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Die Geschichte einer Rivalität

Die Geschichte einer Rivalität

Eine Hass-Liebe verbindet Meister Salzburg und den „Vize“ KAC. Nicht aufgrund einer jahrzehntelang gehegten Antipathie. Vielmehr liegt jene der jüngeren Vergangenheit zugrunde.

Die Anhänger pflegen die „Feindschaft“. Man will den schärfsten Widersacher der letzten Spielzeiten fallen sehen. Der direkte Showdown ist ein absoluter Höhepunkt, ebenso in der Saison 2011/12.

Denn die Viertelfinal-Serie lässt das Herz eines Eishockey-Feinschmeckers höher schlagen. „Zwei gute Mannschaften, die offensiv ausgerichtet sind, treffen aufeinander. Somit kommt ein attraktives Spiel zustande“, betont Klagenfurts Dieter Kalt gegenüber LAOLA1.

Vor allem ist es jedoch ein Duell mit erheblicher Brisanz. Spiel sechs am Donnerstag (Der LIVE-Ticker ab 19:15 Uhr/ServusTV zeigt die Konferenz) wird dem nicht nachstehen. Die Ausgangsposition garantiert eine hitzige Atmosphäre. Nicht nur aus sportlicher Sicht.

 Aggressive KACler behalten Marschroute bei

Den „Rotjacken“ gelang mit dem 2:1-Triumph in der Mozartstadt ein entscheidender Schritt Richtung Halbfinale. Mit dem Publikum im Rücken soll gleich der erste Matchpuck verwandelt werden. „Bisher haben wir nichts erreicht, wir haben lediglich eine Voraussetzung geschaffen“, weiß Kalt. Das Rezept zum Erfolg führt dem 37-Jährigen zufolge über Einsatzbereitschaft pur.

„Wir setzten Salzburg unter Druck, sodass sie ihr Spiel nicht aufziehen konnten. Die Taktik wird ganz ähnlich angelegt werden. Sprich: Extrem körperbetont, den Salzburgern keinen Raum geben und den direkten Weg zum Tor suchen. Von der blauen Linien werden wir konservativ agieren, also den Puck einfach tief bringen.“

Mit dem aggressiven Auftritt geriet der Champion kräftig ins Wanken, wie auch 55-Punkte-Topscorer Thomas Raffl. „Wir waren zwei Drittel nicht vorhanden. Nun müssen wir anders auftreten.“

Entschlossen, Spiel sieben zu erzwingen

Für die „Bullen“ gilt es in der Fremde den Super-GAU abzuwenden. Erstmals seit sechs Jahren droht nämlich das Endspiel ohne den vierfachen Titelträger über die Bühne zu gehen. „Reden wir nicht um den Brei herum: Ein Sieg ist Pflicht“, betont der Villacher. Trotz seiner Wurzeln beim VSV verneint der Flügelstürmer die Frage nach der Extra-Motivation.

„Für mich ist komplett egal, wer die andere Mannschaft ist. Es ist einfach bitter zu verlieren. Und das werden wir nicht tun.“ Salzburg ist entschlossen, ein letztes Kräftemessen zu erzwingen – blickt man zurück scheint dies äußerst wahrscheinlich.

Alles begann 2008/09: In einer umkämpften Final-Serie forderten die Schützlinge von Pierre Page den KAC zu einem letzten Tanz. Dort behielt letztlich der Grunddurchgangs-Sieger aus Klagenfurt mit 2:1 die Oberhand.

Immer die „Best of Seven“-Serie ausgereizt

Im folgenden Jahr konnte sich Salzburg behaupten, diesmal im Viertelfinale. Der KAC musste vorzeitig den Urlaub antreten und leidvoll mitansehen, wie der Stolperstein gegen die Black Wings Linz später die Krone eroberte. Selbiges geschah vergangene Spielzeit, der bisherige Gipfel.

„Im siebenten Spiel den Game-Winner zu erzielen, noch dazu in der Overtime gegen den KAC. Es war ein Erlebnis, welches ich ein Leben lang nie vergessen werde“, spricht Thomas Koch rückblickend den 3:2-Erfolg in seiner Heimatstadt Klagenfurt an. Nach der schönsten Stunde seiner Laufbahn folgte im Sommer die Rückkehr zum Jugendverein. Beeinflusst er nun das nächste Kapitel der Dauer-Fehde?

„Bei dem Klassiker entscheiden Kleinigkeiten, es wird wieder sehr eng zugehen. Die Teams schenken sich nichts, es hat kleinen Derby-Charakter“, ist Koch überzeugt. Mit einem Spiel gegen den Lieblings-Konkurrenten aus Villach sei dies dennoch nicht gleichzusetzen.

Salzburg schlägt der Neid entgegen

„Das ist eine Rivalität, die seit Jahrzehnten bestand hat und viel höhere Wellen schlägt.“ Ähnlich sieht es auch Teamkollege Kalt: „KAC gegen VSV bewegt das ganze Land. Jeder hat eine Meinung dazu. Das ist ein ganz anderes Gefühl. Gegen Salzburg geht es aber um viel, da sind Emotionen dabei.“

Insbesondere weil zwei Welten aufeinander prallen – der traditionsreiche KAC und die kommerzielle „Red-Bull-Familie“. Der Faktor Neid ist in dieser Debatte nicht unwesentlich. „Viele hätten gern diese Möglichkeiten, sich ein solches Umfeld zu schaffen. Dazu ist einzig Salzburg in der Lage. Wer gewinnt, ist sowieso schnell das Feindbild. Zudem prallen viele Persönlichkeiten aufeinander.“

Unter anderem Leistungsträger, welche beide Lager bestens kennen. Beim 29-fachen Rekordmeister wären dies beispielsweise Kalt und Sturm-Partner Koch, im Bullen-Stall sind es Daniel Welser, Manuel Latusa oder Kapitän Matthias Trattnig. All das birgt natürlich zusätzlich Zündstoff.

„Es hat nichts mit Eishockey zu tun“

„Viele Kärntner laufen in Salzburg auf und einige sind zurückgekehrt. Das wäre das eine, dann gibt es noch andere Geschichten abseits des Sports, die ihres zur Brisanz beitragen. Die Medien springen auf und es gibt stets irgendein Theater“, kennt Kalt die alljährlichen Mätzchen zur Genüge. Im Finale der Vorsaison sorgten annullierte Tore für heftige Kontroverse, heuer sind es nachträgliche Sperren.

Die Vorfälle während Spiel drei veranlassten die Führungsriege beider Klubs, beim Strafsenat der Liga etliche Anzeigen einzureichen. Fünf Cracks wurden auf dem grünen Tisch zurechtgewiesen, für Raffl rückt damit das Wesentliche in den Hintergrund: „Es hat nichts mehr mit Eishockey zu tun. Ich mache mir keine Gedanken darüber. Wir müssen gewinnen, unabhängig davon, wer dabei ist.“

In Salzburg ist man darauf bedacht, nicht zusätzlich Öl in das Feuer zu gießen. Der 25-Jährige bleibt in dieser Causa diplomatisch, ergänzt jedoch etwas süffisant: „Das sind regelkundige Leute, die machen ihre Arbeit bestimmt gewissenhaft.“

„Es war eine Kurzschluss-Reaktion“

Die Maßnahmen der EBEL trafen RBS-Defender Daniel Welser am härtesten, er wurde wegen Checks gegen Kopf und Nacken für sechs Begegnungen aus dem Verkehr gezogen. Mike Siklenka, der danach völlig ausrastete und noch auf den am Eis liegenden Welser einschlug, kam mit vier Spielen und zwei bedingt vergleichsweise glimpflich davon.

„Es war eine Kurzschluss-Reaktion, das gehört bestraft. Andererseits hatte all das eine Vorgeschichte. Zuvor blieb viel ungeahndet, Emotionen schaukelten sich hoch, bis ihm die Sicherung durchbrannte“, nimmt Kalt von Salzburgs Zurückhaltung Abstand und legt nach: „Die Schiedsrichter müssen so etwas im Keim ersticken. Passiert es nicht und der Respekt fehlt, kann das passieren. Daniel ist ein Freund, doch er leistete sich schon in den Spielen zuvor blöde Sachen.“

Über die Art und Weise, wie diese Sperren ausgesprochen wurden, schüttelt er aber den Kopf: „Das ist lächerlich. Die Video-Einschickerei von Salzburg und KAC sollte gar nicht erst aufkommen. Seitens der Liga muss das professioneller werden, eine Kommission sich automatisch einschalten.“

Kalt fordert Maßnahmen der Liga

Zwar nahm der Strafsenat während der Saison häufig Regelverstöße unter die Lupe und schreckte vor Reaktionen dieser Art nicht zurück, dennoch fordert Kalt eine Intensivierung: „Die EBEL sollte sich an anderen Ländern orientieren. Geht es um Verbesserungen, höre ich wieder die Ausrede: Wer soll das bezahlen? Auch hier ist viel Geld im Umlauf, darüber gehört schleunigst diskutiert.“

Geld ist übrigens ein gutes Stichwort, denn finanzielle Strafen wären ein probates Mittel. Als Vorbild könnte dabei die NHL dienen: „In anderen Ländern ist es völlig normal. Wenn jemand etwas Dummes tut, wird er gesperrt und erhält eine Geldstrafe.“ Dies würde die Übeltäter, dem KAC-Leitwolf zufolge seien dies oftmals die gleichen, abschrecken.

Um das steigende Verletzungsrisiko wirklich zu minimieren, verlangt Kalt ein konsequentes Regulativ. „Ein grundlegendes Problem ist, dass wir nicht wissen, was nun regelwidrig ist. 80 Prozent der Checks sind einmal erlaubt und einmal nicht, das ist frustrierend. Denn man will hartes Eishockey sehen.“

Die Emotionen werden am Donnerstag erneut hoch kochen. Hoffentlich nur auf den Tribünen. Denn: „Böse Fouls wollen Spieler und Zuschauer nicht sehen“. Bei aller Hass-Liebe.

Christoph Köckeis