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Christina Ager - Das Mädel von der Alm

Christina Ager - Das Mädel von der Alm

Bronze im Riesentorlauf. Silber im Slalom. Gold im Mannschaftsbewerb.

Mit einem kompletten Medaillensatz tritt Christina Ager die Heimreise vom Europäischen Olympischen Jugend-Festival aus Brasov an.

Die 17-Jährige zählte damit zu den erfolgreichsten heimischen Teilnehmerinnen in Rumänien. Insbesondere ihre Auftritte in der abschließenden Team-Konkurrenz, in dessen Finale sich Österreich mit 2:1 gegen Italien durchsetzte, zeugten von Sicherheit und Qualität.

Überrascht war davon aber niemand, denn dass die Tirolerin über großes Potenzial verfügt, hat sich bereits herumgesprochen. Potenzial, dass Ager bereits vor einem Jahr bei den Olympischen Jugend-Spielen in Innsbruck erkennen ließ. Auch wenn sie damals in erster Linie durch ein Missgeschick für Schlagzeilen sorgte.

Verbaler Einfädler

Während der Eröffnungsfeier hatte sie beim Sprechen des Olympischen Eides einen Hänger und kommentierte diesen vor laufenden TV-Kameras obendrein mit dem „Sch“-Wort. Das Hoppala, welches sie mit einem Lächeln charmant überspielte, brachte ihr tosenden Beifall und jede Menge Sympathie.

Aus der Bahn geworfen hat sie der Fauxpas keineswegs. „Ich bin ja schließlich zum Skifahren hier und nicht zum Reden“, soll sie im Anschluss gesagt haben und ließ gleich am nächsten Tag eine Bronzene im Super-G folgen. Dies untermauert, wie gefestigt Agers Persönlichkeit zu sein scheint.

In Kombination mit einem herzlichen Naturell macht es sie auch zu einer sehr dankbaren Aufgabe für Journalisten. Während etliche Alterskollegen und selbst erfahrene Weltcup-Profis in der Interview-Situation oft nur vorgefertigte Worthülsen von sich geben, wirkt Ager erstaunlich authentisch und abgeklärt.

Doch woher kommt diese fehlende Scheu? Ein Erklärungsansatz könnte ihr familiäres Umfeld sein. Ager kommt aus der kleinen Gemeinde Söll, wo ihre Eltern die Stöcklalm betreiben. In dem Gastronomie-Gewerbe ist Christina groß geworden und war praktisch stets mit vielen Menschen konfrontiert. Etwas, das prägt.

Auch heute hilft Christina, die einen um 15 Jahre älteren Bruder hat, noch gelegentlich zu Hause aus. Sie schiebt dann beispielsweise Dienst an der Kassa. „Da mich meine Eltern immer unterstützen, versuche ich so ein klein bisschen etwas zurückzugeben. Aber leider habe ich im Winter wegen dem Sport kaum Zeit dafür“, schildert sie.

Steiler Schulweg

Das Leben an der Piste leitete früh ihre sportliche Laufbahn ein. Mit zarten zwei Jahren stand sie erstmals auf Ski, was sie angesichts ihres Umfelds als quasi unausweichlich bezeichnet. „Was willst denn sonst machen, wenn du dort den ganzen Tag nur Skifahrer siehst.“

Ihr Schulweg war tatsächlich die Piste. Am besten zu bewältigen mit Ski oder der Rodel. „Aber es führt auch eine Straße von uns runter“, wehrt sich Ager schmunzelnd davor, zu tief in die Klischee-Kiste vom Mädchen droben vom Berg gedrängt zu werden.

Perfekt ins Bild passt wiederum, dass sie von ihrem Zimmerfenster aus direkt auf ihren Trainingshang sieht. „Das bringt schon große Vorteile mit sich, wenn du vor der Haustüre trainieren und dann auch daheim im eigenen Bett schlafen kannst.“

Training vs. Schule

Ungewöhnlich ist, dass Ager bereits seit ihrem neunten Lebensjahr mit einem Privat-Trainer zusammenarbeitet. Wobei das Zustandekommen des Engagements in erster Linie pragmatische Ursachen hatte, weil die Trainingseinheiten ihres Ski-Klubs WSV Söll mit der Schule kollidierten.

Das über die Jahre aufgebaute Verhältnis zu Coach Günther Gerhard, welches Ager als „väterlich“ beschreibt, ist so gut, dass sie sich eine Trennung zumindest aus heutiger Sicht nicht vorstellen kann. Auch der Wechsel ins Ski-Gymnasium Saalfelden, wo sie in zwei Jahren maturieren möchte, hat daran nichts geändert.

Eine andere 17-Jährige

Geht es um Talente im weiblichen Ski-Sport, fällt dieser Tage freilich sehr schnell der Name Mikaela Shiffrin. Das 17-jährige US-Girl, das die internationale Fachwelt in Verzückung versetzt und zuletzt in Schladming Slalom-Gold holte, wäre in Brasov sogar startberechtigt gewesen. Gefahren ist sie aufgrund völlig anderer Saisonziele freilich nicht.

Vergleiche mit dem Wunderkind aus Colorado hat Ager nicht gerne, da Shiffrin dann doch einer ganz anderen Liga spielt. Der Weg in den Weltcup scheint bei der Tirolerin aber vorgezeichnet. Auch wenn der Weg bis dorthin noch ein steiniger ist. Steiniger als er beispielsweise für Shiffrin war.

„Bei uns wäre ein derartiger steiler Aufstieg gar nicht möglich“, verweist sie völlig wertfrei auf das mehrstufige heimische Kader-System und den Europacup, in dem die Konkurrenz größer sei als etwa im nordamerikanischen Pendant.

Ager hat bereits den Sprung in den C-Kader des ÖSV geschafft und hat aufgrund ihrer gesammelten FIS-Punkte auch schon Erfahrung im Europacup sammeln dürfen.

Dort stellt ein fünfter Platz in der Super-Kombi ihr bestes Resultat dar. Noch.

Aus Brasov berichtet Reinhold Pühringer