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Der Trainer, der schweigen muss

Der Trainer, der schweigen muss

Oliver Lederer kennt das Problem. Wer nicht die nötige Ausbildung hat, darf eben nicht offiziell Trainer in einer höchsten Spielklasse sein.

Was in der Südstadt gilt, gilt rund 850 Kilometer weiter südöstlich auch. Das musste Steaua Bukarest in dieser Saison feststellen.

Der Klub, der 26 Mal rumänischer Meister wurde, zuletzt drei Mal in Folge, hatte im Sommer Mirel Radoi zum neuen Trainer und Sportdirektor in Personalunion ernannt. Soweit, so gut. Wirklich durchdacht war dieser Schritt aber nicht.

"Dann eben in der VIP-Box"

Mitte August schritt nämlich die UEFA ein. Dem 34-Jährigen, der wenige Wochen zuvor erst seine aktive Karriere (67 Länderspiele) beim katarischen Klub Al-Ain beendet hatte, fehlt nämlich die nötige Trainerlizenz, um auf internationaler Ebene als Steaua-Coach zu fungieren. 50.000 Euro Strafe gab es obendrein.

„Wir hätten nicht die Wahrheit sagen sollen. Wir hätten einfach sagen sollen, dass er unser Technischer Direktor ist“, ärgerte sich Klub-Eigentümer Gigi Becali. Nachsatz: „Radoi muss nicht auf der Bank sitzen. Er wird einfach neben mir in der VIP-Box bleiben.“

Darauf hatte Radoi, der 2006 in einer kuriosen TV-Sendung bei der Wahl zum „größten Rumänen aller Zeiten“ Platz 21 belegt hatte, aber offenbar doch keine große Lust. Zumal dann auch noch der rumänische Verband einschritt und es auch nicht sonderlich gut fand, dass der Neo-Coach in der heimischen Liga 1 als Trainer auftritt.

Der Maulkorb

Die Strafe fiel dann aber doch nur halbherzig aus. Radoi dürfe zwar auf der Bank sitzen, aber während des Spiels keine Anweisungen geben. Auch die Pausenansprachen müsse ein anderer halten. Radoi wurde also ein Maulkorb umgehängt. Der Trainer erklärte seinen Rücktritt, Klub-Boss Becali überredete ihn einen Tag später zum Bleiben.

Massimo Pedrazzini, der zwischen 2007 und 2009 schon vier Mal als Interimstrainer eingesprungen war, wurde auf dem Papier der neue Cheftrainer. Doch diese Lösung war nur von kurzer Dauer. Nachdem der Klub das Gehalt des Italieners kürzen wollte, kam es zur Trennung.

Steaua zog kurzerhand Dumitru Dumitriu, seit Sommer Nachwuchsleiter in Besitz einer UEFA-Pro-Lizenz hoch. Doch auch der 69-Jährige ist nur ein Schattentrainer. Das Sagen hat weiterhin Radoi.

Kein Schulabschluss, kein Trainerkurs

Der wiederum hatte im September mit ganz anderen Problemen zu kämpfen. Denn einfach den Trainerkurs in Rumänien zu machen, war nicht möglich.

Ohne Matura keine Zulassung. Der 34-Jährige besitzt aber keinen Schulabschluss. „Wir haben alle drei Tage ein Spiel gemacht, da war mir das nicht möglich“, so der Coach.

Der umstrittene Ausweg

Es könne rund sechs Jahre dauern, ehe Radoi seine UEFA-Pro-Lizenz habe, hieß es indes aus dem rumänischen Verband. Doch Steaua hat einen anderen Weg gefunden. Radoi hat dieser Tage einen Trainerkurs im Nachbarland Moldawien begonnen.

Der rumänische Verband habe ihm geraten, einige Schlupfwinkel in der moldawischen Struktur zu nutzen. „Aber ich mache nichts Illegales“, versichert er. Es habe kurzfristig auch die Überlegung gegeben, den Trainerkurs in Italien zu besuchen, aber die große Distanz sei ein Problem, ließ er wissen.

Rumänische Medien witterten daraufhin eine Verschwörung. Dass Steaua im Sommer den weitgehend unbekannten Moldawier Catalin Carp verpflichtet hatte, müsse doch irgendwie damit zusammenhängen, dass dessen Vater Ilia einen Posten im moldawischen Verband habe und Radoi nun in Moldawien seine Trainerlizenz mache.

Was folgte waren wüste mediale Schimpftiraden der Familie Carp – auf rumänische Zeitungen und den Fußball in Rumänien und überhaupt das ganze Land.

Oliver Lederers Probleme sind ein Klacks.

Harald Prantl