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Koller: "Ich fühle mich nicht schlecht behandelt"

Koller:

Es gibt klingendere Länderspiel-Gegner als Moldawien und Montenegro, nüchtern betrachtet handelt es sich jedoch um eine enorm wichtige Nationalteam-Woche.

Auf dem Weg zur erhofften Qualifikation für die EM 2016 in Frankreich werden sechs Punkte erwartet. Gelingt dies nicht, weiß man als gelernter Fußball-Österreicher, was – je nach Höhe des Punkteverlusts – los sein könnte.

Schon nach den beiden verlorenen Punkten beim Quali-Auftakt gegen Schweden herrschte mancherorts Enttäuschung.

„Darum bin ich in Österreich geblieben“

Teamchef Marcel Koller deutete in einem Interview eine gewisse Diskrepanz zwischen medialer Wahrnehmung und jener der Fans an. Daraus ließe sich jedoch nicht ableiten, dass seine Arbeit beim ÖFB nicht genügend respektiert wird:

„Das wäre falsch interpretiert, ich fühle mich nicht schlecht behandelt. Wir haben einen Weg eingeschlagen, den verfolgen wir weiterhin. Darum bin ich auch in Österreich geblieben, weil dieser Weg für mich noch nicht zu Ende ist. Ich möchte mit dieser Mannschaft dranbleiben, weil ich noch Qualitäten sehe, die wir weiterentwickeln können.“

Dies soll im Vorfeld des Gastspiels in Moldawien umso konzentrierter geschehen, wobei nur wenig Zeit dafür bleibt. Seit Sonntag hat der Schweizer Teile seines Kaders in Stegersbach versammelt, bis Montagnachmittag soll das komplette Aufgebot im Burgenland eingetrudelt sein.

Die Legionäre David Alaba, Julian Baumgartlinger und Aleksandar Dragovic reisten ebenso wie die Salzburg-Spieler mit einem Tag Verspätung an. Mit dabei ist auch Martin Hinteregger. Wie eine Untersuchung am Montag-Vormittag in Salzburg ergeben hat, zog sich der Kärntner gegen Wiener Neustadt eine Entzündung der Gelenkskapsel im linken Knie zu. Dennoch kommt der 22-jährige Innenverteidiger ins Teamcamp und wird dort medizinisch betreut.

Ob in Wien oder in Moldawien

Wer Koller kennt, weiß, dass kompakte Nationalteam-Termine wie dieser nur bedingt nach seinem Geschmack sind. Der 53-Jährige bevorzugt lange Lehrgänge wie vor dem Schweden-Match, in denen er seine Schützlinge detailliert mit dem Matchplan vertraut machen kann.

Für taktische Feinheiten bleibt diesmal nur das unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindende Training am Dienstagabend. Davor steht die Regeneration im Vordergrund. Beim mittwöchigen Abschlusstraining in Chisinau wird man seine Vorhaben für die Begegnung am Donnerstag nicht preisgeben.

Umso mehr könnte sich die Strategie, auf einen eingespielten Kader zu setzen, bezahlt machen, wie Koller erneut betont: „Es ist wichtig, dass sich die Spieler schon länger kennen. Wir haben nicht die großen Wechsel gemacht, weil sie wissen, wie wir spielen wollen. Jetzt geht es um taktische Finessen, die man dazunimmt und dem Team vermittelt.“

Die eigene Philosophie ist quasi auf der „Festplatte“ gespeichert, nun zählt es, diese abzurufen. Der Eidgenosse wird nicht müde zu betonen, dass „es immer das Wichtigste ist, dass wir unser Spiel spielen – ob zu Hause oder auswärts. Sie können Fußball spielen, das haben sie gezeigt. Egal ob in Wien, sonstwo in Österreich, in Moldawien oder in Montenegro – sie sollen zeigen, was wir zusammen vorbereitet haben.“

Zwölf Spiele Moldawiens analysiert

Diesbezüglich überließ Koller wie üblich nichts dem Zufall. Insgesamt 22 Partien der kommenden beiden Kontrahenten hat er analysiert:

„Von Moldawien habe ich zwölf Stück auf meinen Laptop angeschaut, den Gegner nach Stärken und Schwächen auseinander genommen, Sequenzen rausgeschrieben und sie dann von unserem Videoanalysten Christian Heidenreich zusammenschneiden lassen.“

Nachdem am Montagnachmittag die Aufarbeitung des 1:1 gegen Schweden im Vordergrund der Videoanalyse steht, bekommen die ÖFB-Kicker am Dienstagvormittag die ausgewählten Szenen Moldawiens zu sehen.

Wobei die Südosteuropäer mit Alexandru Curtianu erst kürzlich einen neuen Teamchef bestellt haben: „Sie haben einen neuen Trainer, vielleicht macht der alles anders. Es wird wichtig sein, dem Team zu vermitteln, welche Varianten kommen könnten.“

„Sind gut beraten, solche Gegner zu 100 Prozent ernst zu nehmen“

Koller erwartet einen defensiv gut stehenden und robusten Gegner. Um zu bestehen, müsse man sowohl spielerische, aber auch kämpferische Elemente ins eigene Spiel einbringen:

„Wir brauchen beides – die spielerische Qualität, um dem Gegner Schmerzen bereiten zu können, und natürlich körperliche Robustheit. Das heißt aber nicht, dass du 1,90 Meter groß sein musst, um dagegenzuhalten, du kannst auch mit 1,70 Meter beißen, kratzen und treten, wie man früher gesagt hat. Es wird in der ganzen Qualifikation wichtig sein, dass wir nicht nur vom Spielerischen leben, sondern dass wir dagegenhalten und uns nicht erschrecken, wenn der Gegner einmal ein bisschen robust kommt und sich richtig wehrt. Wir müssen das Gleiche tun.“

Ein entscheidender Faktor wird aber so oder so der Kopf sein. Marc Janko verspricht jedenfalls, dass man diese richtungsweisende Partie mit höchster Konzentration in Angriff nehmen wird:

„Ich würde das Spiel als Gefahr sehen, wenn wir sie unterschätzen würden. Aber das tun wir nicht. Speziell nach der letzten Qualifikation sind wir gut beraten, solche Gegner zu 100 Prozent ernst zu nehmen. Das haben wir vorher natürlich auch gemacht, aber wir wissen jetzt, dass gerade in solchen Spielen die Qualifikation entschieden werden kann – Stichwort Kasachstan. Da haben wir leider Punkte liegen gelassen, die im Endeffekt wichtig gewesen wären. Insofern weiß jeder, worauf es in Moldawien ankommt. Wir wollen unbedingt die drei Punkte haben und werden alles dafür investieren.“

Peter Altmann