news

In Altach soll es wieder weh tun

Sportchef Kirchler und Trainer Standfest stehen für "Hausmannskost". Der Coach hat eine klare Vorstellung, wohin er den SCR Altach entwickeln möchte.

In Altach soll es wieder weh tun Foto: © GEPA

Daraus, wie der SCR Altach unter ihm auftreten soll, machte Joachim Standfest vom ersten Tag seiner Amtszeit als Cheftrainer an kein Geheimnis.

"Wenn ich als Spieler nach Altach gekommen bin, habe ich gewusst, dass es richtig weh tun wird", erinnert sich der 43-Jährige, dass man im Schnabelholz schnell mal den Ellbogen oder das Knie des Gegenspielers gespürt habe.

"Wir wollen uns wehren und ein unangenehmer Gegner sein", lautet die in die Gegenwart übertragene Devise.

Der erste Gegner, der selbige in der neuen Bundesliga-Saison zu spüren bekommen soll, ist mit Serienmeister FC Red Bull Salzburg (Samstag, 29. Juli, 19:30 Uhr im LIVE-Ticker) ausgerechnet der schwierigste.

Mittelfristig die Top-6 angreifen

Standfest hat jedenfalls einiges vor im Ländle. "Das Potenzial ist riesig, gerade mit der großartigen Infrastruktur, die der Verein in den letzten Jahren geschaffen hat", betont der Steirer im Gespräch mit LAOLA1 und erläutert, dass er perspektivisch das sportliche Potenzial ausschöpfen möchte:

"Wir wollen es so aufbauen, dass wir in den nächsten drei bis fünf Jahren die Top-6 angreifen können. Das ist auch tatsächlich ein riesiges Ziel, da wir in der Bundesliga mehr oder weniger eine Zwei-Klassen-Gesellschaft haben. Zur ersten Klasse gehören fünf, sechs Vereine. Wir wollen in einigen Jahren so weit sein, dass wir uns um ein Ticket anstellen können."

Kirchler und Standfest: Bundesliga-"Hausmannskost" in Altach
Foto: © GEPA

So mühsam die jüngere Vergangenheit in sportlicher Hinsicht war, ist es gleichzeitig noch nicht so lange her, dass die Vorarlberger eine wesentlich bessere Rolle im rot-weiß-roten Oberhaus gespielt haben.

Mit dem von ihm genannten Zeitraum von drei bis fünf Jahren hat der neue Chefcoach einen der wichtigsten Schlüssel schon angedeutet: Beim SCR Altach ist mehr Kontinuität von Nöten.

Zu viele Umbrüche

Ein Strategiewechsel löste zuletzt den anderen ab. "Es waren so viele Umbrüche in den letzten Jahren", unterstreicht Standfest, "es war wirklich viel zusammengewürfelt, es kamen immer wieder neue Sportdirektoren und Trainer. Das ist für alle Beteiligten schwierig. Der eine holt fünf neue Spieler, der nächste holt fünf neue Spieler. So findet nie etwas zusammen, um einmal wirklich durchziehen zu können."

Auch Standfest hat gemeinsam mit Neo-Sportdirektor Roland Kirchler mit knapp einem Dutzend Neuzugängen einen Umbruch vollzogen.

"Roli und ich schätzen und respektieren uns seit ewig langer Zeit. Man merkt ja, wenn zwei vom ungefähr gleichen Schlag miteinander reden und sich gut verstehen."

Joachim Standfest

Für eine wirkliche Neuaufstellung braucht es jedoch erfahrungsgemäß mehr Zeit, die sportlich Verantwortliche in Altach zuletzt kaum hatten.

Kein Wunder, dass Standfest daher in Schritt eins erst einmal für Stabilität sorgen will, ehe die nächsten Ausbaustufen denkbar sind: "Wir müssen versuchen, hier länger arbeiten zu können und auch eine zweite und dritte Transferphase zu bekommen, in denen wir uns dann punktuell verstärken können."

Altach will für österreichische Spieler interessant sein

Punktuell reichte diesmal nicht aus. Das bemerkte Standfest in jenen zehn Spielen, in denen er im Frühjahr als Co-Trainer von Klaus Schmidt bereits in Altach werkte.

"Es ist kein großes Geheimnis, dass speziell im Frühjahr die Qualität im Kader vor allem in der Breite nicht gegeben war. Man darf die Augen nicht davor verschließen, dass wir die Liga mit einer Portion Glück gehalten haben. Wir haben das analysiert und sind zum Schluss gekommen, dass wir einen Umbruch machen müssen."

Ein Großteil der Neuzugänge wie Rückkehrer Christian Gebauer oder Goalie Dejan Stojanovic hat einen österreichischen Reisepass. Im Gegensatz zu so manchem Konkurrenten setzt man in Altach weiter auf den Österreicher-Topf.

"Das finde ich auch gut so", betont Standfest, "wir wollen uns so positionieren, dass wir für österreichische Spieler interessant sind, verschließen jedoch klarerweise auch nicht die Tür für gute Legionäre."

Viel mehr "Hausmannskost" geht kaum

Nachdem die internationale Ausrichtung mit Weltmeister Miroslav Klose und dem zuvor jahrelang bei AS Monaco tätigen Sportdirektor Georg Festetics nicht wie erhofft funktionierte, sind es nun zwei Liga-Urgesteine, die das sportliche Sagen haben.

Standfest lief als Spieler 508 Mal in der Bundesliga auf, Kirchler 490 Mal - viel mehr "Hausmannskost" geht die Bundesliga betreffend kaum.

Kirchler und Standfest duellierten sich schon Ende der 90er
Foto: © GEPA

"Roli und ich können sehr gut miteinander. Wir sind so weit, dass nicht viel zwischen uns reinpassen wird, auch wenn der Wind einmal gegen uns weht. Wir hoffen natürlich, dass wir ein Führungspärchen werden, das in Altach ein bisschen länger am Ruder bleibt", so Standfest.

Zwei vom ungefähr gleichen Schlag

Gemeinsame Erlebnisse verbinden die beiden kaum. In ihren langen Karrieren standen sie in gerade einmal zwei Länderspielen (2004 gegen Luxemburg und Russland) und insgesamt 58 Minuten gemeinsam auf dem Platz - es würde nicht verwundern, wenn das erste gemeinsame Meeting in Altach länger gedauert hätte.

Standfest: "Dafür haben wir sehr oft gegeneinander gespielt, sind uns immer wieder über den Weg gelaufen. Wir kennen und vor allem schätzen und respektieren uns seit ewig langer Zeit. Man merkt ja, wenn zwei vom ungefähr gleichen Schlag miteinander reden und sich gut verstehen. Dann weiß man schon, in welche Richtung es geht."

"Ich denke, mein Weg war richtig gut. Ich habe zwei, drei Mal schön auf den Deckel gekriegt - auch das ist wichtig und gehört dazu."

Joachim Standfest

Für den 34-fachen A-Teamspieler ist es sechs Jahre nach seinem Karriereende der Neustart in der Bundesliga als Chefcoach. Als Co-Trainer (Sturm, Admira, Altach) war er auch seither in der Beletage aktiv, genau wie in der 2. Liga als Trainer im Amstetten sowie als Coach von Sturm II und der Austria U18.

Standfests Lernzeit ist noch lange nicht vorbei

"Es ist ja nicht so einfach, wenn man Spieler war und so wie bei mir fünf Tage nach dem Karriereende als Trainer anfängt. Ich habe auch meine Lernzeit gebraucht und die ist noch lange nicht vorbei. Aber ich denke, mein Weg war richtig gut. Ich habe zwei, drei Mal schön auf den Deckel gekriegt - auch das ist wichtig und gehört dazu."

Standfest ist im aktuellen Pro-Lizenz-Kurs und bezeichnet vor allem die eineinhalb Jahre im Austria-Nachwuchs vor dem Wechsel nach Altach als extrem wichtig für die eigene Entwicklung:

"Dort musst du viel genauer arbeiten, weil du nicht so viel voraussetzen kannst, du musst sehr detailliert sein in der Arbeit. Das hat mir in den ersten Jahren vielleicht gefehlt."

Standfest trat schon als Spieler seine Person betreffend stets sehr reflektiert auf. In der aktiven Karriere hat er sich zu einem Inbegriff der Kontinuität entwickelt. Vielleicht gelingt ihm das auch als Trainer - in Altach wäre es das Gebot der Stunde.

Das sind die längstdienenden Profi-Trainer Österreichs


Kommentare