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"Diese Olympia-Limits sind verrückt"

Der Leichtathletik-Weltverband (IAAF) hat die Limits für die Olympischen Spiele in Rio 2016 veröffentlicht – und die haben es in sich.

Oder um es mit den Worten von Hannes Gruber, Sportdirektor im heimischen Verband, auszudrücken: „Die sind verrückt!“

Die Angemessenheit mancher Qualifikations-Normen war in der Vergangenheit bereits immer wieder Thema. Bei einigen Rio-Limits hat sich die IAAF aber diesmal selbst übertroffen. Zumindest wenn es nach Gruber geht, der sich in seiner Begründung auf die Vorjahres-Weltrangliste bezieht.

So haben das Rio-Limit im Hammerwerfen (78 Meter) oder im Diskuswerfen (66 m) im Jahr 2014 weltweit lediglich zehn bzw. elf Männer überboten. Der ÖLV wandte sich nun mittels eines Protestbriefs an die IAAF sowie den europäischen Verband (EAA) und hofft auf ein zumindest sanftes Einlenken.

Sehr unausgewogen

Ursprung der ganzen Problematik ist die Beschränkung des IOC, welches der IAAF in Rio „nur“ mehr 2.005 Startplätze zur Verfügung stellt. In London waren dies noch einige 100 mehr gewesen. Wie genau die 2.005 Plätze unter den diversen Disziplinen aufgeteilt werden, ist noch offen. Für die diesjährige WM in Peking führte die IAAF erstmals eine Quotenregelung ein, die folgendermaßen aussah:

Wer das Limit nicht erreicht, kommt auf eine Warteliste. Erreichen in einer Disziplin keine 32 Sportler das Limit, wird mit Athleten von der Warteliste nach Gutdünken der IAAF aufgefüllt.

Ob ein Sportler letztlich noch reinrutscht, erfährt er im Juli 2016, also erst kurz vor den am 5. August beginnenden Spielen. Für eine langfristige Planung alles andere als optimal.

Hohe Limit-Anforderungen sind in der Leichtathletik wie gesagt nichts Neues. Neu ist jedoch, dass diese offenbar in Stein gemeißelt sind. „Normalerweise findet dann im Herbst noch eine Sitzung des IAAF-Councils statt, bei der die Limits evaluiert und oft noch einmal nachjustiert werden. 

Das ist gemäß der IAAF-Aussendung aber diesmal nicht der Fall“, erklärt Gruber. Dies sei ein wesentlicher Punkt des ÖLV-Briefes an die internationalen Vereinigungen. „Es wäre eine Katastrophe, wenn diese Limits schon in Beton gegossen sind.

Der ÖLV bemängelt darin die äußerst unausgewogene Limit-Setzung, weil insbesondere einige technische Disziplinen schwer benachteiligt werden.

Grafik: So viele Leichtathleten haben 2014 die Rio-Norm überboten

Was bedeutet das für die Österreicher?

Anhand der veröffentlichten Limits steht fest, dass etwa Kira Grünberg (Stabhochsprung), Ivona Dadic (Siebenkampf), Gerhard Mayer, Lukas Weißhaidinger (beide Diskus), Elisabeth Eberl (Speer), Niki Franzmair und Andreas Rapatz (beide 800m) einen neuen österreichischen Rekord aufstellen müssen, um sich direkt für Rio zu qualifizieren.

Mit Dadic, Weißhaidinger und Mayer sind drei Athleten ganz besonders von der unausgewogenen Norm-Setzung betroffen.

Nichtsdestoweniger ist Gruber guter Dinge, dass die Limit-Leistungen für einige ÖLV-Asse bewältigbar sind: „Ein paar haben die geforderten Normen in der Vergangenheit schon geschafft. Zudem entwickeln sich andere wie Dadic oder Franzmair sehr gut.“

Reinhold Pühringer

Disziplinen Startplätze
100m, 200m 56
400m, 800m 48
1.500m, 3.000m 45
100mH, 110mH, 400mH 40
Technische Bewerbe, Mehrkampf 32
4x100m, 4x400m 16
5.000m, 10.000m, Marathon, Gehen Quali rein über Limit
Disziplin Olympia-Limit Ö-Rekord Halter (aufgestellt)
100m 10,16 sek 10,15 sek Andreas Berger (1988)
200m 20,50 sek 20,45 sek Christoph Pöstinger (1996)
400m 45,40 sek 45,69 sek Clemens Zeller (2010)
800m 1:45,80 min 1:46,21 min Michael Wildner (1992)
1.500m 3:36,00 min 3:34,69 min Günther Weidlinger (2000)
5.000m 13:25,00 min 13:13,44 min Günther Weidlinger (2005)
10.000m 28:00,00 min 27:36,46 min Günther Weidlinger (2008)
Marathon 2:17:00 h 2:10:47 h Günther Weidlinger (2009)
3000m SC 8:28,00 min 8:10,83 min Günther Weidlinger (1999)
110m H 13,47 sek 13,14 sek Mark McKoy (1994)
400m H 49,40 sek 49,33 sek Thomas Futterknecht (1985)
Hochsprung 2,29 m 2,28 m Markus Einberger (1986)
Stabhochsprung 5,70 m 5,77 m Hermann Feichtinger (1991)
Weitsprung 8,15 m 8,30 m Andreas Steiner (1988)
Dreisprung 16,90 m 16,57 m Alfred Stummer (1988)
Kugel 20,50 m 20,79 m Kluas Bondemüller (1987)
Diskus 66,00 m 65,24 m Gerhard Mayer (2010)
Hammer 78,00 m 79,70 m Johann Lindner (1987)
Speer 83,00 m 84,03 m Gregor Högler (1999)
Zehnkampf 8.100 Pkt 8.320 Pkt Gernot Kellermayr (1993)
Disziplin Olympia-Limit Ö-Rekord Halterin (Jahr)
100m 11,32 sek 11,15 sek Karin Mayr-Krifka (2003)
200m 23,20 sek 22,70 sek Karin Mayr-Krifka (2002)
400m 52,00 sek 50,62 sek Karoline Käfer (1977)
800m 2:01,00 min 1:56,64 min Stephanie Graf (2000)
1.500m 4:06,00 min 4:03,02 min Theresia Kiesl (1996)
5.000m 15:20,00 min 15:10,54 min Susanne Pumper (2001)
10.000m 32:15,00 min 32:12,33 min Susanne Pumper (2005)
Marathon 2:42:00 h 2:30:43 h Andrea Mayr (2009)
3000m SC 9:45,00 min 9:47,61 min Andrea Mayr (2008)
100m H 13,00 sek 12,82 sek Beate Schrott (2012)
400m H 56,20 sek 56,86 sek Gerda Haas (1987)
Hochsprung 1,94 m 1,97 m Sigrid Ortner-Kirchmann (1993)
Stabhochsprung 4,50 m 4,45 m Kira Grünberg (2014)
Weitsprung 6,70 m 7,09 m Ljudmila Ninova (1994)
Dreisprung 14,20 m 13,75 m Ljudmila Ninova (1997)
Kugel 17,80 m 19,21 m Valentina Fedjuschina (1999)
Diskus 61,00 m 63,28 m Ursula Weber (1990)
Hammer 71,00 m 58,25 m Julia Siart (2012)
Speer 62,00 m 61,43 m Elisabeth Pauer (2010)
Siebenkampf 6.200 Pkt 5.959 Pkt Ivona Dadic (2012)