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Was hat Mourinho als Fußballer zusammengebracht?

Was hat Mourinho als Fußballer zusammengebracht?

Paul Scharner betreut die österreichische Nationalmannschaft in den beiden abschließenden EM-Qualifikations-Spielen in Aserbaidschan und Kasachstan nicht als spielender Teamchef.

Eh klar. Diese Variante hatte von vornherein eine Chance von null Prozent auf eine Umsetzung. Das war auch nicht der Hintergedanke.

Dass sich der West-Bromwich-Legionär für diese Aufgabe ins Spiel brachte, nachdem der ÖFB ursprünglich Didi Constantini die beiden Partien coachen lassen wollte („So nah an der Mannschaft dran wie er bin ich auch“) wurde mancherorts mit einer gewissen Empörung zur Kenntnis genommen, viele interpretierten es als Scherz.

Scharner selbst beharrt auf der Ernsthaftigkeit des Offerts und sieht mit einigen Wochen Abstand seinen Zweck erfüllt.

„Mir ging es darum, dass wir keinen Tag verlieren dürfen“

„Das war sehr gewollt, und ich denke, das ist in Österreich auch angekommen. Wir müssen diese beiden Spiele fix dazu verwenden, bereits auf die WM 2014 hinzuarbeiten“, betont der 31-Jährige und bestätigt die Einschätzung von Christian Fuchs, dass im von Willi Ruttensteiner geführten Lehrgang ein ganz anderer Zug dahinter gewesen sei:

„Das stimmt absolut. Diese beiden Spiele sind gute Gelegenheiten, um die Basis für neue Aufgaben zu legen. Mir ging es darum, dass wir keinen Tag verlieren dürfen.“ Dies wäre wohl der Fall gewesen, wenn man die Quali unter der Anleitung von Constantini als „Lame Duck“ ausplätschern hätte lassen.

Scharner der Nachdenker, Mitdenker und Mahner. Spieler, die sich in aller Öffentlichkeit kritisch-konstruktive Gedanken über Vorgänge und Hintergründe im Fußball machen, sind selten. Auch wenn sich der 31-Jährige in der Vergangenheit mit seinen Hinweisen bisweilen die Finger verbrannt hat, lag er oftmals nicht daneben mit seinen Einschätzungen.

Eine Mentalität wie ein fünfjähriges Kind

Ein steter Dorn im Auge waren ihm seit jeher manch typisch österreichische Mechanismen. Diese konnte man in den Tagen seit der Kür von Marcel Koller zum neuen Teamchef zur Genüge beobachten. Ein Umstand, der Scharner gehörig missfällt.

„Das gibt hoffentlich vielen Leuten Anlass, um nachzudenken“, erklärt er im Hinblick auf die harsche Kritik an der Bestellung des Schweizers von Seiten diverser Experten und meint damit, dass sich Fans und Beobachter ihren eigenen Reim auf die Hintergründe machen sollten.

Der Name Löw bringt den Defensiv-Allrounder umgehend dazu, dass man es als Aktiver nicht unbedingt zu Star-Ruhm gebracht haben müsse, um als Trainer zu reüssieren:

„In Österreich ist die Meinung vorherrschend, dass man als Spieler Weltklasse gewesen sein muss, dann bekommt man die Erlaubnis, Trainer zu werden. Was hat denn ein Mourinho zusammengebracht als Fußballer? Jetzt ist er der beste Trainer der Welt. Koller war als Spieler übrigens hervorragend, er wurde mit Grasshopper sieben Mal Meister.“

„Werde Trainerausbildung in England machen“

Dass rot-weiß-rote Coaches aktuell nicht unbedingt einen Exportschlager darstellen, muss nicht extra betont werden: „Für die interessiert sich im Ausland kein Mensch.“

Die Trainerausbildung des ÖFB war in diesem Jahr bereits Gegenstand heftiger Diskussionen. Stellt sich die Frage, wo Scharner seine Trainerausbildung absolvieren zu gedenkt – in England oder in Österreich?

„Ich werde sie in England machen. Mich interessiert es einfach, auch wenn ich sie wahrscheinlich nicht brauchen werde.“

Lachender Nachsatz: „Außer für den Job als Teamchef.“

Peter Altmann

Seine Meinung kann eindeutiger nicht sein: „Katastrophe wäre ein überzogenes Wort, denn das betrifft Dinge abseits des Fußballs, aber es ist einfach sehr schade. Einige Österreicher haben eine Mentalität wie ein fünfjähriges Kind. Einfach schade, dass man einen Menschen beurteilt, der noch nicht einmal vorgestellt ist. Es war nämlich schon am Vorabend der Präsentation zu beobachten, wie die ersten Giftpfeile flogen.“

„Hoffe, die Kritik prallt am ÖFB ab“

Der Premier-League-Kicker sieht es naturgemäß nicht als Nachteil, dass Koller in der Alpenrepublik niemandem Rechenschaft schuldig ist. Also ist es eine logische Folge, dass er sich in die Riege derer einreiht, die Geduld im Umgang mit dem Eidgenossen fordern:

„Man sollte ihm eine Chance geben. Er bringt die richtigen Charaktereigenschaften mit, um den neuen Weg zu starten.“

Die Gefahr, dass besagte Geduld gerade in der Medienlandschaft nur bedingt vorhanden sein wird, ist groß. Auch Scharner wittert diese und hält es daher für eminent wichtig, dass jene Herren, welche diese Entscheidung getroffen haben, auch zu dieser stehen:

„Ich hoffe, dass die Kritik am Unternehmen ÖFB abprallt und eine Art Cocon gebildet wird, der nichts von außen reinlässt.“

„Was hat denn ein Mourinho zusammengebracht als Fußballer?“

Das Argument, dass Koller in Deutschland sowohl bei Köln als auch bei Bochum entlassen worden sei, ließe sich ohnehin damit kontern, dass ein gewisser Joachim Löw in Österreich bei der Austria gescheitert sei.