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Brand: "Gehe fest vom Aufstieg aus"

Brand:

Er gehört zum deutschen Handball wie die niedrigen Benzinpreise zu Katar.

Heiner Brand verfolgte angeregt den zweiten Auftritt der DHB-Auswahl bei der WM im eben erwähnten Wüstenemirat, der mit dem 27:26 über Russland der zweite Vorrunden-Sieg gelang.

„Nicht ganz so überzeugend wie das erste Spiel, aber auch solche Spiele muss man gewinnen“, drang es im Gespräch mit LAOLA1 aus dem nach wie vor üppigen Walrossbart des ehemaligen deutschen Bundestrainers hervor.

Der 62-Jährige kennt die Abläufe bei so einem Großereignis nur allzu gut. Von 1997 bis 2011 betreute er die deutsche Mannschaft, wurde mit ihr sowohl als Spieler, als auch Trainer Weltmeister. Nun sieht der ehemalige Kreisläufer als Mitglied einer IHF-Kommission und „Sky“-Experte der nächsten Generation auf die Hände.

Einer Generation, die einen schweren Start hat.

Schmalbrüstig

Der oberflächliche Blick kann oft trügen. So der Fall auch bei der deutschen Nationalmannschaft. Nach dem 29:26 über Polen und dem +1-Sieg über die „Sbornaja“ steht die vom früheren österreichischen Teamchef Dagur Sigurdsson betreute Truppe auf dem ersten Platz der Gruppe D.

Nichtsdestoweniger hat das stolze Handball Deutschland derzeit alles andere als eine breite Brust. „Das war ein sehr enges Spiel, wenn es vielleicht nicht gereicht hätte, würden wir jetzt hier stehen und darüber reden, was schlecht ist“, antwortete Sigurdsson nach dem Match auf die Frage, ob das Ergebnis als gelungener Härtetest einzuordnen sei.

Der Isländer gilt nach der mageren dreijährigen Ära unter Brand-Assistent Martin Heuberger als Heilsbringer für Schwarz-Rot-Gold. Im Sommer übernahm Sigurdsson, der Österreich bei der Heim-EM auf den überraschenden 9. Platz geführt hatte, das Zepter.

Die ersten kleinen Achtungserfolge stellten sich rasch ein. Im November gewann Deutschland etwa in der EM-Quali gegen die ÖHB-Sieben mit 28:24. Bei der WM ist man nach der verpassten sportlichen Qualifikation – man scheiterte im Playoff an Polen – nur durch eine umstrittene Wildcard mit dabei. Kritiker orten ein mutwilliges Eingreifen des Weltverbandes, um den für den wichtigen deutschen Markt samt Einschaltquoten und Werbeeinnahmen für das Turnier nicht zu verlieren.

Auf Sicherheit

Brand verfolgt die Schritte seines Nachfolgers genau: „Dagur ist ein Trainer, der seiner Mannschaft eine Handschrift verpasst, sodass man eine Struktur im Spiel erkennt.“ Für ein zu ausgeklügeltes System fehlte bislang aber noch die Zeit.

„So wie das jetzt möglich ist, ist das eine relativ einfache, aber für die Mannschaft relativ passende Struktur“, analysiert Brand. „Im Angriff agiert man vom Tempo her nicht so hoch, hat dadurch in vielen Situationen aber eine höhere Ballsicherheit.“

Was passiert, wenn diese technischen Fehlern zum Opfern fällt, wurde in der ersten Halbzeit gegen Russland (9:13) ersichtlich. Der Rückraum entwickelte kaum Druck oder Torgefahr. Nur drei Rückraum-Treffer waren die Folge. Linksaußen Uwe Gensheimer, der in seinem 100. Länderspiel insgesamt neun Tore erzielte, verhinderten Schlimmeres.

Praktisch weiter

Den Schwierigkeiten zum Trotz steht Deutschland aber bereits mit einem Bein im Achtelfinale. Das kommende Match am Dienstag (19 Uhr) gegen Dänemark wohl um den Gruppensieg entscheiden. Danach folgen noch Argentinien und Saudi Arabien.

„Ich gehe fest vom Aufstieg aus“, nickt Brand. „Argentinien, das im Augenblick noch sehr unangenehm zu spielen ist, wird im vierten Spiel vielleicht auch schon ein wenig müde sein. Nach jetzigem Stand kommen wir als Gruppen-Erster oder –Zweiter weiter.“

Als Erstplatzierter würde im Achtelfinale ein Duell mit dem Vierten aus Pool D warten, was von der Papierform auf Tschechien oder Ägypten hinauslaufen könnte. Brand: „Dann würde es mit dem Viertelfinale nicht so schlecht aussehen.“

 

Aus Doha berichtet Reinhold Pühringer