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"Wir haben die Chance, den Weg zu vollenden"

Besser spät als nie!

Den Super-GAU konnten die Vienna Capitals gerade noch abwenden. Im abschließenden Heimspiel wurde das Mindestziel erfüllt – die Teilnahme an den Playoffs.

„Das Geschehene ist vergessen. Jetzt stehen wir dort, wo wir schon früher stehen wollten“, möchte Tommy Samuelsson im Gespräch mit LAOLA1 nicht mehr zurückblicken. Das sportliche Mastermind erlebte eine beschwerliche Premieren-Saison.

Fehlender Teamgeist, anhaltendes Formtief sowie Verletzungspech ließen die Hauptstädter beinahe stolpern. Gegen Jesenice wurde Frustbewältigung betrieben. Elf Tore waren ein deutliches Zeichen: Die Caps leben noch!

Das Ergebnis hinterließ jedoch einen fahlen Beigeschmack.

Die Black Wings sind gewarnt

„Wir marschierten, die Slowenen wurden müde. Sie schalteten keinen Gang zurück, das ist absoluter Blödsinn. Es war emotional, wir schossen uns Ärger von der Seele. Jetzt werden die Karten neu gemischt“, betont Philipp Pinter, der nach dem Rauswurf der „Unruhestifter“ Pat Kavanagh und Ross Lupaschuk vor der Viertelfinal-Serie ein atmosphärisches Hoch ausmacht.

„Die Stimmung ist wirklich sehr gut. Wir haben uns in den letzten vier Do-or-die-Spielen von einer guten Seite präsentiert. Jeder realisierte, was die Playoffs für Fans, Verein und Stadt bedeuten.“ Ein angeschlagener Boxer mit Rückenwind – gefährliche Kombination für EBEL-Dominator Linz.

„Sie haben außergewöhnliches Talent und einen hervorragenden Coach. Sie können daraus vielleicht ein Momentum generieren. Wir arbeiten daran, das Spiel zu maximieren. Wollen wir erfolgreich sein, müssen wir sehr gut spielen“, warnt Black-Wings-Stratege Rob Daum.

Gegenüber Samuelsson strotzt nur so vor Selbstvertrauen. Warum, erklärt der Schwede im Interview.

LAOLA1: Herr Samuelsson, ist die Erleichterung nun wiederum der Anspannung gewichen?

Samuelsson: Es im entscheidenden Spiel geschafft zu haben, war eine Befreiung. Man konnte diese auch jedem Einzelnen anmerken, die Freude war riesengroß. Jetzt stehen wir dort, wo wir eigentlich etwas früher sein wollten. Die Spannung steigt aber auf jeden Fall.

LAOLA1: Mussten Sie zu irgendeinem Zeitpunkt um ihre Zukunft bei den Capitals zittern oder spürten Sie die Rückendeckung der Führungsriege?

Samuelsson: Darüber machte ich mir überhaupt keine Gedanken. Der Fokus war stets von Tag zu Tag gerichtet. Wir sprachen einzig und allein darüber, dass bis zum letzten Moment gegen Jesenice alles möglich ist. Dem galt unsere volle Konzentration.

LAOLA1: Der Titel wurde von ihnen höchstpersönlich als Ziel ausgegeben. Warum lief es bisher so gar nicht rund?

Samuelsson: Diese ganze Situation analysieren wir erst zu Saisonende. Wir schauen nicht zurück. Das Geschehene ist jetzt vergessen. Derzeit interessiert uns lediglich, dass wir eines von acht Teams sind, welches die Chance hat, den Weg zu vollenden. Die Spieler probieren, die Leistung abzurufen, mit der sie die Viertelfinal-Serie gewinnen können.

LAOLA1: Befindet sich ihr Team endlich auf dem richtigen Kurs, auch bezüglich Zusammenhalt?

Samuelsson: Ich bin überzeugt, dass der Teamgeist, die Mischung und Stimmung passen. All das war ein Hauptgrund, warum uns dieser entscheidende Schritt gelang. Der Aufstieg in fast letzter Sekunde gibt der gesamten Gruppe noch mehr Kraft und Power.

LAOLA1: Wie konnten Sie als Trainer einwirken, damit dieser „Einer-kämpft-für-den-anderen“-Spirit zurückkehrt?

Samuelsson: Über das Jahr hinweg muss ein Betreuer daran arbeiten. Auch die Spieler selbst sollten ihren Teil beitragen. In den letzten Wochen war ich mit der Leistung meiner Mannschaft am Eis sehr zufrieden.

LAOLA1: Im Kreuzfeuer der Kritik standen die Legionäre: Einer jener, Nathan Robinson, taut langsam aber sicher in der Linie mit Mario Seidl und Taylor Holst richtiggehend auf. Warum so spät?

Samuelsson: Ich spreche ungern über individuelle Leistungen, sondern lediglich über das Kollektiv. Er könnte ein Schlüsselspieler in der Viertelfinale-Serie werden. Diese Linie harmoniert wirklich sehr gut zusammen. Vor allem Seidl gelang ein großer Sprung in der Entwicklung. „Holsti“ passt mit seiner Kraft und Power wunderbar dazu. Und Nathan zieht in der Mitte die Fäden. Für Duell eins ist Taylor leider gesperrt.

LAOLA1: Sie wirken in ihren Statements ausgesprochen optimistisch - woher nehmen die Caps diese Überzeugung?

Samuelsson: Jetzt ist es eine ganz andere Situation. Wir hatten in der Qualifikationsrunde viel Druck. Seit einigen Wochen betrachten wir jedes Spiel als eines der Playoffs. Wir sind im Verlauf aber immer stärker geworden, erzielten zuletzt einige Tore und konnten Selbstvertrauen tanken. Linz spielte eine echt gute Regular Season, sie befinden sich in einer anderen mentalen Situation. Das Viertelfinale ist der Schlüssel. Geht man wie Linz als Favorit in die Playoffs, will man diese gewinnen. Bei uns ist die Freude so groß. Wir können befreiter aufspielen, hoffentlich schaffen wir es weiter.

LAOLA1: Die Capitals haben im Sommer kräftigt aufgerüstet und eine neue Eishalle bekommen. Wie wichtig wäre ein Weiterkommen?

Samuelsson: Für alle Organisationen, Fans, Trainer und Spieler ist Erfolg wichtig. Man lebt für diese Zeit. In den Playoffs beginnt die Saison richtig. Wir lieben die Playoff-Situation, wenn wir die Chance haben, den Pokal zu erreichen. Anfang der Saison spricht man über Visionen und kleine Ziele, jedoch ist der Anspruch, immer in den Playoffs zu stehen und das letzte Meisterschaftsspiel zu absolvieren.

LAOLA1: Die Frage aller Fragen: Kann Reinhard Divis spielen, oder nicht? Wie geht es ihrer verletzten Nummer eins?

Samuelsson: Viel besser! Er könnte im Kader für Sonntag stehen, das ist meine Hoffnung. Es ist stets wichtig, eine gesunde Mannschaft zu haben. Besonders im ersten Viertelfinale. Die Torhüter-Position könnte entscheiden.

LAOLA1: Kann Backup Sebastian Stefaniszin den Routinier in einem solch bedeutenden Kräftemessen gebührend vertreten?

Samuelsson: Sicherlich! Während der Saison konnte er das beweisen, wenn er die Chance bekam. Er hat das nötige Potenzial und ist ein Instinkt-Goalie. Solche können eine Begegnung entscheiden, das wird er, wenn er zum Einsatz kommt, gegen die Linzer zeigen. Er sah zwar nicht immer glücklich aus. Ohne Fehler zu spielen, ist bei dem Druck, der auf ihm lastete, fast unmöglich. In Anbetracht dessen waren die Leistungen super.

LAOLA1: Wie haben Sie ihre Schützlinge auf Spiel eins in Oberösterreich vorbereitet?

Samuelsson: Wir analysierten in den vergangenen Tagen unsere Fehler, um sie abzustellen und eine bessere Leistung zu zeigen. Nachher auf dem Eis sind es allerdings dann derart viele mentale Sachen. Die Spieler sind überglücklich hier zu stehen. Ich hoffe, das beflügelt individuell und auch als Gruppe. Es wird eine knallharte Partie. Nun fängt es nochmals bei Null an. Alles ist offen.

Das Gespräch führte Christoph Köckeis