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"Ich war schon sehr nervös am Anfang"

„Willkommen bei der Vanek-Mania!“

Mit diesen Worten moderierte der Hallensprecher kurz vor 19 Uhr einen für Eishockey-Graz historischen Abend ein, und es war nicht einmal eine Übertreibung.

Um 20:39 Uhr sollte die steirische Heldenverehrung ihren absoluten Höhepunkt erreichen. „Thoooomas Vanek! Thoooomas Vanek!“, schallten die Sprechchöre in ohrenbetäubender Lautstärke durch den Liebenauer Bunker.

Soeben hatte Thomas Vanek seinen Premierentreffer für die Graz 99ers erzielt. Ein Gänsehautmoment, wie er im Buche steht. Der Heimkehrer kam, traf und siegte.

Mit 5:4 nach Shootout ging der temporäre Arbeitgeber des NHL-Legionärs gegen Zagreb als Sieger vom Eis. Dass Österreichs bester Eishockey-Spieler, für gewöhnlich in Diensten der Buffalo Sabres, zum Man of the Match gewählt wurde, verstand sich irgendwie von selbst.

Dabei steht der Hauptdarsteller dieser Party normalerweise gar nicht so gerne im Mittelpunkt. „Die Stimmung war unglaublich. Mir war das fast unangenehm, aber es war sehr schön“, resümierte Vanek etwas verlegen.

Dass an diesem Abend alle Augen auf ihn gerichtet seien würden, lag logischerweise auf der Hand. „Vanek schauen“ war angesagt. Erstmals seit langer Zeit konnte der Kassier der Grazer ausverkauft vermelden – wenn voll, ist die in die Jahre gekommene Arena stets ein Garant für großartige Atmosphäre.

Sogar besser als in der NHL? „Auf alle Fälle! Die Stimmung kann man nicht vergleichen“, gratulierte Vanek dem Publikum.

Dem 28-Jährigen wurde in seiner früheren Heimat auch ein würdiger Empfang bereitet. 300 Tickets setzten die 99ers bewusst nicht schon im Vorverkauf ab, um noch ein Kontingent an der Tageskassa zur Verfügung zu stellen. Die Warteschlange Stunden vor dem ersten Bully hatte es dementsprechend in sich.

Vanek-Trikots mit der Rückennummer 20 gingen weg wie warme Semmeln. Mit einem Absatz von 300 bis 350 Jerseys hatte Manager Bernd Vollmann ursprünglich gerechnet – eine willkommene Fehlkalkulation, wie er vor Spielbeginn erzählt:

„Wir haben im Laufe der Woche gemerkt, was es wirklich heißt für unser Merchandising. Wir haben bereits hunderte Vorbestellungen. Ich glaube, dass es uns gelingen wird, die magische Grenze von 1000 Vanek-Shirts zu knacken.“

Vor der Halle steigerte sich die Vorfreude von Minute zu Minute. „Ich kann den Puls gar nicht messen, so hoch ist er. Das ist so etwas von wichtig für diesen Sport bei uns in Graz – ein Jahrhundertereignis!“, jubilierte ein euphorisierter Stammgast der 99ers, „was kann Besseres passieren, als dass Vanek in der Heimat spielt? Großartig, dass einer der weltbesten Spieler wieder in der Stadt ist, wo er groß geworden ist.“

Der ganz normale Vanek-Wahnsinn kennt auch andere, weniger sportliche Motive. „Es wäre schön, wenn er mich heiraten könnte – so ein fescher Mann“, buhlte eine junge Zuschauerin um die Gunst des längst glücklich verheiraten Familienvaters und wusste genau, was sie von ihrem Schwarm bei dessen Einstand erwartete: „Genug Tore und hoffentlich eine Schlägerei – viel Blut!“

Eine Video-Reportage über die Vanek-Mania in der steirischen Landeshauptstadt gibt es für alle Daheimgebliebenen übrigens ab Samstagnachmittag auf LAOLA1.tv zu sehen, die Highlights des Erfolgs gegen Zagreb bereits in dieser Zusammenfassung.

Obwohl aus inzwischen 547 Regular-Season-Partien beziehungsweise 36 Playoff-Matches in der stärksten Liga der Welt gestählt, kann also auch eine EBEL-Premiere noch Lampenfieber auslösen: „Es ist einfach etwas anderes, eine andere Atmosphäre. Ich habe schon lange nicht mehr in Graz gespielt.“

Vom Niveau und der Intensität seiner ersten Profi-Begegnung in der alten Heimat war der Flügelstürmer jedoch durchaus angetan: „Das Tempo war gut. Ich glaube, es war ein gutes Match.“

Ein gänzlich perfekter, wenn nicht kitschiger Abend wäre es geworden, hätte Vanek im Shootout einen seiner beiden Penaltys verwertet. Beim zweiten hatte er Pech, sein Schuss landete an der Stange.

Dem Hype wird auch dieses Unvermögen keinen Abbruch tun. Schon am Sonntag gegen Innsbruck (ServusTV zeigt das Duell mit Andreas Nödl ab 17:30 Uhr LIVE) gibt es die nächste Gelegenheit zum „Vanek Schauen“.

Die neue Grazer Hauptattraktion will bis dahin zumindest sein Müdigkeitsproblem überwunden haben. „Hotel Mama“ soll es richten.

Oder wie er es grinsend ausdrückte: „I gfrei mi scho wieder aufs Bett!“

Peter Altmann

Dort lässt sich auch Vaneks Treffer in Minute 32 zur zwischenzeitlichen 3:2-Führung der 99ers in Bewegtbild bewundern. Ein typisches Vanek-Tor, wie er sie für die Sabres schon x-fach erzielte. Er fälschte den Puck vor dem gegnerischen Gehäuse postiert nach einem Schuss von Dustin van Ballegooie unhaltbar ab.

„Es geht nicht um mein Tor“, wehrte der 28-Jährige alle Gratulationen ab und zeigte sich vielmehr selbstkritisch bezüglich seiner Leistung:

„Ich bin nicht unbedingt zufrieden. Es kann auf alle Fälle besser sein. Ich selber habe mich nicht super gefühlt, aber als Linie haben wir okay gespielt. Wir werden am Samstag gut trainieren und am Sonntag hoffentlich mehr Chancen herausarbeiten. Das Wichtigste ist der Sieg.“

Dass in Vaneks Spiel noch nicht alles klappte, war wenig verwunderlich. Erst am Donnerstag nach langer Überseereise in Graz eingetroffen, plagte ihn noch der Jetlag. Die Automatismen mit seinen Nebenleuten – er spielte in einer Linie mit Routinier Bob Wren und Olivier Latendresse – konnten noch nicht wie gewünscht klappen.

Zudem bestritt er seine erste Partie seit fast auf den Tag genau sechs Monaten (7. April), noch fehlte also die Spielpraxis. Seine Klasse deutete er dennoch in einigen Szenen, wie etwa bei seinem Stangen-Kracher im ersten Drittel, an.

Neben seiner Müdigkeit gestand Vanek auch, durchaus Druck verspürt zu haben: „Ich war schon sehr nervös am Anfang.“