturgemäß weniger Zeit. Oder beginnt seine Schiedsrichterkarriere gar nicht erst.

Referee-Gewinnung: Beschränkte Möglichkeiten

Die meisten Referees gehen einer Tätigkeit als Bankangestellter, Lehrer, Rechtsanwalt oder im kaufmännischen Bereich nach. Berufe, etwa in der Pflege, der Gastronomie oder ähnlichen Dienstleistungsberufen lassen eine Laufbahn als Schiedsrichter gar nicht zu, obwohl es hier durchaus Interessenten gibt.

Das beschränkt den Kreis an in Frage kommenden Personengruppen deutlich, ist aber ein wirtschaftsspezifisches Problem, das weit über den Fußball hinausgeht. Auch ist es nicht Aufgabe des ÖFB ist, hier etwas zu lösen.

Ali Hofmann weiß: Das Schiri-Personal ist knapp.
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Der Problematik ist sich der Leiter des Schiedsrichterwesens im ÖFB, Ali Hofmann, jedenfalls bewusst: “Wir müssen schauen, dass wir Schiedsrichter gewinnen und gleichzeitig jene, die wir haben erhalten können.”

Als Schiedsrichterwesen sei man nun einmal “fundamental für den Spielbetrieb. Es braucht Schiedsrichter in der Breite genauso wie in der Spitze”, sagt er.

“Wichtig, dass wir professionell aufgestellt sind”

Um die Qualität insgesamt, aber speziell im Elitebereich, nach oben zu schrauben, ist es fraglos von großer Bedeutung einen möglichst großen Personal-Pool zu haben, aus dem man schöpfen kann.

Auch das will man zeitnah angehen. “Es gibt Bundesländer, da klappt das nach den Corona-Schwierigkeiten wieder besser, aber es gibt leider auch welche, die sich davon noch nicht ganz erholt haben. Das ist ein großer Auftrag für das nächste Jahr”, lässt Hofmann wissen.

Für ihn ist klar: “Fußball ist ein Profigeschäft, der Kapitalismus dort ist sehr stark. Umso wichtiger ist es, dass wir hier möglichst professionell aufgestellt sind.”

All diese Stränge laufen letztlich bei Viktor Kassai zusammen. Er wird es sein, der das Profitum im Schiedsrichterwesen auf den Weg bringt.

Aus Sicht des ÖFB ist es umso besser zu wissen, mit dem Ungarn nun jemanden am Ruder zu haben, der die damit verbundenen Herausforderungen nicht scheut und auch das Rüstzeug mitbringt, das Projekt umzusetzen.


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