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Raymond: "Das erzeugt eine schiefe Optik!"

Raymond:

Das haben sich die Verantwortlichen und Spieler von Medvescak Zagreb wohl anders vorgestellt.

Neben den Black Wings Linz waren die Kroaten im Grunddurchgang und in der Zwischenrunde das Maß aller Dinge. Doch nach zwei Spielen in der „Best of seven“-Serie des Halbfinales gegen den KAC stehen die „Bären“ bereits mit dem Rücken zur Wand.

Der Druck ist immens, will man sich nicht vorzeitig in den Urlaub verabschieden. „Es ist wichtig, dass wir nicht in Selbstmitleid versinken, denn am Sonntag wartet das wichtigste Spiel auf uns“, so Trainer Marty Raymond.

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Selbstmitleid deshalb, weil sich der US-Amerikaner und sein Team nach der zweiten Niederlage von den Schiedsrichtern benachteiligt fühlten. Nicht weniger als elf Zwei-Minuten-Strafen mussten Dario Kostovic und seine Kollegen in der Klagenfurter Messehalle absitzen. Die Hausherren im Gegensatz nur drei.

„Wir müssen offensichtlich doppelt so gut sein, wenn wir gewinnen möchten“, wittert Kostovic eine Verschwörung.

LAOLA1 hat vor dem dritten Aufeinandertreffen in Zagreb mit „Bären-Dompteur“ Raymond über die Referee-Leistungen, die Anschuldigungen von KAC-Goalie Andy Chiodo (Hier geht’s zum Interview) und eine mögliche Benachteiligung durch die Liga unterhalten.

LAOLA1: Sie haben nach dem letzten Spiel die Schiedsrichter kritisiert. Was genau prangern sie an?

Marty Raymond: Zuerst muss man sagen, dass es Strafen gab, die berechtigt waren. Zum Beispiel als wir zu viele Spieler auf dem Eis hatten, weil ein Verteidiger draußen geblieben ist. Oder als wir wegen Spielverzögerung in die Kühlbox mussten. Wir verdienten die Strafen, die wir bekommen haben, aber ich spreche von Situationen, die zu Gunsten des KAC nicht gepfiffen wurden. Wie wir Fünf gegen Vier gespielt haben, ist direkt vor den Augen des Schiedsrichters ein Stockschlag passiert, den hat er nicht gesehen. Es ist nicht das, was wir tun. Mich stört das, was nicht gegeben wird. Wenn man zwei oder drei schlechte Entscheidungen zu Gunsten einer Mannschaft trifft, verschiebt sich das Verhältnis schon extrem.

LAOLA1: Doch die Strafen, die sie bekommen haben, waren gerechtfertigt?

Raymond: Ich muss natürlich mit meinen Spielern sprechen, denn wir haben Strafen genommen, die wir nicht nehmen dürfen. Es war nicht nur die Leistung der Schiedsrichter, denn wir müssen auch disziplinierter agieren. Wenn ich die österreichischen Zeitungen aufschlage und lese, dass alles gerechtfertigt war, kann ich nur den Kopf schütteln. Es gibt immer zwei Seiten zu jeder Geschichte. Ich will hier die Schiedsrichter nicht an den Pranger stellen, aber ich muss die Jungs auch ein wenig in Schutz nehmen. Es gab einfach drei oder vier Pfiffe, die wir nicht bekommen haben. Aber so ist das Leben, wir müssen weitermachen und das akzeptieren.

LAOLA1: Haben sie das Gefühl, dass Zagreb als nicht-österreichischer Klub eventuell gar nicht die Chance hat, in die Finals zu kommen?

Raymond: Ich kann das nicht wirklich kommentieren. Ich habe jedoch in der Zeitung gelesen, dass der Präsident des österreichischen Verbands (Dieter Kalt sen., Anm.) seine Wurzeln in Klagenfurt hat. Das erzeugt natürlich für Außenstehende eine schiefe Optik. Ich erinnere mich zurück an Colin Campbell, der abdankte, weil sein Sohn in der NHL spielte (Campbell trat als Vize-Präsident des NHL-Disziplinar-Ausschusses aus ethischen Gründen zurück, weil sein Sohn mit den Boston Bruins den Stanley Cup gewonnen hatte. Das brachte ihn in einen moralischen Konflikt, Amn.). Eigentlich kann ich mich dazu nicht äußern. Ich kenne die Politik dahinter nicht, aber es sollte schon etwas getan werden, um einen möglichen Verdacht zumindest abzuschwächen. Ich möchte kein Fass aufmachen, denn wir verlieren auf dem Eis.

LAOLA1: Andy Chiodo meinte, ihr Team würde dreckiges Eishockey spielen. Was sagen sie zu diesem Vorwurf?

Raymond: Chiodo sagte, Zagrebs Spiel sei dreckig?

LAOLA1: Ja.

Raymond: (lacht) Wenn man den Leuten immer wieder Lügen erzählt, glauben sie die eines Tages. Er sagt das, die Leute lesen es und als Reaktion darauf bekommen wir mehr Pfiffe gegen uns. Nein, wir spielen kein schmutziges Eishockey und haben das auch nie gemacht. Natürlich kann es sein, dass es im Playoff emotionaler wird, aber das ist es schon. Das ist genau die Masche. Du gehst an die Presse und sagst Dinge wie diese. Es ist einfach nur lachhaft.

LAOLA1: Die Art wie sie und auch der KAC spielen, ist normales Playoff-Eishockey?

Raymond: Ich denke im Playoff sind schlicht die Emotionen höher. Nehmen wir als Beispiel das erste Spiel der Serie: Frank Banham und Joel Prpic haben Dinge getan, die nicht okay waren, dafür wurden sie bestraft. Die Sperren sind absolut in meinem Sinn. Aber die Nummer 15 der Klagenfurter (Paul Schellander. Anm.) kommt von der Bank und mischt sich ein. So etwas geht einfach nicht. In der NHL würdest du dafür gesperrt werden. Warum wird er das nicht? Chiodo überquert die rote Linie, das wären weitere zwei Spiele Sperre. Wenn man sich am Ende des Tages hinterfragt und sagt, das Spiel wäre schmutzig, ist da was faul. Das eine Spiel war schmutzig, nicht nur von uns sondern von beiden Seiten. Wir werden kämpfen, die Serie ist noch nicht vorbei und wir sind noch nicht ausgeschieden.

LAOLA1: Abgesehen von den Strafen gegen ihre Mannschaft. Was hat nicht funktioniert?

Raymond: Es ist schwer zu sagen, denn wir haben wenig Fünf gegen Fünf gespielt. Dennoch müssen wir noch mehr Verkehr vor dem Tor erzeugen, mehr den Abschluss suchen und in der Überbrückung des Mitteldrittels besser werden. Wenn wir vollzählig waren, waren wir effektiv. Die besten Schützen der Klagenfurter spielen in guter Form, das ist im Moment ihr Vorteil.

LAOLA1: Ist es schwer, das Team nach zwei Niederlagen mental auf das nächste Spiel vorzubereiten?

Raymond: Nach einer Niederlage hat man im mentalen Bereich immer viel zu tun. Die Jungs wissen, dass sie nur am Sonntag gewinnen müssen und dann sind wir zurück in der Serie. Es wird ein großes Spiel für uns, aber wir sind überzeugt, dass wir gewinnen können. Wir haben noch nicht unser bestes Eishockey gezeigt. Entscheidend wird sein, dass wir von der Strafbank weg bleiben. Es waren Strafen dabei, die schlicht unnötig waren. Wir werden bereit sein. Die Vergangenheit können wir ohnehin nicht mehr ändern.

LAOLA1: Was sind die Schwächen des KAC? Worauf bereiten sie sich vor?

Raymond: Sie agieren sehr systematisch und wir müssen zusehen, dass wir Löcher in die kompakte Defensive reißen. Sie sind nicht die Größten, deshalb sagen sie zu den Medien, wir spielen hart. Wir müssen ein körperliches Konzept aufziehen, was nicht bedeutet, dass wir ihnen die Köpfe abreißen. Wenn du konstant und clever gegen den Körper spielst, hast du Erfolg, denn niemand wird gerne gecheckt. Der KAC ist schnell und kreiert viele Chancen, aber die werden sie nicht mehr bekommen.

LAOLA1: Sie haben gegen KAC alle Spiele auf dem Eis gewonnen, nun zwei Mal in Folge verloren. Sehen sie als Coach die Unterschiede zwischen dem KAC unter Viveiros und dem KAC mit Weber?

Raymond: Sie sind beide gute Trainer, aber es hängt nicht immer von den Coaches. Einige der Spieler haben sich extrem gesteigert. Sie spielen nun besser, auf der anderen Seite haben wir einige Ausfälle. Sie haben derzeit mehr Tiefe im Kader. Der Unterschied im System ist, dass der KAC jetzt geduldiger ist und mit mehr Druck nach vorne agiert. Jeder bringt eine neue Philosophie in die Mannschaft und die Spieler müssen sich daran aufbauen. Sie performen wohl auf ihrem höchsten Level. Aber sie sind beide gute Trainer und haben beide einen sehr guten Job gemacht.

LAOLA1: Was muss passieren, damit ihr Team die Serie dreht und in das Endspiel einzieht?

Raymond: Erstens muss unser Torhüter unglaublich halten. Das kann er, das hat er schon bewiesen. Zweitens unsere Schlüsselspieler müssen endlich Ergebnisse zeigen. Disziplin ist ein Schlüsselfaktor, außerdem wäre es gut, wenn wir in Führung gehen. Wenn diese Dinge eintreffen, was nicht unrealistisch ist, dann schaffen wir es.

Das Gespräch führte Sebastian Rauch