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"Ich stehe mit Hard in Kontakt"

Für Roland Schlinger stehen turbulente Zeiten an.

Der Deutschland-Legionär steckt mit seinem Klub Balingen-Weilstetten mitten im Abstiegskampf und ist auf die Schützenhilfe anderer Vereine angewiesen, um den Liga-Verbleib doch noch zu sichern.

Einen Spieltag vor Ende liegen die Baden-Württemberger zwei Punkte hinter dem Bergischen HC auf einem Abstiegsplatz. Während Balingen in der letzten Runde zu Hause gegen Lemgo ran muss, treffen die Löwen des BHC vor heimischer Kulisse auf Lübbecke.

Außerdem haben Viktor Szilagyi und seine Kollegen am Mittwoch noch ein Nachtragsspiel gegen die Füchse Berlin. Sollte der Bergische HC aus den verbleibenden zwei Spielen einen Punkt holen, ist der Abstieg für Balingen besiegelt.

Den Gang in die zweite Liga würde Balingen dann aber ohne Schlinger antreten müssen, dessen vertrag nur für die oberste Spielklasse Gültigkeit hat. Doch auch wenn der Verein die Klasse halten sollte, ist es nicht fix, dass der 31-Jährige seinen bis 2015 laufenden Vertrag tatsächlich erfüllt.

„Aufgrund der Konstellation in der Mannschaft, wir sind zu dritt auf meiner Position, und wegen des Systems, welches gespielt wird, ist es für beide Seiten besser, wenn ich nächstes Jahr nicht mehr da bin“, sagt der Nationalspieler.

Doch wo wird die Reise hingehen? Angeblich soll sich Hard bereits um die Dienste des ehemaligen Bregenzers bemühen. Auch ein Wechsel innerhalb der Bundesliga scheint nicht ausgeschlossen.

Im Gespräch mit LAOLA1 gibt Schlinger Auskunft über die derzeitige Situation im Klub, die Verhandlungen mit Hard, sein Zukunftspläne und das Verhältnis zu Balingen-Trainer Markus Gaugisch.

LAOLA1: Sollte der Bergische HC am Mittwoch gegen die Füchse Berlin verlieren, hättet ihr noch die Chance auf den Klassenerhalt. Wie groß ist der Druck derzeit auf die Mannschaft?

Roland Schlinger: Im Endeffekt spüren wir das bereits seit einigen Spielen. Wir müssen auf uns schauen und wollen einen versöhnlichen Abschluss haben. Sollte es für den Klassenerhalt reichen, wäre dies natürlich umso schöner.

LAOLA1: Beim Bergischen HC stehen mit Richard Wöss, Viktor Szilagyi und Maximilian Hermann gleich drei ÖHB-Legionäre unter Vertrag. Habt ihr in letzter Zeit mal über das direkte Duell eurer beiden Teams gesprochen?

Schlinger: Nein, wir haben, als sie bei uns gespielt haben, ein bisschen geplaudert, aber das war es auch wieder. Damals war es bitter für uns, weil sie gewonnen haben und wir wussten bereits, dass diese Niederlage eine Vorentscheidung im Kampf um den Klassenerhalt sein kann. Seitdem haben wir nicht mehr gesprochen, aber warum auch? Beim Nationalteam werden wir das dann sicher wieder tun.

LAOLA1: Im Vorfeld der Saison hätte man nicht gedacht, dass Balingen absteigen könnte. Wie geht ihr nun mit der Situation um?

Schlinger: Das ist das Schwierigste, weil ein extremer Druck auf die Mannschaft wirkt. Das kann man nicht so einfach ausblenden, aber wir versuchen, so gut wie möglich den Kopf frei zu bekommen. Es war ein sehr schwieriges halbes Jahr und die ungewisse Zukunft für jeden einzelnen ist keine leichte Situation.

Schlinger wechselte 2010 von Bregenz nach Balingen

LAOLA1: Hast du auch Vertrag für die zweite Liga?

Schlinger: Nein, ich habe zwar noch ein Jahr Vertrag in Balingen, der gilt aber nur für die erste Liga.

LAOLA1: Es gibt Gerüchte, Hard würde sich um deine Dienste bemühen. Kannst du dazu etwas sagen?

Schlinger: Ich kann nur sagen, dass wir in Kontakt stehen. Es ist noch nichts spruchreif.

LAOLA1: Gibt es auch noch andere Interessenten?

Schlinger: Es gibt Gespräche, mein Berater kümmert sich darum. Ich versuche mich so gut wie möglich davon loszulösen und meine Leistung zu bringen. Eventuell ergibt sich auch was in der Bundesliga. Noch ist alles aber sehr vage.

LAOLA1: Könntest du dir auch vorstellen, mit Balingen in die zweite Liga zu gehen?

Schlinger: So wie es bei uns läuft, wie die Gespräche bisher verlaufen und wie die Mannschaft zum derzeitigen Zeitpunkt in der zweiten Liga aussehen würde, definitiv nicht. Prinzipiell von der Stadt, dem Umfeld und den Fans her würde ich sofort bleiben. Aber aufgrund der Konstellation in der Mannschaft, wir sind zu dritt auf meiner Position, und wegen dem System, welches gespielt wird, ist es für beide Seiten besser, wenn ich nächstes Jahr nicht mehr da bin.

LAOLA1: Man kann also sagen, der Abgang ist fix?

Schlinger: Wenn wir absteigen, ist der Abgang fix. Sollten wir oben bleiben, wird man sehen. Ich bin gerade in Verhandlungen, die Frage kommt ungefähr zwei Wochen zu früh. Ich sage mal so, die Zeichen stehen eher auf Abschied.

LAOLA1: Wie zufrieden bist du mit deiner persönlichen Leistungen in dieser Saison?

Schlinger: Über das ganze Jahr gesehen, kann ich nicht zufrieden sein, jedoch wüsste ich nicht, was ich hätte anders machen können. Das erste halbe Jahr haben wir ein System gespielt, in welchem ich die Vorgaben des Trainers umgesetzt habe. Das wird der Coach auch bestätigen können. In der zweiten Saisonhälfte bin ich vom ersten Rückraumspieler auf die dritte Position gerutscht. Ich bin vom Nationalteam zurückgekommen und war plötzlich nicht mehr erste Wahl. Im März und April hatte ich dann ein wenig Probleme.  Ich habe zwar alles versucht, aber mit dieser Zeit kann ich nicht zufrieden sein. Das kann ich jetzt aber nicht mehr ändern. Im Endeffekt habe ich dreieinhalb wunderschöne Jahre in Balingen verbracht und das letzte halbe Jahr war eben nicht so prickelnd. Sei es drum.

LAOLA1: Wie würdest du dein Verhältnis zum Trainer beschreiben?

Schlinger: Ich habe ein gutes Verhältnis zu ihm. Ich verstehe, wie er das handhabt. Er hat einen Plan, den er umsetzt und das offensive System würde mir spielerisch auch zugute kommen. Aber auf meiner Position haben wir drei Leute und das ist einfach einer zu viel. Ich habe persönlich kein Problem mit ihm und wir haben auch darüber gesprochen. Die anderen beiden machen das in der Deckung sehr gut und die 3-2-1 ist nicht gerade meine Lieblingsformation, das ist bekannt. Daher habe ich keinen Platz in der Deckung. Der Trainer will beim Umschalten von Verteidigung auf Angriff keinen Wechsel machen, das kann ich verstehen. Für alle drei ist die Situation aber nicht ideal, denn im Angriff brauchst du einfach mehr Spielanteile, um die Sicherheit zu bekommen. Aus diesem Grund muss einer gehen. Da die anderen bereits für die zweite Liga unterschrieben haben, ist klar, dass ich gehen muss und auch gehen will. Das ist für mich ohne Emotion. Ich kann nichts Schlechtes über den Trainer sagen.

LAOLA1: Du sagst, du stehst mit Hard in Kontakt, hast aber viele Jahre in Bregenz verbracht. Was glaubst du, wie du dann als Harder in Bregenz empfangen wirst?

Schlinger: Darüber mache ich mir Gedanken, wenn es so kommen sollte.

LAOLA1: Solltest du die Bundesliga verlassen. Wie sieht dein Fazit nach vier Jahren in Balingen aus?

Schlinger: Natürlich ein sehr positives. Das letzte halbe Jahr muss ich ausblenden, ansonsten war es eine unglaubliche Erfahrung. Allein die Stimmung und die Fans sind einzigartig. Unsere Heimspiele waren immer ein Mega-Erlebnis. Du spielst jede Woche gegen die besten Spieler der Welt, teilweise vor acht- bis zehntausend Zuschauern. Davon träumt jeder Handballer und ich habe das vier Jahre leben dürfen.

Das Interview führte Sebastian Rauch