LAOLA1: Apropos Hausaufgaben: Es war ja bereits deine fünfte Vorbereitung auf Olympia - geht man diese anders an als früher?

Bieler: Das erste Mal Olympia war 1998, da hat man von spezieller Vorbereitung noch nicht reden können. Man versucht jedes Jahr, aus Fehlern und positiven Ereignissen zu lernen. Allerdings kommen immer wieder verschiedene Sachen hinzu. Heutzutage muss man das Training und die Regeneration perfekt timen. Das ist mit kleinen Kindern noch schwieriger, weil die nicht verstehen, dass der Papa auf der Couch liegen muss.

LAOLA1: Bei Großereignissen können nur vier Leute starten. Machst du dir selbst viel Druck?

Bieler: Nein, das mach ich nicht mehr. Letztes Jahr war ich nicht in der WM-Mannschaft, aber letztendlich ist es immer so, dass man sich selbst aufstellt. Ich hatte zwar den letzten Weltcup-Bewerb vor der WM gewonnen, aber die Leistungen über die gesamte Saison gesehen waren zu schlecht, um das Trainerteam überzeugen zu können. Wenn ich über die gesamte Saison die Leistung bringe, die ich von mir selbst verlange, dann gibt es auch keine Diskussion darüber, wer in der Mannschaft ist. Die vier Stärksten werden am Start stehen und ich bin überzeugt davon, dass es ein sehr schlagkräftiges Team sein wird.

LAOLA1: Du hast im Training mehr auf Qualität als auf Quantität gesetzt. Hast du dich zwingen müssen, weniger zu machen?

Bieler: Gerade im Sprungbereich habe ich mich eigentlich nicht dazu zwingen müssen. Mit meinem Sprungtrainer Falko Krismayr habe ich ein sehr gutes Konzept erarbeitet, bei dem wir extrem auf die Qualität geschaut haben. Ich habe versucht, möglichst wenig Sprünge zu machen und zwischen den Sprüngen Pausen einzulegen, um Wettkämpfe zu simulieren. Da gilt es, sich auf den einen Sprung zu einhundert Prozent zu konzentrieren und nicht einfach sieben Mal mit dem Lift hochfahren, Ski anziehen und herunterhüpfen. So habe ich eine deutlich höhere Quote an guten Versuchen. Das ist gerade in meinem Alter, in dem man so viele Trainings- und Wettkampfjahre hinter sich hat, viel wichtiger.

LAOLA1: Nun hattest du ja auf der Schanze noch nie so ein großes Problem, sondern eher im Läuferischen.

Bieler: Ich habe in den letzten Jahren gesehen, dass ich nicht faul bin oder schlecht trainiere, sondern dass ich vom Typ her eher der schnellkräftige Skisprungtyp bin. Bei zu viel Training habe ich sofort muskuläre Probleme bekommen und war schnell im Ermüdungszustand. Ich will kein besserer Langläufer, sondern wieder ein besserer Kombinierer sein. Mir bringt es nichts, wenn ich in der Loipe eine halbe Minute schneller werde, aber auf der Schanze eine Minute verliere. Man muss den besten gemeinsamen Nenner finden. Speziell in der Intensität haben wir einiges geändert im Vergleich zu den letzten Jahren. Ich hatte außer einigen Testwettkämpfen in der Vorbereitung keine schnellen Einheiten und will meine Laufform durch die Wettkämpfe steigern.

LAOLA1: Bei den österreichischen Meisterschaften im Oktober hast du beide Titel geholt, dahinter haben einige Junge aufgezeigt. Wo siehst du momentan den Nachwuchs?

Bieler: Die Entwicklung in den letzten Jahren ist sehr gut und ein gewisser Druck in der Mannschaft belebt das Geschäft. Mario Seidl konnte sich im letzten Jahr im Weltcup etablieren und ich bin überzeugt, dass er heuer schon absolute Top-Leistungen zeigen wird. Aber wir hatten in Österreich viele leere Jahre, in denen der Nachwuchs gefehlt hat – sei es durch erfolgreiche Athleten an der Spitze, sei es durch falsches Training. Die Leute, die nach vorne drängen, sind, was den Langlauf angeht, sehr gut, aber das Problem liegt auf der Schanze. Unser erfolgreichster Athlet, Felix Gottwald, hat über viele Jahre gezeigt, dass man durch den Langlaufbereich in der Nordischen Kombination viele Erfolge feiern kann. Im Nachwuchsbereich wurde nach seinem Vorbild gearbeitet und der Sprungbereich ein wenig vergessen. Es schadet nicht, wenn junge Athleten schon ein Topniveau im Langlauf erreicht haben. Weniger Training im Langlaufbereich heißt, dass man sich im Springen leichter verbessern kann. Skispringen und Langlauf schlagen sich ein bisschen und zu viel Langlauftraining wirkt sich meist negativ aufs Sprungtraining aus.