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Thiem und Rasen? "Ein Prozess über viele Jahre"

Thiem und Rasen?

Nach seinem Premieren-Sieg in Wimbledon über Dudi Sela trifft Dominic Thiem am Mittwoch (ab circa 17 Uhr im LAOLA1-Ticker) in der zweiten Runde auf den spanischen Routinier Fernando Verdasco.

Auch in seine insgesamt erst sechste Rasen-Partie geht der 21-jährige Niederösterreicher als Außenseiter.

“Auf Rasen fehlt Dominic noch einiges”, bestätigt Alexander Antonitsch im Interview mit LAOLA1. „Das Rasenspiel hat er einfach noch nicht so intus. Neben dem Spielkonzept hapert es vor allem am Return.“

Der Wimbledon-Achtelfinalist des Jahres 1990 erklärt, warum der Lernprozess für Thiem noch einige Jahre andauern könnte, er sich aber trotzdem keine Sorgen macht und wieso das Traditions-Turnier kleine Veränderungen braucht.

Außerdem spricht Antonitsch über sein Leben als Tennis-Papa und über die Vorteile der Einigung zwischen der Familie Thiem und dem österreichischen Tennis-Verband.

LAOLA1: Vor 25 Jahren hast du in Wimbledon das Achtelfinale erreicht, wo du erst gegen den damaligen Weltranglisten-Ersten Ivan Lendl verlorst. Erinnerst du dich heute noch gerne daran zurück?

Alex Antonitsch: 25 Jahre ist das schon wieder her? Irgendjemand hat mir erst ein Bild vom Scoreboard geschickt, als ich gegen Lendl mit einem Satz in Führung lag. Das hab ich ganz lustig gefunden. Auch heute bekomme ich noch eine Gänsehaut, wenn ich nach Wimbledon komme. Ich war am Wochenende bei den Meetings der Turnierdirektoren und das war schon sehr, sehr cool. Wimbledon ist einfach ein Wahnsinns-Turnier mit einer unglaublichen Atmosphäre. Alleine das Preisgeld ist ein Wahnsinn. 40.000 Euro für eine Erstrunden-Niederlage – das ist schon eine andere Liga im Vergleich zu den anderen Turnieren. Vor allem die Sache mit der Werbung ist ja ein Wahnsinn – die haben einfach eine grüne Plane hängen. Die brauchen das nicht.

LAOLA1: Wobei das klassische Rasen-Spiel „Serve-and-Volley“ heutzutage Seltenheitswert hat.

Antonitsch: Ich finde es schade, dass es heute nicht mehr so einen großen Unterschied zu den anderen Belägen gibt. Man bewegt sich anders, aber das war es auch schon. Wir haben das auch bei einem Meeting lange diskutiert. Ich habe mit Guy Forget und Michael Stich gesprochen und die haben auch gemeint, dass es mehr Unterschiede geben sollte. Dann würde es wieder mehr verschiedene Spieler-Typen geben.

LAOLA1: Was sagst du zum Abschneiden der Österreicher?

Antonitsch: Haider-Maurer hat Pech gehabt mit seinen Knieproblemen. Auf Rasen ist es dann schwierig, sich vernünftig zu bewegen. Das ist einfach unangenehm. Wenn er fit gewesen wäre, hätte ich mir auf Rasen schon einiges von ihm erwartet. Bei Dominic freue ich mich über jede Runde, die er gewinnt. Das Rasenspiel hat er einfach noch nicht so intus. Er kann in Wimbledon nicht vier Meter hinter der Grundlinie stehen, weil sein Spin auf Gras nicht so angenommen wird.

LAOLA1: Wie beurteilst du seine Entwicklung auf Rasen?

Antonitsch: Dudi Sela war sicher sehr unangenehm, weil er auf Rasen sehr giftig spielen kann. Wenn der Ball im Spiel war und Dominic richtig Druck machte, war er aber klar der bessere Mann. Auf Rasen fehlt Dominic trotzdem noch einiges. Neben dem Spielkonzept hapert es vor allem am Return. Auf Rasen ist weniger oft mehr. Da musst du – und da merkt man die fehlende Erfahrung - auch mal einen kürzeren Slice spielen, bei dem der Gegner gar nichts machen kann. Wenn sich Dominic nicht wohl fühlt, spielt er oft vier Meter hinter der Grundlinie und kann durch seine extremen Spin-Schläge immer noch für jeden gefährlich werden. Das geht auf Rasen eben nicht und auch auf Hartplatz nur mit Abstrichen, weil dort manche Gegner die Bälle sehr früh nehmen können. Weltweit gibt es neben Dominic mit Wawrinka und Nadal nur zwei Spieler, die das Spiel so weit hinter der Grundlinie so durchziehen können. Auf Rasen geht das aber eben nicht. Es ist die Frage, inwieweit man sein Spiel anpasst, denn ich werde nicht wegen vier Wochen Rasen-Tennis mein Spiel komplett umstellen. Das wird ein Prozess über viele Jahre werden.

LAOLA1: Deiner Meinung nach wird Dominic also auch in den nächsten Jahren noch so seine Probleme auf Rasen haben?

Antonitsch: Das würde ich so nicht behaupten. Wobei Günter sicherlich noch andere Schwerpunkte haben wird, als das Spiel auf Rasen. Er wird ihm sicherlich noch einige Zeit geben. Grundsätzlich bin ich von seinen Schlägen und seinem Spiel schon sehr begeistert. In erster Linie geht es jetzt darum, dass er seine eigene Tennis-ID bekommt und seine eigene Marke kreiert. Man darf nicht vergessen, dass es erst seine zweite Saison ist. Eigentlich ging es heuer nur darum, seine Position zu halten und jetzt steht er schon unter den ersten 30. Trotz der Probleme zu Saisonbeginn hat er kleine Schritte nach vorne gemacht.

LAOLA1: Das wird auch dich in deiner Funktion als Turnierdirektor von Kitzbühel freuen.

Antonitsch: Natürlich freuen wir uns schon auf ihn. Wenn jemand in der Höhenlage einen starken Spin so kontrollieren kann, ist das immer ein Albtraum für den Gegner. Dominic kann hier ein heftiges Tennis aufziehen. Schon Monaco hat letztes Jahr gesagt: „Ich habe nicht schlecht gespielt, aber ich hatte keine Möglichkeit, seine Schläge zu kontrollieren.“

LAOLA1: Wie läuft die Vorbereitung auf Kitzbühel?

Antonitsch: Der Davis Cup ist natürlich ein wichtiges Promotion-Tool für das Turnier. Der Ticketverkauf ist wirklich gut und auch das Starterfeld ist für diesen späten Termin gut. Man merkt, dass noch viele Spieler gerne ein Sandplatz-Turnier in Europa bestreiten wollen.

LAOLA1: Auch wenn es unrealistisch ist: Träumst du manchmal von einem Rafael Nadal in Kitzbühel?

Antonitsch: Von einem Nadal muss ich nicht träumen. Wir sind genug mit der Realität beschäftigt. Wir haben in Kitzbühel genug echte Tennis-Fans, die auch gerne einmal einen Gilles Simon oder David Goffin sehen. Wir machen das Turnier in Kitzbühel heuer zum fünften Mal und für uns ist das Wichtigste, eine gewisse Nachhaltigkeit zu bekommen.

LAOLA1: Was sagst du zur Einigung zwischen der Familie Thiem und dem ÖTV?

Antonitsch: Als Tennis-Vater habe ich vollstes Verständnis für die Familie Thiem. Ich habe auch schon mit ÖTV-Präsident Robert Groß gesprochen und bin froh, dass in Zukunft wirklich die besten Talente unterstützt werden. Und zwar ganz egal, wo sie trainieren. Sei es in Wien, Vorarlberg oder Spanien. Eigentlich sollte das ja logisch sein. Das war auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung. Ebenfalls sehr gut ist die Entscheidung, dass sich Günter Bresnik um die 8-14-Jährigen im Osten Österreichs kümmern wird, damit diese auf die richtige Schiene kommen. Diese zwei Punkte sind enorm wichtig für das österreichische Tennis. Aus meiner Sicht ist jetzt der nächste Schritt, dass ich schauen muss, wie ich die Kinder nun überhaupt zum Tennis bekomme. Wobei man aber auch die Kirche im Dorf lassen muss. Schließlich sind die Herren jetzt gerade einmal drei Monate im Amt. Zwei, drei wichtige Baustellen haben sie zumindest einmal abgeschlossen.

LAOLA1: Ist deine Tochter Mira im Junioren-Bewerb von Wimbledon am Start?

Antonitsch: Sie wäre im Hauptfeld gewesen, ist aber noch leicht am Handgelenk verletzt und kann deshalb nicht spielen. In drei, vier Wochen wird sie dafür beim WTA-Turnier in Bad Gastein dabei sein können.

LAOLA1: Wie bist du mit ihrer Entwicklung zufrieden?

Antonitsch: Spielerisch läuft es sehr gut. Viele Experten haben mir auch schon mehrfach bestätigt, dass sie sehr schnell spielen kann. Sie spielt hallt noch nicht alles ins Feld. Manchmal will sie schon weiter sein. In der Qualifikation von Nürnberg hatte sie gute Chancen gegen Doi, die es danach bis ins Viertelfinale schaffte.

LAOLA1: Wie fühlst du dich in deiner Funktion als Tennis-Papa?

Antonitsch: Es macht natürlich viel Spaß und ich glaube, dass es auch Mira mittlerweile gefällt, wenn ich mich manchmal einbringe und wir nicht „nur“ Papa und Tochter sind. Sie nimmt das jetzt schon ganz anders auf. Hauptbezugsperson im Tennis ist aber weiterhin Thomas Strengberger. Sehr emotional war ihr Sieg beim Jugend-Turnier in Villach, wo ich vor über 30 Jahren das Finale gegen Boris Becker verlor. Da habe ich gesehen, dass sie vor so vielen Leuten auch gut mit Druck umgehen kann. Sie braucht aber noch Zeit. Ich will und kann nicht so ein knallhartes Regime fahren, wie es zum Beispiel bei Belinda Bencic der Fall ist. Die Schwachstelle bei Mira ist sicherlich noch der Körper, da Wachstumsfugen noch nicht geschlossen sind. Bei der eigenen Tochter ist das natürlich ein heikles Unterfangen. Da muss man vorsichtig auf die Bremse steigen.

Das Gespräch führte Christian Frühwald