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Ex-Profis über Canadi: Zwischen Napoleon und Hirte

Was macht Damir Canadi anders? Wie lebt er Fußball? LAOLA1 hat sich bei Ex-Spielern umgehört:

Ex-Profis über Canadi: Zwischen Napoleon und Hirte

Damir Canadi steht am Sonntag gegen RB Salzburg (16:30 Uhr) vor seiner ersten großen Bewährungsprobe als Rapid-Trainer.

Der 46-jährige Wiener wurde seit dem Amtsantritt durchleuchtet und analysiert. Doch wie sehen seine Weggefährten die Entwicklung des "Taktikfuchses"?

Hans Kleer kennt den jungen Trainer Damir Canadi vom SV Donau, Patrick Salomon spielte bei zwei Teams unter ihm und Hannes Aigner schrieb mit ihm Altach-Geschichte.

Die drei Ex-Spieler wissen bei LAOLA1 genau, was Canadi ausmacht.

HANS KLEER ÜBER DIE ANFÄNGE VON CANADI ALS TRAINER (2003/04 Spieler unter Canadi bei SV Donau und dort Nachfolger als Trainer, heute Vienna-Coach)

Was bei Canadis zweiter Cheftrainer-Station schon abzusehen war: "Dass er mal zu Rapid kommt, kann man nicht wissen. Aber man hat damals schon gesehen, dass er viele neue Sachen einmal ausprobiert, auch akribisch offen für neue Methoden rund ums Training und im taktischen Bereich ist. Es braucht halt immer länger, wenn ein Trainer in seiner Karriere nicht Teamspieler oder top in der Bundesliga war. Dann muss er nachhaltig öfters beweisen, wie er als Trainer arbeitet – bis man eine Chance kriegt. Das hat er in Altach eindrucksvoll bewiesen und es freut mich für ihn, dass er die Chance bei Rapid gekriegt hat."

Was Canadi ausmacht und was er anders macht als andere: "Er hat viele Dinge, sehr behaglich und lange geübt. Er war am Anfang generell sehr viel auf Standardsituationen aus und als junger Trainer sehr viel auf Defensive ausgerichtet. Das hat er im Abschlusstraining phasenweise noch zwei Stunden trainiert. Das hat sich dann halt immer wieder ausgezahlt. Das war ich damals nicht gewöhnt, dass man gewisse Dinge so extrem und lange trainiert. Damals war er halt schon in der Trainerausbildung, hat vieles mitgenommen, war offen dafür und er hat das dann eindrucksvoll umgesetzt."

"Früher, ganz am Anfang, hatte er schon ab und zu so ein bisschen den Spitznamen 'Napoleon'. Er ist schon eher autoritär in gewisser Weise, aber er kann auch mit sehr schwierigen Spielern gut umgehen."

Ob Taktikfuchs und Perfektionist auf Canadi zutrifft: "Es ist jetzt schon sehr lange her, aber er hat immer eine Idee, wenn er den Gegner beobachtet und überlegt, wie er gegen den spielen möchte. Das vermittelt er der Mannschaft jedes Mal, das hat er schon damals gekonnt. Er arbeitet akribisch im Detail. Vom Denkmuster her haben wir schon viele Ähnlichkeiten. Er ist ein Trainer, der viel auf taktische Sachen wert legt. Was dazu gekommen ist, ist, dass er immer einen großen Trainerstab hat, im Team arbeitet, den Trainern ihre Aufgaben gibt. Heutzutage geht das nicht, dass man alle Bereiche abdeckt. Man muss auch Leute haben, auf die man setzt und denen man voll vertrauen kann. Das macht er."

Wie er damals mit Spielern umgegangen ist: "Früher, ganz am Anfang, hatte er schon ab und zu so ein bisschen den Spitznamen "Napoleon" Er ist schon eher autoritär in gewisser Weise, aber er kann auch mit sehr schwierigen Spielern gut umgehen. Er versucht dann schon, mit den Spielern ein Verhältnis zu erlangen, damit eine Vertrauensbasis da ist. Das muss einfach sein und das kann er auch sehr gut."

PATRICK SALOMON ÜBER DIE ENTWICKLUNG VON CANADI ALS TRAINER (spielte 07/08 bei PSV Team für Wien und seit 2014 bei Altach unter Canadi und kennt diesen seit 11 Jahren)

Was den Typ Canadi ausmacht und was er anders macht? "Ich kenne ihn mittlerweile schon seit elf Jahren. Ich hatte das Vergnügen, schon im zarten Alter von 17 Jahren mit ihm zusammenzuarbeiten. Ich war auch regelmäßig in seiner Fußballschule in Wien. Er achtet auf sehr viele Sachen, auf die andere Trainer nicht achten. Sei es nur deine Körpersprache, oder wie du dich am Platz bewegst und umschaust. Er schaut bei der Video-Analyse auf sehr viele Sachen, was ich so zuvor noch nie gehabt habe. Er ist ein Trainer, von dem man sehr viel lernen kann. Nicht nur als Spieler, sondern auch für die Karriere danach. Er ist wie die meisten guten Trainer ein bisschen eigen, aber damit muss man umgehen können. Er hat auch bewiesen, dass er auf die Spieler, die er holt und auf die Mannschaften sehr viel hält. Dass er sich immer vor die Mannschaft stellt. Von dem her ist er schon unter den besten Trainern, unter denen ich je trainieren durfte."

Was Canadis eigene Art ausmacht, mit Spielern umzugehen? "Man darf nicht zu viel Freund oder zu wenig sein – da muss man schon eine gute Balance finden. Die findet man bei Damir. Man kann mit ihm super auf einen Kaffee oder Mittagessen gehen, über Fußball philosophieren und du glaubst, er ist dein bester Freund. Und dann im Training gibt er dir ganz schön Gas, wo du dir denkst: Was ist denn jetzt los? Das ist aber genau das, was ihn auszeichnet. Sobald er den Fußballplatz betritt, ist er zu hundert Prozent Trainer. Er weiß ganz genau, was die Spieler brauchen und wie er mit ihnen umgehen muss. Deshalb bin ich voll und ganz davon überzeugt, dass er bei Rapid und darüber hinaus Erfolg haben wird."

"Wir alle sind der Meinung, dass wir eigentlich ein Diplom verdient hätten, da wir Fußball fertig studiert haben nach der Zeit Damir Canadi."

Was speziell anders an Canadi im Vergleich zu anderen ist? "Seine Art, wie er am Spielfeld, wie er mit den Spielern umgeht und die Sachen, die man von ihm lernen kann, ob in taktischer oder privater Hinsicht. Als ich noch beim FAC war, stand ich in der Schule vor dem Abschluss, da habe ich katastrophal trainiert und gespielt. Er hat mich daraufhin ins Büro geholt und gefragt, ob ich gerade ein paar Fünfer schreibe. Ich habe ihm gesagt, dass es derzeit nicht rosig ausschaut. Er hat genau gewusst, woran es liegt. Ein anderer Trainer fragt sich nur: Der ist nicht gut, trainiert schlecht, was ist mit dem? Er macht sich aber über den Tellerrand hinaus Gedanken, was der Grund sein könnte. Und er weiß natürlich auch, wenn es gesundheitlich, finanziell, privat nicht so läuft, dann kann man auch am Feld nicht die Leistung bringen. Er achtet auf viele Kleinigkeiten."

Was wirklich hinter dem Taktikfuchs steckt: "Wir alle sind der Meinung, dass wir eigentlich ein Diplom verdient hätten, da wir Fußball fertig studiert haben durch die Zeit mit Damir Canadi. Weil wir einfach so viel im Taktikbereich und Gesamtbereich Fußball unter ihm gelernt haben, dass wir alle das „Studium Fußball“ in Altach abgeschlossen haben. Der Begriff Taktikfuchs stimmt schon."

HANNES AIGNER ÜBER DIE GEREIFTE TRAINERPERSÖNLICHKEIT CANADI (spielte seit 2013 unter Canadi bei Altach)

Was den Typ Canadi ausmacht und was er anders macht? "Er ist ehrlich und geradeaus, eine Eigenschaft, die ihm hoch anzurechnen ist. Er geht seinen Weg und versucht, viele mitzunehmen. Für mich zeichnet ihn aus, dass er sagt, dass er das und das von einem will und braucht. Wenn das nicht geht, wird er bei ihm nicht spielen. Das ist für einen Spieler immer gut zu wissen, was er verbessern muss. Je nachdem, was es braucht, so geht er mit den Spielern um. Er weiß, was er zu welchem Zeitpunkt zu sagen hat. Er kann Spieler richtig anpacken, er hat ein Gefühl dafür mit unterschiedlichen Charakteren umzugehen."

Wie Canadi als "Taktikfuchs" leibt und lebt? "Also auskennen tut er sich! (lacht) Das ist eine wichtige Geschichte bei ihm, dass er extrem Wert auf Kleinigkeiten legt, die es dann wirklich ausmachen. In der Bundesliga macht es doch den Unterschied aus, welcher Laufweg zu welchem Zeitpunkt der richtige ist. Darauf legt er sehr, sehr viel Wert. Er will das auch noch mit Videos hinterlegen, dass man auch sieht, was er haben will. Das ist eine gute Geschichte, das macht er sehr gut. Dass er uns perfekt auf die Gegner eingestellt hat, hat uns ausgezeichnet. Darum haben wir so viele Punkte gesammelt. Wir wussten, was wir zu tun haben und dadurch haben es die Gegner auch wirklich schwer gehabt, gegen uns Tore zu schießen, Chancen zu erarbeiten oder zu gewinnen."

"Wenn das funktioniert und man sieht, dass man erfolgreich damit ist, dann gibt es nichts Leichteres, als das zu tun, was jemand vorgibt. Wenn man dann so erfolgreiche Spiele abliefert, läuft man dann eh wie dem Schaf dem Hirten hinterher."

Wie man Canadi bei komplett neuen Taktiken blind vertraut? "Wenn das funktioniert und man sieht, dass man erfolgreich damit ist, dann gibt es nichts Leichteres, als das zu tun, was jemand vorgibt. Wenn man dann so erfolgreiche Spiele abliefert, läuft man dann eh wie ein Schaf dem Hirten hinterher. Das ist dann relativ einfach. Canadi ist auf jeden Fall ein Perfektionist, das kann ich hundertprozentig sagen. Er lebt für das Ganze, befasst sich extrem viel damit und denkt über Sachen nach, worüber andere nicht nachdenken."

Welches Erlebnis mit Canadi ihm besonders in Erinnerung geblieben ist? "Wir hatten ein Spiel gegen Austria Lustenau. Ich wurde ausgeschlossen, bin hinter der Trainerbank gestanden und wir waren 0:1 hinten. In allerletzter Sekunde hat Mahop damals den Ausgleich gemacht. Da habe ich in seinem Gesicht gesehen, wie er das Ganze mitlebt. Das war dann einer der entscheidenden Faktoren, dass wir aufgestiegen sind. Wie er dann auf den Platz gelaufen ist und sich in der Situation gegeben hat, da habe ich gemerkt: Das ist ein guter Trainer!"

Alexander Karper


So verlief Damir Canadis 1. Training beim SK Rapid:


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