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Was für Rapid wirklich auf dem Spiel steht

Was für Rapid wirklich auf dem Spiel steht

Alles oder nichts heißt es für den SK Rapid im Playoff-Rückspiel der Europa League gegen HJK Helsinki.

Im Falle des Aufstiegs wären die Grün-Weißen zum fünften Mal in den vergangenen sechs Jahren in der Gruppenphase spielberechtigt.

Jungen Spielern würde eine Plattform winken, um ihre Entwicklung voranzutreiben. Geld, das die Wiener dringend nötig hätten, würde in die Kassen gespült werden. Im Umfeld würde es wieder ruhiger werden und der absolute Fehlstart abgewendet werden.

Wenn das Wörtchen „wenn“ nicht wäre. Denn umgekehrt hätte das Ausscheiden wohl fatale Folgen. Für Rapid steht somit einiges auf dem Spiel.

  • Die finanzielle Komponente

Dass Rapid finanziell nicht auf Rosen gebettet ist, ist bekannt. Umso sehnlicher wünscht sich nicht nur Präsident Michael Krammer den Sprung ins Millionengeschäft. Alleine das Startgeld der UEFA beträgt rund 1,3 Millionen Euro, zudem könnte man mit Siegen (200.000) und Remis (100.000) zusätzlich dazugewinnen. Die Gruppenphase würde für die Hütteldorfer ein Umsatzplus von rund drei Millionen Euro, der Gewinn auf rund ein- bis eineinhalb Millionen Euro belaufen. Bei einem negativen Eigenkapital von 1,5 Millionen wäre die Wichtigkeit der Einnahmen selbstredend. Spieler und Trainer sind sich der Verantwortung bewusst, auch wenn Mario Sonnleitner meint: „Uns ist eigentlich egal, wie die Situation des Vereins ist. Uns ist wichtig, dass wir uns weiterentwickeln wollen. Wir gehen komplett fokussiert in das Spiel und versuchen uns nur auf unsere Dinge zu konzentrieren. Nur das auf dem Platz können wir beeinflussen.“ Am besten aus Rapid-Sicht wäre es, wenn beides Hand in Hand gehen würde.

  • Die Zukunfts-Komponente

Mehr Einnahmen, bessere Zukunftsvisionen. Abseits der Investitionen in den Stadion-Neubau bestreitet Rapid schon seit längerem einen Sparkurs, der die Aktivitäten auf dem Transfermarkt einschränkt. Leistungsträger wie Terrence Boyd, Marcel Sabitzer oder Guido Burgstaller konnten nicht gehalten werden, zudem wird vermehrt in junge österreichische Zukunftshoffnungen investiert. Um dies in Zukunft zu ändern, braucht Rapid die Mehreinnahmen aus einem Europacup-Bewerb wie einen Bissen Brot. Wie Präsident Krammer der APA bestätigte, sollen schon in zwei Jahren die zusätzlichen Einnahmen dafür sorgen, den Kader „substanziell“ zu verbessern. „Ziel ist es, budgetär sagen zu können: Diesen Spieler geben wir nicht ab, den verlängern wir selber.“

  • Die Entwicklungs-Komponente

Die mannschaftliche Geschlossenheit und Stärke steigt bekanntlich durch Erfahrungen auf einem Niveau, das man nicht unbedingt aus dem Liga-Alltag kennt. Vor allem für die unerfahrene Truppe von Trainer Zoran Barisic käme die Europa League genau zur richtigen Zeit. „Der Aufstieg wäre irrsinnig wichtig, weil diese Spiele den Entwicklungsprozess jedes Spielers und des Teams beschleunigen. Das hat man in den vergangenen Jahren gesehen“, ist sich „Zoki“ der Wichtigkeit der bevorstehenden Aufgabe bewusst. Der Druck ist deutlich zu spüren, bei Rapid ist dieser laut Trainer und Spielern aber nichts Besonderes, da er immer vorhanden ist. Für Rapid ist es trotz allem ein „Endspiel“. Die Belohnung wären sechs zusätzliche Auftritte auf internationalem Niveau, die sich positiv auf den voranschreitenden Prozess der Mannschaft auswirken sollen.

  • Die Fan-Komponente

Dass das Happel-Stadion für die Stimmung nicht gerade förderlich ist, war allen Beteiligten vor der Übersiedlung bewusst. Nach dem Fehlstart in der Liga nimmt die Begeisterung jedoch zusehends ab, selbst auf das so richtungsweisende Duell mit HJK Helsinki hält sich der Ansturm in Grenzen. „Man muss in Erinnerung rufen, worum es eigentlich geht – nämlich den Einzug in die Gruppenphase“, will Klubservice-Leiter und Stadionsprecher Andy Marek ein Bewusstsein schaffen und die Leute ins Stadion locken. Während vor den Playoff-Duellen vergangener Jahre mit Aston Villa oder PAOK Saloniki schon ein Knistern zu spüren war, sucht man dieses aktuell vergeblich. „Mir kommt es vor, als ob viele Dinge selbstverständlich geworden sind. Mich stört, dass der nötige Respekt dem Gegner gegenüber nicht vorhanden ist“, merkt Barisic an, obwohl es gegen das dominierende Team der finnischen Liga geht. Auch wenn sich der Besucherandrang in Grenzen hält, sind sich alle sicher, dass die Euphorie im Falle des Aufstiegs zurückkehren und das Happel-Stadion bei einer guten Auslosung wieder prall gefüllt sein würde.

  • Die Fehlstart-Komponente

Fünf Spiele ohne Sieg sind eine lange Zeit und erinnern im Ansatz an die Durststrecke im Frühjahr 2013, die schlussendlich Peter Schöttel den Job kostete, allerdings mit mehr Remis. Mit sechs Punkten aus sechs Liga-Spielen hinkt man nicht nur den Erwartungen, sondern auch den davoneilenden Teams RB Salzburg und Wolfsberger AC weit hinterher, nämlich bereits zwölf Punkte. Sollte sich das Scheitern im EL-Playoff dazugesellen, wäre der absolute Fehlstart in die Saison besiegelt. „Für uns ist es ein ganz wichtiges Spiel“, weiß Sonnleitner, der im Derby eine „lebende Mannschaft“ sah. In den vergangenen Jahren entwickelte Rapid in den entscheidenden Spielen Richtung Europa League eine eigene Mentalität, die der Abwehrchef auch diesmal spürt. „Der Spirit ist da. Wir werden alles in die Waagschale legen, um das Ergebnis zu drehen. Ich habe das Gefühl, dass wir das packen.“

Zuversicht und gutes Omen

Punkte über Punkte, die für Rapid auf dem Spiel stehen. Trotzdem versucht man, die Situation zuversichtlich in Angriff zu nehmen.

„Wenn man die Historie sieht, ist das Ergebnis nicht so schlecht, wie es dargestellt wird. Wir können das drehen“, meint Sonnleitner zum 1:2 aus dem Hinspiel.

Die Statistik gibt ihm Recht. Insgesamt lag Rapid im Europacup nach dem Hinspiel erst fünf Mal mit 1:2 im Rückstand, vier Mal davon gelang ein Heimsieg, der zum Aufstieg reichte. Zudem verlor Coach Barisic sowohl als Spieler als auch als Trainer noch kein Heimspiel im Europacup.

Der Chefbetreuer glaubt an den Aufstieg, ist sich aber bewusst: „Es kann ein Geduldspiel werden.“ Während ein Einsatz von Christopher Dibon zu früh käme, zittert der Chefbetreuer auch noch um den angeschlagenen Kapitän Steffen Hofmann. „Aber wir gehen von seinem Einsatz aus.“

Gelingt der Aufstieg, hat man schlussendlich alles richtig gemacht. Wenn nicht, hätte dies große Auswirkungen. Es geht eben um alles oder nichts.


Alexander Karper