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"Entscheiden, ob ich noch 100 Prozent geben kann"

 Für Österreichs Skispringer beginnt am Freitag in Going die Vorbereitung auf die erste Saison unter Cheftrainer Heinz Kuttin.

Mit dabei wird auch Gregor Schlierenzauer sein, obwohl eine endgültige Entscheidung über seine weitere Karriere noch nicht gefallen ist. Im LAOLA1-Interview spricht der Tiroler über eine mögliche Auszeit, das Verhältnis zu Alexander Pointner und Heinz Kuttin und zeigt sich selbstkritisch über den vergangenen Winter.

 

LAOLA1: Die wichtigste Frage vorweg: Du lernst gerade intensiv Norwegisch, müssen wir uns Sorgen um einen Nationenwechsel machen?

Schlierenzauer (lacht): Nein, überhaupt nicht. Österreich ist nach wie vor die Nummer eins und das wird auch so bleiben. Aber Norwegen ist für mich etwas Besonderes, nicht nur weil der Skisprung-Sport dort heilig ist, sondern auch weil für mich dort die Karriere begonnen hat. In Norwegen habe ich meinen ersten Weltcup-Sieg gefeiert und dort fühle ich mich auch irgendwie daheim. Deshalb habe ich mir gedacht, ich lerne Norwegisch. Das Ziel wäre, irgendwann einmal Interviews auf Norwegisch zu geben. Schauen wir mal, ob ich es schaffe.

LAOLA1: Die letzte Saison ist für dich nicht unbedingt nach Wunsch verlaufen. Hattest du schon Zeit, alles zu verarbeiten und zu analysieren?

Schlierenzauer: Ja, die Zeit war jetzt da. Natürlich macht man sich seine Gedanken und analysiert, was war gut, was war nicht gut. Im Endeffekt sind es immer Kleinigkeiten, die entscheiden, ob es sensationell läuft oder eben nicht. Wenn die Feinheiten nicht ganz ineinander greifen, ist es schwierig. Wobei man aber sagen muss, dass es nach wie vor Nörgeln auf hohem Niveau ist. Viele Skispringer haben noch nie eine Olympia-Medaille gewonnen, wir haben heuer Silber im Team gewonnen und jeder sagt, das war schlecht. Von meiner Seite aus war sicherlich das Problem, dass ich zu viel trainiert habe. Ich war leicht im Übertraining und hatte zu wenig Regeneration. Im Materialbereich hatte ich vielleicht auch nicht mehr ganz den Durchblick, war zu verstrickt. So geht der Strudel dann immer weiter nach unten.

LAOLA1: Nach der Saison ist eine Auszeit im Raum gestanden. Wie konkret war bzw. ist das wirklich?

Schlierenzauer: Es ist nach wie vor noch nicht entschieden. Man darf nicht vergessen, dass ich jetzt schon acht Jahre im Weltcup auf höchstem Niveau dabei bin. Das ist ein sehr intensiver Job, der gleichzeitig mit viel Freude verbunden ist. Trotzdem sehnt man sich auch einmal nach einem gewissen Abstand. Ich denke, der Abstand war nun da, um die letzten Jahre Revue passieren zu lassen. Jetzt ist für mich persönlich mit dem neuen Trainer ein Neustart da. Ich werde nach den ersten Trainingskursen entscheiden, ob ich nach wie vor 100 Prozent geben kann. Wenn es nicht möglich ist, muss ich vielleicht wirklich einmal eine Skisprungfreie Zeit für ein Jahr einlegen, um dann noch einmal durchzustarten. Das kann ich jetzt aber noch nicht entscheiden.

LAOLA1: Was bedeutet der Trainer-Wechsel für die Mannschaft?

Schlierenzauer: Ich sehe nur positive Aspekte. Im Endeffekt sind wir eine sehr junge Truppe und man kann sich nur weiterentwickeln, wenn man etwas Neues lernt und neue Inputs bekommt. Ich möchte die Zeit (unter Alexander Pointner, Anm.) nicht missen, sie war sehr erfolgreich. Aber sie war unter Anführungszeichen auch ein bisschen unnormal, weil ich seit acht Jahren im Weltcup bin und acht Jahre den gleichen Trainer hatte. Der Erfolg hat uns zwar Recht gegeben, aber als junger Athlet sehnt man sich auch nach neuen Inputs. Ich möchte etwas dazulernen und mich verbessern, das geht glaube ich nur mit einem neuen Trainer.

LAOLA1: Das Verhältnis zwischen Alexander Pointner und dir war zum Schluss nicht das allerbeste, es gab einige Differenzen. Hat es zum Abschluss ein klärendes Gespräch gegeben?

Schlierenzauer: Es hat nicht nur heuer Meinungsverschiedenheiten gegeben, die hat es schon immer gegeben und die gehören auch dazu. Natürlich ist sehr viel Negatives über mich geschrieben worden, etwa dass ich schuld bin, dass Alex nicht mehr Trainer ist. Das hat mir schon wehgetan. Aber im Endeffekt ist es nicht an mir gelegen, das Team braucht nach so einer langen Zeit einen neuen Mann und neue Impulse und das ist jetzt passiert. Aber es hat ein Gespräch mit Alexander Pointner gegeben und es wird sicherlich noch eines geben. Der erfolgreichste Trainer und ich werden sicher nicht das Kriegsbeil ausgraben.  Es war eine super Zeit, die wir nicht missen wollen und wer weiß, Alex ist ja nicht für immer weg.

LAOLA1: Es hat bereits ein erstes Treffen mit eurem neuen Trainer Heinz Kuttin gegeben. Wie ist es gelaufen, was wurde besprochen?

Schlierenzauer: Es ist sehr relaxt abgelaufen. Heinz ist zu mir nach Hause gekommen und wir haben einmal über grundsätzliche Dinge geredet. Wir haben uns sofort gut verstanden, es war ein sehr positives Gespräch. Ich habe meine Vorstellungen Kund getan und er auch. Ich denke, wir werden gemeinsam mit dem Team einen lässigen neuen Weg gehen. Darauf freue ich mich.

LAOLA1: Ist es für dich ein Problem, dass Heinz Kuttin Thomas Morgensterns Stützpunkt-Trainer war? Könnte es sein, dass Thomas Morgenstern bevorzugt wird, sollte er seine Karriere fortsetzen?

Schlierenzauer: Wenn man Cheftrainer wird, dann sollte das nicht zur Diskussion stehen. Es wird sicher niemand bevorzugt. Natürlich hat es auch schon Gespräche diesbezüglich gegeben. Wichtig ist ein ehrlicher, gemeinsamer Weg. Wir wollen als Team gemeinsam Erfolge feiern, egal, ob jemand Schlierenzauer oder Morgenstern heißt.

LAOLA1: Wirst du auch weiterhin mit deinem Stützpunkt-Trainer Markus Maurberger trainieren?

Schlierenzauer: Das ist noch nicht ganz fix. Natürlich wird es auch weiterhin die Stützpunkt-Trainer geben, anders wäre es nicht händelbar. Aber es wird und es muss anders als in der Vergangenheit sein, so viel steht fest. Wie der genaue Plan aussieht, ist noch nicht besprochen, aber das entscheide auch nicht ich.

LAOLA1: Hast du dir schon Gedanken über deine Ziele für die nächste Saison gemacht, solltest du doch weitermachen?

Schlierenzauer: Wenn, dann will ich Freude und Spaß am Tun haben. Natürlich will ich meine Sprünge immer wieder perfektionieren, aber in erster Linie will ich einfach mit Freude skispringen. Wenn das gelingt, dann ist man sicher auch erfolgreich. Das ist sozusagen das Gesamtziel.

 

Das Gespräch führte Daniela Kulovits