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"Im Auto wurde mir immer schlecht“

Wer Nigel Lamb länger zuhört, bekommt das Gefühl, selbst fliegen zu können.

„Es ist auch leichter, als ein Auto zu fahren“, sagt der Brite im Gespräch mit LAOLA1. Der 58-Jährige muss es wissen, ist er doch regierender Weltmeister im Red Bull Air Race. Und relativiert gleich.

„Wie oft im Leben schauen die Dinge von außen komplizierter aus, als sie wirklich sind. Wenn du dich dem Ganzen aber Schritt für Schritt näherst, kommst du drauf, dass es viel leichter ist. Das gilt auch für das Geschäftsleben oder wie man ein Unternehmen führt“, hält Lamb über das Fliegen fest.

„Nur mit der Ehe ist das anders, die ist wirklich schwierig.“ Lamb beweist auch britischen Humor.

Im Auto wurde ihm schlecht

In Rhodesien, dem heutigen Simbabwe, wurde der Flieger geboren. Und mit motorisierten Vehikeln hatte der heutige Pilot früher so seine liebe Not. „Mir wurde als Kind im Auto immer schlecht. Und sogar später als Militärpilot noch“, gibt Lamb preis. „Mit der Zeit ging es weg, es hat klick gemacht.“

Warum ist aber fliegen nun einfacher als fahren? „Weil ich eingreifen kann, wenn ich einen Fehler mache. Das ist das Schöne am Fliegen. Wenn ich auf der Straße einen Fehler mache, kracht es. In der Luft ziehst du die Maschine nach oben und hast wieder Zeit, alles problemlos zu korrigieren.“

Um es noch besser zu illustrieren: „Meine Kinder haben den Führerschein gemacht und genauso viel Zeit mit Fahren verbracht, wie es braucht, um den Privatpilotenschein zu machen.“

Fliegen ist also einfach. Aber Racen keineswegs. Das musste auch Lamb feststellen. Denn bis zu seinem ersten Weltmeister-Titel musste sich der smarte Sportler sieben Saisonen gedulden.

Die Arbeit zahlte sich aus

Achter, Neunter, Neunter, Siebenter, Sechster, Dritter – und 2014 endlich Erster. Dank eines zweiten Platzes im Thriller-Finale von Spielberg. Einem seiner fünf zweiten Plätze in dieser Saison.

Arch vergab den Triumph im „Finale dahoam“, bescherte seinem Widersacher aber einen seiner schönsten Momente in dessen Karriere.

„Es war unglaublich. Wir feiern das noch mindestens bis Saisonende. Es ist unbeschreiblich und war einfach der Höhepunkt jahrelanger, harter Arbeit. Es gab Höhen und Tiefen und auch Selbstzweifel. Du fragst dich: An was liegt es? An mir? An der Maschine? An was sonst? Ich habe lange gebraucht, aber am Ende hat sich alles ausgezahlt. Das ganze Dorf hat gefeiert, das war großartig.“

Diese Saison verlief bislang alles andere als nach Wunsch. Sowohl beim Auftakt in Abu Dhabi als auch bei der Premiere in Chiba reichte es nicht für die Top 4 – Paul Bonhomme entschied beide Rennen.

„Ja, ich denke, dass ich vorne dabei sein kann. Aber von den 14 Piloten können fast alle gewinnen. Die Motoren sind nahezu gleich und alle haben ein sehr ähnliches Kraft-Last-Verhältnis. Das macht es für die Fans so spannend. Es geht viel mehr um den Piloten, jeder kann gewinnen.“

Favorit Spielberg

Im kroatischen Rovnij soll am Wochenende der Umschwung erfolgen.

Im September erfolgt die Rückkehr nach Spielberg, seiner Lieblingsstation. „Erstens wegen der Umgebung, dann landest du auch noch direkt auf dem Gelände und die Strecke ist spektakulär. Ich liebe die Topografie. Der Höhenunterschied zwischen dem Start-Tor und dem höchsten Tor ist ca. 50 Meter. Da hast du einen richtigen 3D-Kurs. Ein Vorteil ist: Durch die Bäume rundherum hast du mehr Orientierungspunkte als über Wasser. Man kann auch den Abstand zum Boden besser einschätzen.“

Auf dem Boden der Realität ist Lamb immer geblieben. Wie lange er sich das Spektakel noch geben will, hängt von einer einfachen Entscheidung ab. „Vor 25 Jahren habe ich meiner Frau versprochen aufzuhören, wenn die Leidenschaft nicht mehr stark genug ist, denn dann wird es gefährlich.“

„DiCaprio macht das perfekt“

Das soll es nicht sein. Aber Lamb ist passionierter Flieger: „Es liegt in meinen Genen.“ Das entnimmt man auch seinen Beschreibungen. Überhaupt zeigt sich Lamb in vielerlei Dingen passioniert.

Einer seiner Lieblingsfilme ist etwa nicht „The Silence of the Lamb“ („Das Schweigen der Lämmer“), sondern „Blood Diamond“, in dem Leonardo DiCaprio einen seiner Landsmänner spielt.

„Und er macht das echt perfekt, er bringt das wirklich toll rüber“, zeigt sich Lamb euphorisch.

So euphorisch, wie Lamb bald wieder nach einem Red Bull Air Race sein will.

 

Bernhard Kastler