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Zeitlupe Altmann

 

Das Werk eines Zauderers

ÖFB-Präsident Leo Windtner nimmt gerne für sich in Anspruch, ein Macher-Typ zu sein. Ein Mann der Tat quasi.

Ein Image, das sich dieser Tage ungefähr so aufrechterhalten lässt wie Österreichs Chancen auf eine Qualifikation für die EURO 2012. Also gar nicht. Und in beiden Fällen ist man nicht knapp gescheitert.

Die Idee, den entmachteten Teamchef Didi Constantini als seinen eigenen Interimsnachfolger zu installieren, ist an Skurrilität, Naivität, Absurdität, Führungs- und Entscheidungsschwäche kaum zu überbieten.

Nicht Fisch, nicht Fleisch. Eine "halberte" Lösung. Kurzum: Das Werk eines Zauderers statt eines Machers.

Windtner selbst widersetzt sich energisch dem Vorwurf, „typisch österreichisch“ gehandelt zu haben und bevorzugt den Terminus „konsequente Vorgehensweise.“

Achja?

An der ÖFB-Spitze scheint sich die Meinung durchgesetzt zu haben, dass es sich bei der Reise nach Aserbaidschan und Kasachstan um eine gemütliche Urlaubsfahrt handelt (Wurde Constantini beim Amtsantritt nicht als „Animateur“ charakterisiert?), nach dem Motto: So oft kommt man ja nicht in diese exotischen Länder, um seinen geographischen Tellerrand zu erweitern...

Natürlich ein Stumpfsinn sondergleichen. Einige simple Argumente als Beispiel:

Erstens zählt für Österreich jeder Sieg, um sich in der Weltrangliste nach oben zu arbeiten und bei Qualifikations-Auslosungen nicht ewig aus Topf vier gezogen zu werden.

Zweitens, und das sollte man nicht außer Acht lassen, rangiert Österreich in der Tabelle nur einen Zähler vor den Aseris. Ob den Verbands-Verantwortlichen aufgefallen ist, dass weder die Türkei (0:1), noch Belgien (1:1) in Baku gewonnen haben? Diese beiden Länder haben den Trip nach Aserbaidschan übrigens nicht als Urlaubsfahrt konzipiert, sondern ließen in einer echten Wettkampfsituation Federn.

Drittens: Wie fahrlässig wäre es eigentlich, eine eineinhalbwöchige Zusammenkunft wie diese völlig ungenutzt zu lassen? Es war eine Dauer-Leier der Ära Constantini, wie wenig Zeit er nicht gemeinsam mit seinen Spielern zur Verfügung habe. Es mag ja menschlich lieb sein, ihm nun zehn Tage mehr zu schenken, als es der normale Fußball-Hausverstand erlaubt, aber gleichzeitig wäre es unbeschreiblich kontraproduktiv. Ein neuer Teamchef sollte im Hinblick auf die WM-Qualifikation jede nur erdenkliche Gelegenheit haben, mit den Spielern zu arbeiten. Außerdem wäre es kein Fehler, wenn er sie noch in zwei Pflichtspielen evaluieren könnte und nicht ausschließlich auf Eindrücke aus Freundschaftsspielen angewiesen wäre.

Viertens betont Windtner, dass es keinen Bruch zwischen Constantini und den Spielern gibt. Wenn er sich da mal nicht täuscht. Große Trauerbekundungen über den Abgang des Tirolers sind nur vereinzelt zu erwarten, auch wenn das gegenseitige Verhältnis von Respekt geprägt gewesen sein mag. Und dass der 56-Jährige ab sofort eine Führungskraft ohne Autorität darstellt, muss nicht extra betont werden.

Wie auch immer: Windtner und seine Direktoriums-Eliteeinheit wollen nun in „aller Raschheit, aber auch Besonnenheit und Langsamkeit“ einen neuen Teamchef finden, wie er auf seiner bisweilen befremdend anmutenden Pressekonferenz verlautbarte.

Zuerst wird einmal in Ruhe ein „Anforderungsprofil“ erstellt – äääh aktualisiert. Denn wie falsch das alte war, so es eines gegeben hat, haben die letzten zweieinhalb Jahre gezeigt.

Mal ganz abgesehen davon, dass ein professionell geführter Verband zu jeder Stunde und Minute ein „Anforderungsprofil“ für seinen wichtigsten Angestellten parat hat, könnte man ja sogar einen kleinen Funken Hoffnung in diese Vorgehensweise investieren.

Vielleicht enthält es ja vernünftige, moderne und zukunftsträchtige Kriterien, dieses neue „Anforderungsprofil“. Bis zum Beweis des Gegenteils ist, mit Verlaub, mehr als eine gehörige Portion Skepsis erlaubt.

Fest steht nur: Die Bewertung von Windtners Präsidenten-Ära wird nach dem Fehlgriff Constantini maßgeblich von der nächsten Teamchef-Entscheidung abhängen – jedoch nicht ausschließlich.

Deshalb zum Abschluss ein kleiner Tipp: Wie wäre es zusätzlich – quasi als nicht gänzlich unnötige Fleißaufgabe - mit einem „Anforderungsprofil“, wie ein moderner Fußball-Verband aufgestellt sein sollte?

Für einen echten „Macher-Typ“ doch kein Problem, oder?