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LAOLA1 zu Gast in der "Wetterküche" der Formel 1

LAOLA1 zu Gast in der

Phanfone treibt derzeit den Formel-1-Bossen die Schweißperlen auf die Stirn.

Was wie ein ostasiatischer Handy-Anbieter klingt, ist in Wahrheit ein Taifun, der vom Nordpazifik über Suzuka hereinbrechen zu droht. Die ersten Ausläufer sollen bereits am Sonntag, also dem geplanten Tag des Formel-1-Grand-Prix‘, eintreffen.

Selbst den Nicht-Meteorologen leuchtet nach einem Blick auf die Wetter-Modelle ein: Da rollt etwas ganz Dickes auf Süd-Japan zu.

Erstaunliches fördert indes die Frage zutage, woher die Formel 1 überhaupt ihre Wetter-Bilder und -Prognosen bezieht. Nämlich aus Wien. Genauer gesagt von der Firma Ubimet im 22. Bezirk, praktisch im Schatten der UNO-City.

LAOLA1 stattete dem österreichischen Unternehmen einen Besuch ab und fragte nach, wie das Wetter nun wirklich wird.

Keine Frösche, kein Kalender mit Bauernregeln

Bereits mit dem ersten Blick in das Büro im zehnten Stock wird deutlich, was moderne Meteorologie tatsächlich ist. Nämlich die Analyse von Daten – und zwar von sehr vielen Daten.

Das Herz der „Wetterküche“ ist nicht unheimlich groß – drei größere Tisch-Inseln in einem Open-Office – aber dafür mit reichlich Technik ausgestattet. An den Wänden hängen zahlreiche Bildschirme. Einer zeigt eine Unwetterkarte von Österreich, ein nächster eine Satelliten-Aufnahme Australiens und wieder in einer anderen Ecke kreiselt gut erkennbar das Modell von Phanfone auf die japanischen Inseln zu.

Auf die Frage, wie viele Variablen bei Wetter-Phänomenen wie etwa einem Taifun miteinzubeziehen sind, kommt der sonst sehr sachlich erklärende Ubimet-Mitarbeiter Clemens Teutsch-Zumtobel, der zwar Marketing-Agenden über, aber ebenso Meteorologie studiert hat, leicht ins Stocken. So genau könne man das offenbar nicht sagen.

Etwas übersichtlicher wird es bei den relevanten Parametern, die sich im Wesentlichen auf Temperatur, Luftdruck, Wind, Niederschlag und Luftfeuchtigkeit reduzieren lassen. „Daraus lassen sich viele weitere Größen wie etwa Wolken-Entwicklung, Hagel-Wahrscheinlichkeit oder auch Blitz-Dichte ableiten“, sagt er.

Genug der Theorie

Genug der Theorie
Phanfone hält auf die japanischen Inseln und Suzuka zu

Letzten Endes münden alle Daten und Berechnungen in ein Modell, welches im Falle von Phanfone über dessen weitere Route und Auswirkungen Auskunft gibt. Für den eigentlichen Starttermin am Sonntag um 8 Uhr MEZ würde dies bedeuten, dass der Taifun zwar noch ein Stück von der Strecke entfernt ist, die ersten Ausläufer die Strecke aber schon erreichen.

„Gut ist, dass Suzuka etwas geschützt liegt, der Wind würde also nicht das Problem werden“, meint Felix Welzenbach, der sich um die Entwicklungen rund um den F1-GP kümmert und mit einem „moderaten Ostwind“ sowie „heftigen Niederschlägen“ rechnet.

Die eigentliche Problematik gehe laut den Ubimet-Fachleuten indes von den Wetter-Kapriolen nach dem Rennen aus, wenn der Kategorie-4-Sturm Süd-Japan mit voller Wucht trifft.

„Es wird Überflutungen geben, die Schäden verursachen. Die Flughäfen werden dicht sein“, prophezeit Teutsch-Zumtobel einen Ausnahme-Zustand. Die Konsequenz daraus wäre, dass der F1-Tross das Rennen zwar bei widrigen Umständen durchpeitschen könnte, danach aber im Chaos möglicherweise für eine gewisse Zeit festsitzen würde. Dies könnte wiederum den WM-Kalender durcheinanderwirbeln, da bereits für das Wochenende danach in Sotschi das nächste Rennen angesetzt ist.

Ein Funken Hoffnung

Bereits am Dienstag hat Ubimet die Formel 1 und deren Teams erstmals über Phanfone informiert und hält sie seither ständig am Laufenden. Ein fünfköpfiges Team ist vor Ort und unterstützt den F1-Zirkus bei jedem Rennen mittels Niederschlags-Bilder und –Prognosen, die mittels einer mitgeführten, rund einer Tonne schweren Radar-Station gemacht werden.

Ständig werden Updates erstellt und weitergeleitet. „Wir haben da nur eine beratende Funktion. Die Entscheidungen müssen andere treffen“, stellt Teutsch-Zumtobel klar.

So auch bei Phanfone, bei dem es nach jüngsten Berechnungen ein neues Szenario gibt. Eines, welches Hoffnung für die japanische Bevölkerung sowie einen GP am Sonntag aufkommen lässt. „Laut dem neuen Modell dreht Phanfone stärker nach rechts ab und überquert die Inseln nicht, sondern streift sie nur“, wirft Welzenbach ein (siehe Grafik rechts).

Noch etwas Fachsimpelei hinterher: Stürme, die vom Ozean auf das Festland treffen, durchlaufen eine Kurvenbahn, die durch Winde vom Festland eingeleitet wird. Die Frage ist eben nur, wie groß der Winkel dieser Kurve ist.

In Weymouth obenauf, in Australien Down Under

Die Zusammenarbeit zwischen Ubimet und der Formel 1 läuft seit Anfang der Saison. Das Feedback sei recht gut, versichert Teutsch-Zumtobel. Ein Grundsatz sei, dass alle Teams gleich behandelt werden. Mittels Live-On-Track-System, einem Online-Portal, können alle Rennställe auf die Ubimet-Informationen sowie Prognosen zugreifen.

Doch wie kommt die FIA ausgerechnet auf die Wiener Firma? „Weil wir einfach die zuverlässigsten Vorhersagen machen“, meint Teutsch-Zumtobel wie aus der Pistole geschossen. Ein einstudierter Satz eines Marketing-Verantwortlichen? Womöglich.

Wie auch immer scheint sich das Startup-Unternehmen, welches kürzlich sein zehnjähriges Bestehen feierte und mittlerweile über 100 Mitarbeiter beschäftigt, in der Sport-Branche einen Namen gemacht zu haben.

Wobei bei einer Bandbreite, die von der Vierschanzen-Tournee bis zum MotoGP-Rennen in Australien reicht, die Anforderungen oft recht unterschiedlich sind.

Der Österreichische Ski-Verband vertraute etwa bei den Olympischen Spielen in Sotschi auf die Dienste von Ubimet, um mit Daten über Temperatur, Luftfeuchtigkeit sowie dem Unterschied zwischen Berg und Tal bestmögliches Ski-Material zu präparieren.

Ebenfalls auf olympischer Bühne, aber unter ganz anderen Aspekten, stand indes die Betreuung des australischen Segel-Teams in London 2012. „Hier ging es darum, für das Revier in Weymouth hochpräzise Wind-Vorhersagen zu machen. Dazu mussten wir unsere Berechnungs-Modelle dementsprechend hochtunen“, so Teutsch-Zumtobel. Gelohnt hat es sich. Am Ende standen drei australische Gold-, eine Silber-Medaille und viel Lob.

(Vorübergehend) Vom Winde verweht

Auch mit dem im Sport schon fast allgegenwärtigen Red-Bull-Konzern ist Ubimet in Berührung gekommen. Neben dem Air Race und dem X-Alps-Rennen, bei dem mittels Paragleit-Schirmen die Alpen überquert werden, wirkte die Wiener Firma auch bei Felix Baumgartners Sprung aus dem All mit.

Dabei spielte Ubimet keine unwesentliche Rolle, schließlich führten die Wind-Daten sogar zu einer Verschiebung des Starts. „Es liegt auf der Hand, dass gerade bei solchen Projekten die Mitarbeiter auch dementsprechend mitleben“, meint Teutsch-Zumtobel. Falls nötig, gibt es eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung.

Manches ändert sich nicht

Der sportliche Bereich ist bei Ubimet allerdings nur ein Teil. Versicherungskunden (Unwetter-Warnungen), Tageszeitungen oder Events wie etwa das Wiener Donauinselfest oder das Frequency-Festival werden ebenfalls betreut.

In Mittel- und Osteuropa sei man laut Teutsch-Zumtobel deshalb der führende Wetter-Dienst.

„Eine gewisse Leidenschaft gehört zum Meteorologen schon dazu“, spricht der Tiroler das Ureigenste in diesem Job an und verweist mit einem Fingerzeig auf den großen Panorama-Blick aus dem Büro: „Auch bei all den Satelliten-Bildern, Modellen und Grafiken – wenn ein großes Gewitter über Wien niedergeht, dann kommen alle zum Fenster und schauen sich das am liebsten auf diese Art und Weise an.“

Reinhold Pühringer