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Eder: "Wir müssen auch vor der eigenen Tür kehren"

Eder:

Simon Eder weilt seit Dienstag in Tschechien, um sich den letzten Feinschliff vor seinem ersten Einsatz bei der Biathlon-WM zu holen.

Der 29-jährige Salzburger bildet gemeinsam mit Dominik Landertinger, Daniel Mesotitsch und Julian Eberhard, der für den kranken Fritz Pinter einspringt, das ÖSV-Kleeblatt im Sprint.

Vor seiner Premiere in Nove Mesto nahm sich Eder für LAOLA1 Zeit, um über das Saisonhighlight, seine Probleme in der Loipe und eine lange Durststrecke zu plaudern.

LAOLA1: Simon, hat sich das WM-Fieber bereits bei dir ausgebreitet?

Simon Eder: Ja doch, eine WM ist immer etwas Besonderes. Man merkt, dass sich jeder besonders große Mühe gibt. Das betrifft nicht nur uns Athleten, sondern reicht von den Betreuern bis zu den Veranstaltern.

LAOLA1: Das Publikum ist unglaublich Biathlon-begeistert, ist das mit anderen Weltcuporten vergleichbar?

Eder: Das ist immer schwierig. Antholz hat sich aus meiner Sicht in dieser Saison am besten präsentiert. Dort spielt das Wetter immer mit. Nove Mesto ist noch ein sehr junger Weltcuport, der sich etablieren muss. Was die Zuschauer betrifft, hat er aber auf alle Fälle großes Potenzial.

LAOLA1: In der kommenden Saison fehlt der WM-Ort dieses Jahres. Ein Fehler der IBU, da dadurch die Nachhaltigkeit verloren geht?

Eder: Die Tschechen brauchen einen Weltcup. Hier entsteht einiges, die Mannschaft zeigt sich enorm stark. Man muss es schon hinterfragen, dass die IBU so entscheidet.

LAOLA1: Christoph Sumann sorgte für einen Aufreger, er hat am Donnerstag für die WM abgesagt. Warst du überrascht?

Eder: Ich wusste davon nichts. Ich versuche mich auf meine Vorbereitung zu konzentrieren.

LAOLA1: Im Sprint müsst ihr alle eure Karten aufdecken. Hand aufs Herz – bist du tatsächlich bei 100 Prozent deiner Leistungsfähigkeit?

Eder: Ich glaube, dass es bei mir wirklich nicht schlecht aussieht. Man kann es immer erst bewerten, wenn man sieht, wie schnell die Konkurrenz ist. Allerdings hatte ich in Antholz meine besten Laufzeiten in dieser Saison, da will ich anschließen. Wenn ich im Sprint 45 Sekunden Laufrückstand habe, bin ich ein Kandidat für die vorderen Plätze. Das ist natürlich mein großes Ziel. 

LAOLA1: Wie würdest du deine bisherige Saison zwischenbilanzieren?

Eder: Der große Burner hat gefehlt, sodass ich mal wieder am Stockerl stehe. Es waren aber einige recht gute Leistungen dabei, sonst wäre ich nicht Zwölfter im Gesamtweltcup. So gesehen bin ich ganz zufrieden.  

LAOLA1: Dein Vater fungiert weiter als Ratgeber. Wie läuft die Kommunikation zwischen euch und Cheftrainer Remo Krug? 

Eder: Remo ist die meiste Zeit in Hochfilzen, wo auch ich häufig bin. Mein Vater arbeitet dort, sodass ich mich von beiden beraten lasse. Das passt ganz gut, es gibt keine Geheimnisse. Die beiden sehen sich immer wieder, ansonsten läuft es häufig über mich, sodass ich individuelle Dinge ins Training einbauen kann.

LAOLA1: Du bist seit Jahren der schnellste Schütze im Feld, obwohl deine Zeiten kontinuierlich nach oben gehen. Betreibst du Risikominimierung?

Eder: Ich brauche in der Schussfolge einen Tick länger, deshalb sieht es für die Zuschauer nicht mehr ganz so schnell aus. Ich habe aber an der Schussvorbereitung gearbeitet. Letztes Jahr ging mir das nicht ganz auf, aber ich denke, es passt jetzt ganz gut. Mit dem Schießen bin ich wirklich zufrieden.

Im Schießen eine Klasse für sich: Simon Eder ist der "Lucky Luke" des Biathlons
LAOLA1: Läuferisch ist der Abstand zu den Besten doch relativ groß. Woran liegt es?

Eder: Ich war nach Olympia auf dem Sprung und habe gehofft, dass nun der nächste Leistungssprung erfolgt. Doch dann kam erst der Parasit (durch verunreinigtes Wasser in Östersund, Anm.), in der Saison darauf der chronische Schnupfen. Deshalb habe ich mich nicht weiterentwickeln können. Ich bewerte daher diesen Winter als Schritt zurück und hoffe, dass ich die nächsten Jahre wieder dorthin komme, wo ich schon mal war.

LAOLA1: Du gehst davon aus, dass du noch großes Potenzial im läuferischen Bereich besitzt?

Eder: Würde ich das nicht glauben, würde ich noch heute aufhören, weil es sonst sinnlos wäre.

LAOLA1: Du hast insgesamt acht Podestplätze in deiner Karriere errungen, der letzte datiert allerdings aus dem Jahr 2010. Bereitet dir das Sorgen bzw. setzt du dich dadurch zusätzlich unter Druck?

Eder: Das ist natürlich nicht fein. Man muss dann sachlich analysieren, ob man realistisch gesehen noch eine Chance hat, wieder aufs Podest zu laufen. Und ich glaube ganz fest daran.

LAOLA1: Siehst du in dir auch einen potenziellen Siegläufer?

Eder: Zur Zeit bin ich sicher keiner. Im Moment ist die Konstanz meine Stärke, dadurch verkaufe ich mich ganz gut. Solange ich im WM-Sprint dabei bin, muss ich mir noch keine großen Sorgen machen. Es ist schließlich nicht so leicht, ins Team zu kommen.

LAOLA1: Gab es Diskussion um eine Teilnahme?

Eder: Es war so, dass ich nach Antholz ein paar Tage gewartet habe, ehe der Anruf kam, dass ich ein Ticket habe. Danach war die Sache für mich erledigt. Natürlich wusste ich, wo ich in der Sprintwertung liege (Platz zehn und damit bester Österreicher, Anm.), hätte es ein Problem gegeben. (lacht)

LAOLA1: In Zeiten wie diesen fällt auf, dass die Russen seit Jahresbeginn in Überform agieren. In der Vergangenheit hat sich das zwar bei mancher Dopingprobe, aber nicht im sportlichen Sinne als positiv erwiesen. Bleibt eine gesunde Skepsis?

Eder: Als Athlet muss man das grundsätzlich ausschalten. Natürlich macht man sich seine Gedanken – in schwachen Momenten mehr als in starken. Es bringt dich aber nicht weiter. Man macht es sich zu einfach, nur die Russen zu verdächtigen. Mir erscheint manche Weste als zu sauber. Aber sicher, bei den Russen fällt schon auf, dass sie läuferisch extrem stark sind. Ich kann nur hoffen, dass ein Großteil sauber ist. Alle werden es nie sein, das hat uns die Vergangenheit gelehrt. Ich will nicht mehr blauäugig sein, auch wir in Österreich müssen vor der eigenen Tür kehren.

LAOLA1: Der teaminterne Druck ist in diesem Jahr um einiges höher als in der Vergangenheit, ein Podestplatz wie jener von Sumann in Östersund hat nicht gereicht, um im WM-Sprint zu starten. Pusht dich der Wettbewerb?

Eder: Für unsere Leistungsentwicklung ist das sicher positiv. Michi Reiter und Sven Grossegger haben wieder in die Spur gefunden. Das sind Leute mit Potenzial. Dieser Druck kann sich nur positiv auswirken. Je mehr von hinten nachkommt, desto mehr gibt man selber Gas.

LAOLA1: Was muss passieren, damit du mit einem guten Gefühl aus Nove Mesto abreist?

Eder: Ein Einzel-Nuller (lacht) und eine gute Staffel-Leistung. Wenn wir mit dem Team auf dem Stockerl stehen, bin ich schon sehr zufrieden. Wenn ich in einem anderen Bewerb mit vier Schießen fehlerfrei durchkomme, ist auch da einiges drin. Im Einzel und Verfolger habe ich sicher gute Chancen.

LAOLA1: Vielen Dank für das Gespräch.

 

Das Interview führte Christoph Nister