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Zu wenig Förderung für Ausnahme-Talent?

Zu wenig Förderung für Ausnahme-Talent?

Was Dominic Thiem bei den Herren, ist Babsi Haas bei den Damen. Österreichs aktuell größte Hoffnung auf eine erfolgreiche Tennis-Zukunft.

Die 16-jährige Niederösterreicherin ist im aktuellen Junioren-Ranking auf Platz 28 zu finden und kratzt im WTA-Ranking der Großen bereits an den Top 500.

„Wir sind mit der Entwicklung in diesem Jahr sehr zufrieden“, bilanziert Manager Raimund Stefanits im Gespräch mit LAOLA1.

Erster Future-Titel und zwei Finali

Ein Future-Titel, zwei Future-Finale und ein Sieg über die Weltranglisten-Erste bei den Junioren, die als Serena-Williams-Nachfolgerin auserkorene Taylor Townsend, können sich mehr als sehen lassen.

„2013 wird aber noch wichtiger werden. In den nächsten zwei Jahren wird sie schon vorne anklopfen müssen. Die anderen schlafen schließlich auch nicht.“

Viel Arbeit im technischen Bereich

Vor allem im technischen Bereich stehe Haas noch viel Arbeit bevor.

„Der Aufschlag muss deutlich verbessert werden und auch die Spezial-Schläge wie Slice und Volley sind noch nicht da“, erklärt Stefanits, der zu Jahresbeginn mit Jaroslav Bulant einen neuen Coach installierte.

Stefanits mit Schützling

Der 48-jährige Tscheche steht Haas seitdem rund um die Uhr zur Verfügung und begleitet sie zu den Turnieren um die ganze Welt.

110.000 Euro Jahres-Budget

„Alleine das kostet 5.000 Euro im Monat“, gibt Stefanits Einblick in den beträchtlichen finanziellen Aufwand, den es benötigt, um eine bestmögliche Ausbildung zum Tennis-Profi zu gewährleisten. Insgesamt stellt er als Manager jährlich ein 110.000-Euro-Budget auf die Beine.

Wie schon zuvor bei Niki Hofmanova kreierte der Burgenländer ein Investoren-Modell, welches auch schon Tommy Haas zu Gute kam. Private Investoren unterstützen das Ausnahme-Talent sechs Jahre lang finanziell, um danach fünf Jahre von ihren Einnahmen zu profitieren.

„Die Finanzierung ist gesichert“, erklärt Stefanits, der sich allerdings wünschen würde, dass auch der heimische Tennis-Verband einen Beitrag dazu leistet.

Private Investoren zahlen für Ausbildung

In der Vergangenheit wurde das Projekt „Barbara Haas“ noch kräftig unterstützt, mittlerweile stehen die Zeichen jedoch auf Sturm.

Probleme mit neuem Führungs-Duo

Im Jänner trat Clemens Trimmel sein Amt als ÖTV-Sportdirektor an, im April folgte Ronnie Leitgeb dem bisherigen Präsidenten Ernst Wolner nach. Mit dem neuen Führungs-Duo kam Stefanits jedoch auf keinen grünen Zweig.

„2012 hat sie keinen einzigen Cent bekommen. Wir haben uns seit Dezember 2011 zwar vier, fünf Mal getroffen, eine Entscheidung wurde jedoch immer hinausgezögert“, ist Stefanits über die Hinhalte-Taktik seitens des Verbands mehr als verärgert.

Erst vor wenigen Wochen gab es ein Angebot über 17.000 Euro Individual-Förderung. Die schlug Stefanits dann aber aus. Denn diese wären nur für das Jahr 2013 gewesen, 2012 wäre weiterhin die Null gestanden.

ÖTV-Sportdirektor Clemens Trimmel

Zusätzliches Geld für 2013 gäbe es dadurch nicht. „Die Förderungen bleiben ja nicht stehen. Wenn wir 100.000 Euro Förderung nicht ausgeben, haben wir die im nächsten Jahr nicht. Wir geben diese Abrechnungen nur an die BSO-Förderstellen weiter.“

Aus dem Vollen könne Trimmel in seiner Funktion beim ÖTV zudem sowieso nicht schöpfen. Insgesamt betrage das Sport-Budget um die 800.000 Euro pro Jahr, davon werden zwei Drittel vom BSO beigesteuert. „Da ist dann aber wirklich alles drin – auch meine Position, die Kader-Trainer und die Verwaltung.“

Großes Fragezeichen hinter der Kontrolle

Für die Individual-Förderungen stehen ihm ungefähr 300.000 Euro zur Verfügung. „Damit kannst du aber auch nicht viele Spieler unterstützen. Wenn ich Babsi Haas 50.000 Euro für die neue Saison geben würde, würde es sicherlich wieder einen Aufschrei von der anderen Seite geben – du kannst es nicht jedem recht machen.“

Und genau deshalb will Trimmel dieses Geld nur dort verteilen, wo wirklich Not am Bursch bzw. Mädel ist.

Doch genau hier drängt sich eine Frage auf: Wie will der ÖTV in Zukunft den finanziellen Background der einzelnen Talente kontrollieren? Wird hier nicht eine Einladung zur Schummelei ausgesprochen?

„Dabei hatte es anfangs immer geheißen, dass es in Zukunft mehr Förderungen geben würde. Es kann ja nicht sein, dass ein Talent wie die Barbara als Bittstellerin agieren muss. Sie ist derzeit schließlich die einzige (österreichische) Spielerin, die da vorne steht. Die Begründung war, dass wir eh genug Geld haben“, versteht der Manager die Welt nicht mehr.

Trimmel: "Das ist eine Grundsatzfrage"

Auf LAOLA1-Nachfrage bestätigt Trimmel das neue System. „Das ist eine Grundsatzfrage. Ich sage, dass ich einen Spieler nur fördern muss, wenn es dem Spieler aus finanziellen Gründen selbst nicht möglich ist, an die Weltspitze zu kommen.“

Da bei Haas alles durchbudgetiert und ausfinanziert wurde, sei der Bedarf hier eben nicht so dringend wie bei anderen Talenten. Dementsprechend wurde das Förderungs-Angebot angepasst.

Der 34-jährige Wiener zeigt aber durchaus Verständnis für Stefanits: „Ich verstehe die Sichtweise von Raimund, dass die beste Spielerin mehr kriegen soll. Wir agieren jedoch mit Steuergeldern und haben ihm auch 17.000 Euro angeboten – das ist ja nicht nichts.“

Kein zusätzliches Geld für 2013

Das verpasste Jahr 2012 nimmt Trimmel jedoch auf seine „Kappe. Die Umstellung ist leider nicht so schnell erfolgt wie geplant. Dafür gab es das Development-Programm für die Kader-Coaches. Die Individualförderung startete erst im September – das betrifft alle Spieler.“

Würde Babsi Haas den Fed Cup boykottieren?

Trimmel kann solche Drohungen nicht nachvollziehen. „Warum muss ich immer mit Druckmitteln arbeiten? Da geht mir ein bisschen die Ehre, für das Vaterland zu spielen, unter.  Langfristig schadet es einem Spieler, wenn er nicht für sein Land spielt. In der Öffentlichkeit wird man sich das nicht lange leisten können“, verweist der Wiener auf die damaligen Streitigkeiten in der Ära von Thomas Muster. „Damals haben sich die Spieler dann doch meistens für den Davis Cup entschieden.“

Verhandlungen mit Dominic Thiem

Hoffnung auf eine positive Tennis-Zukunft geben Trimmel die aktuellen Verhandlungen mit Dominic Thiem. Auch dieser konnte sich mit dem ÖTV lange Zeit nicht auf einen Förderungs-Vertrag einigen. „Da sind wir jetzt aber – glaube ich – auf einem guten Weg.“

Hoffentlich können sich auch die zerstrittenen Parteien beim „Projekt Barbara Haas“ wieder annähern.

Denn in einem Punkt sind sich wohl alle einig: So viele Talente haben wir nicht. Und am Ende würden alle als Verlierer da stehen: Spieler, Manager, Verband und Fans.

Christian Frühwald

„Ich habe alles offen gelegt. Fairer kann man nicht agieren“, ist Stefanits dementsprechend sauer, für seine Ehrlichkeit quasi bestraft worden zu sein.

Trimmel: "Keine ideale Situation"

Trimmel gibt zu: „Das ist sicher keine ideale Situation. Es soll auch nur eine Art Übergangslösung sein. Der nächste Schritt muss sein, ganz unten die Kooperation mit jungen Talenten zu suchen. Ich bin immer noch vom alten Südstadt-System überzeugt, bei dem man ab 14 die Besten ihres Jahrgangs zusammenfasst.“

Dies wird allerdings keine leichte Aufgabe werden. An dieser Zentralisierung der heimischen Talente scheiterte schon Trimmels Vorgänger Gilbert Schaller. Seit Jürgen Melzer zur Jahrtausendwende setzten die rot-weiß-roten Tennis-Asse lieber auf private Ausbildungen.

Stefanits: „Es bringt ja nichts, wenn ich Leute fördere, die in drei, vier Jahren aufhören. So ist es in der Vergangenheit oft gelaufen. Ein Jahr Südstadt kostet 40.000 bis 50.000 Euro pro Spieler. Das hat man dann verbrannt. Wenn wir zehn Talente hätten, wäre es etwas anderes – aber die haben wir ja nicht. Jene Spieler, die wirklich die Möglichkeit haben, nach vorne zu kommen, müssen Priorität haben.“

Streit um Fed Cup ist vorprogrammiert

Sollte es zwischen dem Haas-Team und dem ÖTV auch in Zukunft keine Einigung geben, könnte am Ende das österreichische Tennis als Verlierer dastehen. Stefanits macht keinen Hehl daraus, dass hinter zukünftigen Fed-Cup-Starts seines Schützlings ein großes Fragezeichen stehen würde.

„Babsi würde natürlich gerne Fed Cup oder bei Olympia spielen. Wenn wir diesen Weg gehen, dann wird es aber damit nichts werden“, stellt er dem Verband die Rute ins Fenster.