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"Dieses Mal zu punkten ist wahrscheinlicher"

Die Zipfelmütze.

Sie ist das Symbol der größten Blamage in der Geschichte des österreichischen Fußball-Nationalteams. Die Kopfbedeckung, die die Erinnerung wieder hochbringt. 

An Mittwoch, den 12. September 1990.

Österreichs größte Blamage

Damals als Österreich im schwedischen Landskrona in der EM-Qualifikation den Färingern 0:1 unterlag. Der Insulaner hatten damals ihr erstes Pflichtspiel überhaupt - und sorgten für einen Sieg für die Ewigkeit

Nach wie vor gilt dieser Erfolg als eine der größten Überraschungen in der Fußball-Geschichte überhaupt. Einer der Matchwinner von damals: Jens Martin Knudsen.

Der Keeper der Färinger avancierte mit seinem sauberen Kasten gegen die damals spanischen Legionäre Gerhard Rodax und Toni Polster zur Kultfigur, auch weil der heutige Fischfabrikant die nun allgegenwärtige Zipfelmütze trug.

Zipfelmützen-Goalie als Buchautor

Diese nahm der 45-Jährige nun auch nach Wien mit, um wenige Tage vor dem erneuten Aufeinandertreffen der beiden Teams sein Buch "Der Mann mit der Pudelmütze" vorzustellen.

Das bisweilen als eBook erhältliche Werk beschreibt nicht nur die österreichische Jahrhundert-Blamage an sich, sondern auch die Vorbereitung darauf sowie die Auswirkungen für Knudsen.

im LAOLA1-Interview spricht der vierfache Familienvater über den Sieg von damals, die Zipfelmütze sowie das Spiel am Freitag in Wien.

LAOLA1: Sie sind unter die Autoren gegangen. War das länger geplant oder das neuerliche Aufeinandertreffen eine gute Chance dafür?

Jens Martin Knudsen: Die Idee für das Buch gab es schon vor langer Zeit und die hat sich weiterentwickelt. Es geht natürlich auch um das Spiel, aber vor allem um das, was nicht so bekannt war. Das Ergebnis kennt man ja, nicht aber das, was vorher und später war. Ich habe mir gedacht, das die Auslosung definitiv eine Möglichkeit wäre, dass mein Buch veröffentlicht werden könnte. Darauf habe ich eigentlich schon länger gewartet und das hat sich nun einfach angeboten.

LAOLA1: Was wollen Sie mit dem Buch vermitteln?

Knudsen: Das war ja damals alles noch vor der Zeit des Internets und vor allem vor den mobilen Geräten. Ich versuche in meinem Buch zu vermitteln, wie unsere Gefühle damals waren, als wir am Platz standen und versuchten, zu überleben. Denn jeder wird immer das Resultat kennen, aber vielleicht ist ja jemand auch daran interessiert, was rundherum geschah.

LAOLA1: Dieser Sieg von damals bleibt sowohl für die Färöer als auch für Österreich unvergessen. Was hat das 1:0 für den Fußball auf den Färöer bewirkt?

Knudsen: Es war sozusagen Tag 1 für den Fußball auf den Inseln und natürlich für die Spieler, vor allem in den ersten Wochen danach. Das war nicht nur für uns ein großes Resultat. Alle waren überrascht, auch die Leute auf den Färöer. Das war eine große Geschichte, die natürlich vor allem diese beiden Länder betrifft. Dieser Sieg wirkt noch immer nach und das wird sich nicht ändern, so lange es Fußball bei uns gibt. Wobei Fußball bei uns eine Volkskrankheit ist. Die Färinger lieben es, das zeigt sich auch, wenn 6000 Zuschauer zu einem Spiel kommen. Schließlich ist das ein Achtel der Gesamtbevölkerung.

LAOLA1: Sie erwähnen in Ihrem Buch, wie arrogant die Österreicher damals vor dem Spiel auftraten. Welche Szene haben Sie dabei vor allem im Kopf?

Knudsen: Sie wollten damals kein Abschlusstraining machen, sie haben sich, statt am Vorabend am Feld zu trainieren, lieber das Match Dänemark gegen Wales in Kopenhagen angesehen. Aber ich denke, das hat unser Herz einfach auch noch größer erweitert, um am Platz zu überleben.

LAOLA1:Wie würden Sie die Bedeutung dieses Sieges für sich selbst beschreiben?

Knudsen: Es war ein Lotto-Sechser. Mein Leben könnte zu diesem Zeitpunkt eine ganz andere Geschichte sein. Ich hätte damals zum größten Trottel Europas werden können: 0:10 verlieren und dann auch noch so eine Mütze auf. So hat sie mir Glück gebracht und alles hat seinen Lauf genommen. Der Rest ist Geschichte.

LAOLA1: Sie überlegten aber vor dem Spiel, sie nicht aufzusetzen.

Knudsen: Das stimmt. Im Umkreis wollten alle, dass ich sie nicht aufsetze. Denn alle hatten vor Augen, welcher Eindruck dadurch entstehen könnte. Aber ich habe mich glücklicherweise dafür entschieden. Ich bin stolz darauf.

LAOLA1: Wie kam es überhaupt zur Mütze?

Knudsen: Ich hatte im Alter von 13 oder 14 Jahren eine Kopfverletzung (Schädelbasisbruch, Anm.). Ich wollte aber wieder Fußballspielen, was nur mit einem Helm möglich war. Das war nicht erlaubt, so kaufte ich mir diese Mütze (deren Nachahmungen später 2000 Mal verkauft werden sollten, Anm.) in Runavik, um meinen Arzt und vor allem meine Mutter zu beruhigen.

LAOLA1: Ihr aktuelle Nachfolger heißt Gunnar Nielsen, der den Kasten hütet. Er hat zwar aktuell keinen Verein, spielte aber auch ein Mal für Manchester City.

Knudsen: Er hat großes Talent. Leider hatte er immer wieder Verletzungen, vor allem was sein Knie betrifft. Aber nun ist er am Weg zurück und er wird am Freitag eine wichtige Rolle spielen. Er hat die letzten Spiele wirklich sehr gut gespielt.

LAOLA1: Wird es wieder eine Überraschung geben?

Knudsen: Dieses Mal zu punkten ist wahrscheinlicher, als es vor der Partie 1990 der Fall war. Damals haben wir noch nicht so oft trainiert. Sie können es schaffen, wenn Österreich nicht den besten Tag erwischt. Aber Österreich ist natürlich Favorit, sie haben ein gutes Team. Ich tippe auf ein 2:0 oder ein 2:1 für Österreich.

 

Das Interview führte Bernhard Kastler