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Die drei Sorgenfalten des Handball-Teamchefs

Die drei Sorgenfalten des Handball-Teamchefs

Er kann ganz schön grimmig dreinschauen, wenn er will.

Dabei ist Patrekur Johannesson an und für sich ein recht fröhlicher Zeitgenosse. Auch wenn die konzentrierte Mimik des österreichischen Handball-Teamchefs oftmals etwas anderes suggeriert.

Während der Spiele der ÖHB-Sieben legt der 42-Jährige schon einmal gerne seine sehr hohe Stirn in Falten. Falten, die nicht von ungefähr kommen.

LAOLA1 versucht sich deshalb im „Mimiklesen“ und erklärt Johannessons drei große Sorgenfalten vor der WM:

1. Sorgenfalte: Verletzungsanfälligkeit

1. Sorgenfalte: Verletzungsanfälligkeit
Viktor Szilagyi ist für die WM rechtzeitig fit geworden

Schon seit Jahren kursiert die Befürchtung, dass das bevorstehende Großereignis das letzte von Viktor Szilagyi sein könnte. Bislang war es aber immer das Gleiche: Österreichs Handball-Allzeit-Größe bewies seinen Kritikern – insofern es solche überhaupt gibt – aufs Neue, dass er nicht zum alten Eisen gehört. Der mittlerweile 36-Jährige läuft noch immer emsig auf und ab.

Mal abgesehen von der Frage, ob Katar nun tatsächlich sein letztes Großereignis ist, steigt mit fortschreitendem Alter freilich die Verletzungsanfälligkeit. Im abgelaufenen Herbst bremsten Szilagyi eine Knie-Entzündung sowie ein gebrochener Daumen aus. Wenn er mit seiner Vielzahl an Gelenks-Manschetten und –Schützern über das Feld läuft, hat er ohnehin schon fast etwas Cyborghaftes. Nichtsdestoweniger ist er nach wie vor unersetzbar für die ÖHB-Truppe. „Wenn Messi bei Barcelona spielt, dann heißt das auch etwas Gutes“, meint Johannesson vielsagend.

Doch nicht nur Szilagyi, auch seine Nebenleute im Rückraum, Vytas Ziura (35) und Roland Schlinger (32), sind nicht mehr die Jüngsten bzw. können eine lange Verletzungs-Historie vorweisen. Bei letzterem brachte kürzlich ein Hexenschuss seine WM-Teilnahme massiv ins Wanken. Es scheint jedoch, als wären alle drei rechtzeitig fit und in Form.

Ihnen Pausen zu verschaffen, dafür ist Österreichs Team breit genug aufgestellt, doch sie gleichwertig ersetzen kann man aktuell noch nicht. Bleibt zu hoffen, dass sie möglichst knochenschonend durch die Vorrunde kommen.

2. Sorgenfalte: Der Kreis

2. Sorgenfalte: Der Kreis
Nummer 1 am Kreis: Fabian Posch

In Sachen Legionäre hat sich die Situation im österreichischen Lager in den letzten Jahren zum Positiven entwickelt. So kann es sich Johannesson bei der Bestellung seines 18-Mann-Kaders sogar erlauben, mit Dominik Schmid (Bietigheim) und Richard Wöss (N-Lübbecke) auf zwei Legionäre aus der deutschen Bundesliga zu verzichten.

Keinen im Ausland tätigen Spieler bringt das ÖHB-Team im Augenblick aber auf der Kreis-Position zusammen. Seit dem Rücktritt von Patrick Fölser konnte diese Baustelle nicht endgültig geschlossen werden. Daran gearbeitet wird emsig. Erst im September lobte Johannesson Fabian Posch für dessen jüngsten Schritt nach vorne. Der Westwiener steht in der Gunst des Teamchefs zurzeit an der ersten Stelle.

Neben dem 27-Jährgen hat Johannesson noch Max Wagesreiter sowie Romas Kirveliavicius („Kiwi“), den er in den Tests immer wieder am Kreis auflaufen ließ, in der Hinterhand. „Kiwi kommt bei seinem Klub meistens nur in der Verteidigung zum Einsatz. Ich habe schon mit seinem Trainer gesprochen, dass er auch offensiv mehr zum Zug kommt“, ist Johannesson nicht unzufrieden mit dem gelernten Rückraumspieler. Wagesreiter und „Kiwi“ sieht er aktuell auf Augenhöhe. „Da kommt es auf den Gegner an. Max ist beispielsweise etwas beweglicher“, meint der Isländer.

3. Sorgenfalte: Leerläufe in den Partien

3. Sorgenfalte: Leerläufe in den Partien
Nikola Marinovic hielt seinen Vorderleuten den Rücken frei

Aufgrund der klaren Ergebnisse scheint es, als könnten die beiden Spiele gegen die Schweiz nicht als wahre Gradmesser für die WM herhalten. Nichtsdestoweniger tat sich die ÖHB-Sieben in beiden Partien phasenweise recht schwer.

Beim 38:28 am Donnerstag etwa lag Rot-Weiß-Rot in der 13. Minute wegen fünf technischer Fehler sogar mit 3:7 im Hintertreffen. Nervös und schlecht abgestimmt wirkten die ÖHB-Aktionen bis zu diesem Zeitpunkt. Etwas, das sich in Folge zwar legte, aber man sich gegen stärkere Teams nicht erlauben darf. Zumal Tormann Nikola Marinovic in dieser Phase mit sieben Paraden einen größeren Rückstand verhinderte.

Johannesson will diese vorübergehenden Schaffenskrisen nicht überbewerten: „Solche Phasen in einer Partie hat jede Mannschaft der Welt. Allerdings sind sie halt bei einem Top-Team sehr kurz.“ Außerdem handle es sich bei den Schweiz-Spielen nur um Tests, in denen auch das eine oder andere ausprobiert wurde. Inwieweit Österreichs Nationalteam bereits zu einer 60-minütigen Leistung auf hohem Niveau im Stande ist, wird womöglich schon die WM-Generalprobe am Montag in Paris gegen Olympiasieger Frankreich zeigen.

Nicht nur Johannessons Gesichtsmuskeln würden sich dort eine konsistente Leistung über die vollen 60 Minuten wünschen.

Reinhold Pühringer