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Zeitlupe Altmann

 

Die Selbstironie des "Fachmanns"

Fast hätte er es geschafft, der Ruttensteiner Willi.

Ganz ohne Schmähführen, ohne ablenkende Pointe, ohne erheiternden Gag.

Der Interims-Teamchef mutete seinem Publikum ungewohnte Kost zu: Rund 35 Minuten Pressekonferenz, in denen inhaltlich fundiert über Fußball gesprochen wurde.

Man könnte fast meinen: So wie man es sonst nur aus dem Fernsehen kennt, wenn Medientermine des DFB live übertragen werden und Joachim Löw beziehungsweise Oliver Bierhoff über die Entwicklung ihres Kaders philosophieren.

Aber vom ÖFB? Bei Didi Constantini gab es zwischen wohl platzierten Witzchen und Bärbeißigkeit immer seltener Platz für inhaltliche Botschaften - das zunehmende Desinteresse, via Medien mit dem Volk zu kommunizieren, war beinahe greifbar.

Bei Karel Brückner scheiterte diese Kommunikation der oftmals nicht unklugen Botschaften leider zu oft an den mangelnden Deutschkenntnissen.

Nun also Ruttensteiner. Der 48-Jährige hat die Öffentlichkeitswirkung betreffend keine leichten Jahre hinter sich. Nur allzu gut ist in Erinnerung, wie er weithin als „Powerpoint-Willi“ abgekanzelt wurde. Vermeintliche Streber sind in unserer von populistischen „Wuchtldruckern“ dominierten (und um Jahrzehnte zurückgeworfenen) Fußball-Landschaft nun mal von vornherein suspekt.

Man kann jedoch nicht behaupten, dass die internationale Entwicklung der letzten Jahre dem Oberösterreicher nicht Recht gegeben hätte.

Vor nicht allzu langer Zeit wurde Ruttensteiner von den hartnäckigsten Fortschrittsverweigerern noch mitleidig belächelt, wenn er beispielsweise diverse Analyse-Tools vorgestellt hat. Inzwischen gehören diese längst zum kleinen Ein-mal-Eins der Aufbereitung von Spielen.

Der hauptberufliche Sportdirektor war einer der Ersten im ÖFB, der über den dieser Tage viel zitierten Tellerrand blickte, den internationalen Vergleich suchte und vom einstigen Vorsprung diverser Nationen beinahe schockiert war.

„Ein Trainer will das nächste Spiel gewinnen, ein Sportdirektor das nächste Jahrzehnt“, lautet Ruttensteiners allseits bekanntes Motto.

Nun befindet er sich zumindest für zwei Partien selbst in der Rolle des Trainers. Ob er für diese geeignet ist, sei dahingestellt – der Ruf des „Feuerwehrmanns“ eilt ihm zumindest nicht voraus.

Dennoch ist der Vorführ-Effekt, den er aktuell mit seiner Herangehensweise erzielt, kein schlechter. Ein Frontman, dessen Worte inhaltliche Substanz haben und der sich nicht mit Schmähführen über Wasser hält, kann nicht schaden.

So gesehen ist der einzige „Sager“, der ihm bei seinem Auftritt herausrutschte, und der für Schmunzeln sorgte, als feine Selbstironie zu bewerten. Zumindest fasst er die Rezeption der Person Ruttensteiner im Wandel der Zeit treffend zusammen:

„Mir ist neu, dass der Ruttensteiner in Österreich als Fachmann gilt, aber ich nehme es sehr gerne zur Kenntnis…“