Österreich könnte schon bald einen NHL-Legionär mehr haben.
Lukas Haudum taucht im finalen CSS-Ranking für den NHL-Draft 2015 Platz 93 der europäischen Feldspieler gereiht. Damit hat der Södertälje-Legionär allerdings nur Außenseiter-Chancen, wirklich von einem Team gewählt zu werden.
LAOLA1 hat sich bereits im Dezember mit dem gebürtigen Linzer unterhalten und versucht sein Leistungspotential abzuschätzen.
Haudum spielt wie ein Erwachsener
Haudum (mit dem Fußballer Stefan Haudum weder verwandt noch verschwägert) hob sich schon bei der letzten U18-WM in Szekesfehervar von der Masse ab.
In einer durchaus guten Mannschaft mit Offensivtalenten wie Ali Wukovits (damals Capitals, jetzt Färjestads), Stefan Gaffal (Black Wings Linz) oder Mario Huber (Innsbruck) war er hinter Dominic Zwerger (Spokane) mit vier Treffern und einem Assist zweitbester Scorer des Teams.
Doch nicht Statistiken, sondern seine Spielweise ließen ihn zeitweise herausragen: Im Gegensatz zu den anderen Talenten agierte der damals noch 16-jährige mehr wie ein Mann als wie ein Nachwuchsspieler.
Bader voll des Lobes
Er ging mit Überzeugung in die Ecken, eroberte dort Scheibe um Scheibe und wusste diese dann auch zu behaupten und zu verarbeiten.
Große Löcher in seinem Spiel waren keine festzustellen, er verfügt über eine gute Physis, steht fest auf seinen Eisen, kommt flink aus den Ecken heraus und kann sowohl scoren als auch vorbereiten.
Auch U20-Nationaltrainer Roger Bader war nach dem Turnier in Vojens voll des Lobes: „Lukas kann Flügel und Center spielen und ist eigentlich das komplette Paket. Vielleicht etwas mehr Playmaker als Torschütze, läuferisch und physisch agiert er bereits auf einem guten Niveau.“

Die Familie hilft
Auch nach der „Beförderung“ in eine höhere Altersstufe hat sich am täglichen Leben für den 17-Jährigen nicht viel verändert:
Er teilt sich mit einem Mitspieler eine Wohnung. Kochen, waschen, bügeln gehören ebenso zum fixen Tagesablauf wie der Besuch einer internationalen Schule. Mit der schwedischen Sprache geht es auch langsam voran: „Ich verstehe schon fast alles, mit dem Sprechen tue ich mir noch etwas schwer.“
Seine Familie unterstützt ihn auch aus der Ferne. Dieter Werfring, der Haudum sowohl im Verein in Linz als auch im U18-Nationalteam gecoacht hat, lobt auch das Elternhaus: „Sie stehen hinter ihm und helfen ihm in seiner Karriere, ohne sich je über Gebühr einzumischen – wenn nur alle Eishockeyeltern so wären.“
NHL-Draft möglich
Wie stehen Haudums Chancen im NHL-Draft? Das hängt nach wie vor von vielen verschiedenen Faktoren ab.
Er ist immerhin schon ins Rampenlicht einiger Scouting-Agenturen geraten. In der finalen CSS-Rangliste, die von den Ausnahmetalenten Connor McDavid (1) und Jack Eichel (2) angeführt wird, taucht er nun auf Rang 93 auf.
Alles eher abstrakt und nicht unbedingt Hinweise auf eine Draftchance, doch Södertälje-Coach Daniel Eriksson kann auch über einige Kontaktaufnahmen durch NHL-Scouts berichten:
„Ich sage ihnen immer das gleiche – ein späterer Draftpick für Lukas wäre sicher kein verschwendeter. Er steigert sich ständig und hat sein Leistungspotential noch lange nicht erreicht. Seine Einstellung ist sehr gut und er bekommt immer mehr mit, was er abseits des Eises tun muss.“
Zukunft in Nordamerika?
Doch NHL-Draft hin oder her, Haudum hat für seine Zukunft einige Optionen: Eine Rückkehr nach Österreich ist natürlich immer möglich, er könnte aber auch nach Kanada übersiedeln.
Die Mississauga Steelheads haben sich bei der Import-Draft im letzten Sommer die Rechte am Österreicher gesichert, was ihn allerdings überraschte: „Nordamerika war eigentlich kein Thema für mich, mein Wechsel nach Schweden ist schon festgestanden.“
Doch die OHL ist auch keine schlechte Variante. Mississauga ist ein Vorort von Toronto und im Gegensatz zu anderen Juniorenligen halten sich die Distanzen bei den Auswärtsfahrten in Grenzen.
Und die Steelheads werden in der nächsten Saison einen oder zwei Importplätze frei haben, der parallel zu Haudum gedraftete William Nylander (Nr. 8 des letzten NHL-Drafts) wird wohl weiter für Modo oder gleich für die Maple Leafs auflaufen.
Mehrere Karriereoptionen
Als Alternative lockt ein Dreijahresvertrag mit Södertälje, seit jeher ein Team, bei dem auch junge ausländische Talente den Weg in die erste Mannschaft schaffen können.
Bestes Beispiel aus dem Vorjahr: Der Tscheche David Pastrnak, letztjähriger Erstrundenpick der Boston Bruins, der in dieser Saison sein NHL-Debüt gab.
Karriereoptionen gibt es für Haudum also einige, der Abschied aus Linz war vorgegeben, die sofortige Übersiedlung über den großen Teich hätte funktionieren können, aber auch nicht.
Ob es reicht, dass er im Juni auch wirklich von einem Team gezogen wird, steht noch in den Sternen. Spannend wird der Draft aber allemal.
Bernd Freimüller
Wechsel ins Ausland
Im Vereinshockey machte Haudum ebenfalls einen großen Sprung. Er übersiedelte im Sommer 2014 nach Södertälje, einer unweit von Stockholm gelegenen und durch einen hohen Migrantenanteil gekennzeichneten Stadt.
Dort begann er zunächst in der U18 – war das für ihn eine Enttäuschung? „Überhaupt nicht. Ich wusste, dass das Team mich zuvor auf dem Eis nicht gesehen hat, daher war das der logische Weg.“
Wieso es überhaupt Södertälje und nicht das ursprünglich anvisierte Malmö wurde, erklärt Agent Peter Kasper: „Die schulischen Bedingungen sind hier einfach besser.“
"Beförderung" in die U20
Den Weggang aus Linz bereute Haudum bis dato nicht, winkte ihm doch dasselbe Schicksal wie Vereinskollegen Stefan Gaffal: Für die EBYSL zu stark und davon bedroht, schlechte Gewohnheiten einreißen zu lassen, aber mit wenig Bewährungschancen in der Ersten.
Nach 13 Punkten in elf U18-Spielen (als Center) holte ihn dann Coach Daniel Eriksson zur U20, wo er nun eine keinesfalls untergeordnete Rolle einnimmt.
So zieht Eriksson den nun als Flügel eingesetzten Haudum etwa im Powerplay an die blaue Linie zurück: „Er hat einen sehr guten Handgelenksschuss und der ist für mich dort manchmal wichtiger als ein Slapshot mit großer Ausholbewegung. Für mich ist es daher auch nicht wichtig, dass Lukas zu den jüngeren Spielern im Team gehört.“